
Paderborn. Captain Charlie James ist traurig. Der Presseoffizier ist einer von 700 Soldaten und 35 Offizieren, die im Juli mit ihrer Einheit als erste Abteilung der britischen Streitkräfte den Standort Paderborn verlassen. „Im really sad", sagt James, der mit Paderborn auch die Stadt seiner Kindheit verlässt. Als Sohn eines in Deutschland stationierten britischen Offiziers ist der 28-Jährige ein echter Paderborner Junge.
Es ist viertel nach elf, als das fünfte Bataillon der Rifles unter dunkelgrauen Wolken auf dem Paradeplatz in der Alanbrooke-Kaserne aufmarschiert. Die fünf Marschblöcke werden angeführt von einer englischen Militärkapelle in roten Uniformen, die aus Bedfordshire nach Paderborn gekommen ist. Die Band of the Queens Division begleitet die Zeremonie mit Marschmusik und Swing, spielt flotten Pop und lässt mit der Titelmelodie von Star Wars auch eine bekannte Filmmusik erklingen.
Als Ehrengast rollt wenig später Gräfin Sophie von Wessex auf den Platz, Ehrenoberst des britischen Königshauses. Nach einer Ansprache des Militärgeistlichen inspiziert sie die Truppe, spricht mit einzelnen Soldaten und ihren Hornbläsern. Zwischendurch wird mit einer Schweigeminute der Schlacht an der Somme gedacht, die auf den Tag genau vor 100 Jahren begann und als eine der blutigsten Schlachten des Ersten Weltkrieges gilt.
Höchste Auszeichnung für verbündete Truppen

Brigadegeneral Peter Gorgels vom Landeskommando Nordrhein-Westfalen tritt als erster Redner ans Mikrofon. Er überbringt den Rifles die höchste deutsche Auszeichnung für eine verbündete Truppe, das Fahnenband der Bundesrepublik Deutschland, auf Vorschlag von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vom Bundespräsidenten verliehen.
Gorgel erinnerte an die gute Zusammenarbeit der britischen Truppen mit der Bundeswehr und sagte, die 2002 gegründeten Rifles seien mit ihren Einsätzen im Irak und in Afghanistan Teil der Gemeinschaft geworden.
Bataillonskommandant Lieutenant Colonel Mark Wilson sagte, der Abschied von Paderborn bedeute nicht das Ende der Beziehungen zwischen den Streitkräften, da man durch die Nato weiterhin miteinander verbunden sei.
Dass für die Paderstadt eine mit dem Abzug der Briten eine Ära ende, betonte Bürgermeister Michael Dreier. Für viele Jahre sei die Stadt das zu Hause der Rifles gewesen. Es seien in dieser Zeit viele enge Freundschaften entstanden, vor allem mit den Schützen der Maspernkompanie. „Wir werden euch vermissen, das ist sicher", sagte Bürgermeister Dreier. Er hoffe, die Stadt habe bei der Unterbringung der Soldaten eine guten Job gemacht.
"Sie gehen als Freunde"
Landrat Manfred Müller blickte in seiner Ansprache zurück in die Vergangenheit. Die britischen Truppen seien nach dem Zweiten Weltkrieg als Besatzer nach Deutschland gekommen. „Sie gehen als Freunde", so Müller. Man sei traurig, dass sich das britische Volk für einen Austritt aus der EU entschieden habe. Die tiefe Freundschaft zwischen Briten und Deutschen werde das jedoch ebenso wenig berühren wie die Zusammenarbeit auf sicherheitspolitischer Ebene.
„Bittersweet", bittersüß, nannte Gräfin Sophie von Wessex den Abschied von Paderborn. Es seien viele persönliche Beziehungen und Freundschaften geknüpft worden, mancher Soldat habe hier seine Frau gefunden. Traurig sei der Abschied auch für die Kinder der Soldaten, die hier einen Kindergarten oder die Schule besuchen. Sie hoffe, dass die Freundschaften bestehen bleiben, auch wenn die Freunde gehen.
Dass das fünfte Bataillon der Rifles Paderborn als erste Einheit verlässt, hat praktische Gründe. In Bulford sei eine Kaserne frei geworden, sagte die Pressesprecherin der britischen Streitkräfte, Martina Hollmann. Dort fänden die Panzergrenadiere mit ihren leichten Schützenpanzern gute Übungsbedingungen. Die restlichen in Paderborn und Umgebung stationierten Briten werden bis 2020 aus Deutschland abgezogen. Nordrhein-Westfalen ist das letzte Bundesland, in dem sich noch Streitkräfte des Nato-Mitglieds befinden.
Nach kaum anderthalb Stunden verlässt die Truppe im Gleichschritt den asphaltierten Platz. Mit 140 Schritten pro Minute, was fast wie ein Hüpfen anmutet. Das hohe Tempo soll an die Geschichte des Bataillons erinnern, das als leichte Infanterie den restlichen Truppen vorausgeeilt ist.
In Deutschland eilen sie ihren Kameraden mit der Abschiedszeremonie ein letztes Mal voraus. Eine vergleichbare Parade soll es nach Angaben von Pressesprecherin Hollmann kein zweites Mal geben.