101 Jahre Lübbecker Freibadgeschichte

Lübbecke. Idyllisch liegt das Becken da: Es plätschert leise aus einer Quelle. Bis auf ein paar Regentropfen, die kleine Kreise auf dem Wasser erzeugen, ist es still an diesem Dienstagnachmittag. Ein Karpfen kommt an die Wasseroberfläche. Vor 101 Jahren war in dem Wasserbecken an der Bleichstraße dagegen richtig was los. 1907 wurde dort eine der ersten Badeanstalten in Lübbecke eröffnet.Die Entwicklung hat Stadtarchivar Helmut Hüffmann 2004 in seinem Beitrag "Von der Badeanstalt an der Matzenbleiche bis zum Freibad Obernfelder Allee" zusammengefasst:Der Bleichereibesitzer August Glösemeyer stellte 1905 bei der Lübbecker Stadtverwaltung einen Antrag für die Eröffnung einer öffentlichen Bade- und Schwimmanstalt auf seinem Gelände. Er schrieb zur Begründung: "Ich bin der Ansicht [...] mit der Anstalt einem dringenden Bedürfnisse entgegen zu kommen." Nur zehn mal zehn Meter ist das Becken groß und drei Meter tief. In einem Gebäude befand sich ein Wannenbad, ein anderes beherbergte Umkleiden. Eine Saisonkarte kostete im Eröffnungsjahr nur fünf Mark.1922 übernahm der Großvater von Hans Rohlfing das Gelände und passte als Bademeister auf seine Gäste auf. "Aus dem Holzgebäude haben die Männer wohl Astlöcher zum Spicken rausgedrückt", erinnert sich Rohlfing an die Erzählungen seines Großvaters. Denn damals durften Männer und Frauen nicht gemeinsam schwimmen. Männer durften zum Beispiel dienstags, donnerstags und samstags von 6 bis 12 Uhr und von 18 bis 21 Uhr schwimmen und Frauen dienstags und samstags von 13 bis 18 Uhr.1934 fand die letzte Überprüfung statt. "1942 war hier der letzte Badesommer", sagt Rohlfing. Heute bewässert er mit dem Wasser seine Bäume der gleichnamigen Baumschule. "Wenn uns sehr warm ist, gehen wir auch mal rein."Ab 1926 gab es dann zwei Freibäder in Lübbecke. Am 3. Juli wurde eine städtische Badeanstalt am Nordufer des Kanalhafens eröffnet. Dort gab es weder Bademeister noch Nichtschwimmerbecken, weswegen ausdrücklich "Schwimmunkundige Personen [...] nicht zugelassen" waren. Zwei Jahre später wurde zunächst ein eingezäunter Bereich für Nichtschwimmer eröffnet und 1929 auch ein Bademeister eingestellt.In den 1940er Jahren kamen dann zwei weitere Schwimmbäder hinzu: Eine Betriebsbadeanstalt der Firma Blase an der Friedhofsstraße und der Feuerlöschteich am Westerwall nahe dem Hotel Holland-Moritz, der illegal genutzt wurde. "Favorit blieb nach wie vor die Badeanstalt am Lübbecker Hafen", schreibt Hüffmann.Nach dem Krieg eröffneten Angehörige der britischen Besatzungsmacht eine zweite Anstalt am Kanal. "Das Wasser war so klar, dass man die fortgeworfene Munition der geflohenen deutschen Soldaten auf dem Grund sehen konnte", so Hüffmann. Die Anlagen wurden allerdings nie wieder richtig instand gesetzt. Die Freie Presse schrieb am 4. August 1948: "Begreiflicherweise suchen die Lübbecker aus Mangel an anderer Gelegenheit in starkem Maße den nahegelegenen Mittellandkanal auf und machen ihn im Lübbecker Raum in seiner ganzen Länge zum Strandbad. Leider hat diese Sache einen Haken, denn das Baden ist dort verboten, weil möglicherweise die Kanalböschung und die angrenzenden Ländereien zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden." Heute ist es laut Angabe des Mindener Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts nicht verboten, am Ufer des Kanals zu schwimmen, allerdings "auf eigene Gefahr".Erst 1953 gab es dann wieder ein Freibad in Lübbecke: An der Obernfelder Allee wurde am 4. Juli 1953 das Bad mit einem Sprungturm mit vier Plattformen eröffnet. 2003 wurde das Bad still gelegt. Bei einem Bürgerentscheid 2004 stimmten 57,8 Prozent der Abstimmenden gegen den Erhalt und damit für das Gehlenbecker Freibad.2017 wurden die Pläne für einen Bürgerpark auf dem Gelände mit einer Gesamtfläche von 10.964 Quadratmetern vorgelegt. Dieser soll für etwa 1,5 Millionen Euro entstehen. Die Detailplanungen und deren Umsetzung soll in diesem Jahr beginnen.Das einzige noch heute bestehende städtische Freibad Lübbeckes ist somit in Gehlenbeck. Mit einer Wasseroberfläche von 1.800 Quadratmetern, sechs 50-Meter-Bahnen im Sportbecken und Sprungtürmen von einem bis zu fünf Metern wurde es im Juni 1970 eröffnet. Dort hat die Freibadsaison 2018 am vergangenen Pfingstwochenende begonnen.

Meistgelesen