Kreis Höxter. Kaum ein Thema spaltet die Gemüter der Deutschen so sehr wie das Rauchen. Als die damalige Bundesregierung im Juli 2007 ein neues Nichtraucherschutzgesetz beschloss, schlugen die Wogen besonders hoch. Mittlerweile ist das Verbot so fest im Bewusstsein der Bevölkerung verankert, dass man den Aufkleber mit der durchgestrichenen Zigarette an den meisten Kneipentüren vergeblich sucht.
„Die Leute wissen das, nur Gäste aus Niedersachsen wollen manchmal rauchen und suchen drinnen vergeblich nach Aschenbechern", berichtet Konstantinus Zezios, der seit elf Jahren die Brasserie Aroma in der Höxteraner Fußgängerzone betreibt.
Im Juli 2007 wurde das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens beschlossen.
Die Auslegung des Gesetzes ist Ländersache und wird in den 16 Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Während Niedersachsen und Rheinland-Pfalz es liberal handhaben, hat Nordrhein-Westfalen das Gesetz 2013 verschärft.
Seitdem gilt für Gaststätten in NRW unabhängig von der Betriebsart, Größe oder Anzahl der Räume der Grundsatz, dass in geschlossenen Räumen das Rauchen verboten ist.
Auch abgeschlossene Räume, in denen bis dahin das Rauchen gestattet war, sind nicht mehr zulässig. Einen Bestandsschutz für genehmigte Betriebsräume gab es nicht. Eine Entschädigungsregelung für die aufgrund der Regelung in 2007 getätigten Investitionen zur Realisierung eines geschlossenen Raucherraums hatte der Landtag nicht normiert.
Die Möglichkeit, eine sogenannte Rauchergaststätte oder einen Raucherclub einzurichten, wurde mit der Gesetzesänderung verwehrt.
Auch Veranstaltungen in Festzelten oder im Brauchtum verankerte Feste wie Karneval oder Schützenfeste, die in geschlossenen Räumen stattfinden, sind von dem strikten Rauchverbot erfasst.
Für den 44-jährigen Gastromen ist es ein Ärgernis, dass das Rauchverbot in den Bundesländern unterschiedlich geregelt ist, denn Niedersachsen hat das Gesetz schnell wieder gelockert und Kneipen mit einer Größe von weniger als 75 Quadratmetern vom Rauchverbot ausgenommen.
»Hinter der Brücke in Niedersachsen darf geraucht werden«
„Ein paar Kilometer hinter der Brücke darf geraucht werden und hier nicht – das stört mich", sagt Zezios. Ein weiteres großes Ärgernis für den gebürtigen Griechen: Kurz vor der Verschärfung des Rauchverbots in NRW im Mai 2013 (siehe Info-Kasten) hatte er sein Lokal komplett um- und eine neue Abluftanlage einbauen lassen. Kostenpunkt: rund 30.000 Euro, alles umsonst. „Der Raucherraum hat bei uns den meisten Umsatz gemacht. Als damit Schluss war, brach er insgesamt um 30 bis 40 Prozent ein."
Mittlerweile habe sich das wieder eingependelt – aber der großzügig geschnittene ehemalige Raucherbereich sei meistens leer. „Viele Gäste stehen draußen, das gibt natürlich Ärger mit den Nachbarn. Aber im Großen und Ganzen haben wir uns an das Gesetz gewöhnt."
Konstantinus Zezios hat schwierige Zeiten erlebt, aber im Gegensatz zu vielen kleinen Gaststätten hat sein Betrieb die Krise überstanden. „Bei den Kneipen sah das anders aus, da mussten im Kreis Höxter viele dicht machen", sagt Joachim Avenarius, Vorsitzender des Dehoga-Kreisverbandes Höxter und Besitzer vom Hotel „Waldcafé Jäger" in Bad Driburg.
Es gibt ein neues Problem
Auf das Kneipensterben folgte jedoch ein neues Problem: „Weil die Raucher jetzt vor der Kneipe auf die Straße gehen, fühlen sich Nachbarn häufig gestört. Hier häufen sich die Beschwerden, in Bielefeld sind bereits erste Klagen zugunsten der Anwohner entschieden worden", berichtet der Gastronom.
Während der Aufruhr in seinem Verband anfangs noch groß gewesen sei, gebe es jetzt kaum noch Stimmen, die die Rücknahme des Gesetzes fordern. „Das ist kein Thema mehr, der Drops ist gelutscht", sagt Avenarius, der auch die Vorteile sieht: „Es gibt keine Diskussionen mehr, ob geraucht werden darf oder nicht – und die Klamotten riechen nicht mehr verqualmt, wenn man aus der Kneipe kommt."
Der Bad Driburger beobachtet allerdings einen neuen Trend, der auch Brasserieinhaber Zezios zu schaffen macht: Gäste, die zu Hause „vorglühen" oder Geschäftsreisende und Monteure, die sich zum Rauchen ins Auto vor der Tür setzen und ihre eigenen Getränke konsumieren: „Das fehlt dann natürlich am Umsatz." Und wer dachte, dass moderne E-Zigaretten, die auch in NRW-Kneipen offiziell gedampft werden dürfen, eine Alternative gefunden zu haben, ist schief gewickelt. Laut Dehoga unterliegt der Umgang mit E-Zigaretten dem Hausrecht des Kneipiers, in Zezios Brasserie Aroma sind sie zum Beispiel ebenso verboten wie herkömmliche Zigaretten.
Der Vinsebecker Festveranstalter Elmar Meilenbrock beobachtet in letzter Zeit eine Zunahme von E-Zigaretten in den von ihm betriebenen Zelten. „Die sind bei uns erlaubt, während wir seit sechs Jahren Zigaretten noch nicht einmal verkaufen." Mittlerweile sei das Thema Rauchen kein Problem mehr, alle Seiten hätten in den vergangenen zehn Jahren dazugelernt. „Aber als es losging, war es schwierig, das Verbot durchzusetzen. Da sind Gäste auch schon mal ausfällig geworden."
Unfreundliche Reaktionen kennen auch die Kontrolleure des Höxteraner Ordnungsamts. Überprüfungen gebe es aber nur, wenn im Vorfeld eine Anzeige eingegangen sei. Bestätigt sich der Verdacht, werden Bußgelder verhängt, „häufig bei Schützenfesten". Zuletzt habe es einen Wirt getroffen, der sogar Aschenbecher auf die Tische gestellt hatte. „Das animiert die Gäste ja noch zum Rauchen, deshalb wurde das Bußgeld hier mit 500 Euro recht hoch angesetzt", berichtet ein Mitarbeiter.