Lünen/Herford

Tätverdächtiger aus Lünen kommt in die JVA nach Herford

Blick hinter die Mauern: Die Justizvollzugsanstalt Herford. | © Stefan Boscher

Leandra Kubiak
25.01.2018 | 25.01.2018, 20:01

Lünen/Herford. Der 15-jährige Tatverdächtige, der am Dienstagmorgen an einer Schule in Lünen auf einen Mitschüler eingestochen haben soll, wechsel aus der Untersuchungshaft in der JVA Iserlohn in das Jugendgefängnis nach Herford. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl wegen Mordes vor.

Wie der Leiter der Justizvollzugsanstalt Herford, Friedrich Waldmann, bestätigte, ist es sehr wahrscheinlich, dass der 15-Jährige seine Untersuchungshaft in Herford verbringen wird. Er soll noch Donnerstagabend nach Herford verlegt werden.

Die JVA Iserlohn hat derzeit zu wenig Platz

Grund für den Wechsel ist eine Änderung im Vollstreckungsplan Nordrhein-Westfalens, mit dem die Bundesländer für ihren jeweiligen Hoheitsbereich regeln, welche Justizvollzugsanstalt für die Vollstreckung welcher Strafe zuständig ist.

Da die JVA Iserlohn derzeit Platzprobleme hat, fällt die Zuständigkeit des Landgerichtsbezirks Dortmund für bestimmte Häftlinge in den Aufgabenbereich der Herforder Anstalt.

Derzeit sei die JVA Herford zu rund 70 Prozent ausgelastet, sagt Waldmann. Im Laufe des Jahres werde man aber vermutlich bei etwa 90 Prozent liegen. Auch das sei aber gut zu bewältigen, ist der Anstaltsleiter überzeugt.

Mitschüler habe provoziernd zu seiner Mutter geschaut

Der 15-Jährige soll sein Opfer, einen 14-jährigen Mitschüler, mit einem Messerstich in den Hals getötet haben. Der Jugendliche galt als "unbeschulbar" und war mit seiner Mutter zu einem Gespräch mit einer Sozialarbeiterin in die Schule gekommen.

Weil der Mitschüler angeblich mehrfach provozierend zu seiner Mutter geschaut habe, habe er zugestochen, sagte er aus. Zuvor habe es Streit gegeben. Die Mutter des Tatverdächtigen musste die Tat mit ansehen.

Nach der tödlichen Attacke wird auch über Waffenbesitz unter Minderjährigen diskutiert. Die Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen fordert eine spezielle Statistik. Gerade 15 bis 25 Jahre alte Männer trügen häufiger zum Selbstschutz ein Messer bei sich, sagte GdP-Landeschef Arnold Plickert.

Kriminologe: Tötungsdelikte von Jugendlichen sind extrem rückläufig

Der Kriminologe Christian Pfeiffer sieht in dem Geschehen von Lünen einen Ausnahmefall. Alle Statistiken zeigten, dass Gewaltdelikte an Schulen und auch Tötungsdelikte von Jugendlichen extrem rückläufig seien. Daran werde auch die Tat in Lünen nichts ändern, sagte Pfeiffer. "Egal welche Statistik wir nehmen: Wir gelangen zu der Einschätzung, dass Tötungsdelikte durch junge Menschen eine extreme Ausnahme werden." Im aktuellen Fall werde man vermutlich sehr auf den individuellen familiären Hintergrund des mutmaßlichen Täters achten müssen. "Mit der Schule dürfte das wenig zu tun haben, eher mit dem Elternhaus", sagte Pfeiffer.

Auch laut Landeskriminalamt ist Gewalt an Schulen in NRW zwischen 2011 und 2016 um mehr als 30 Prozent zurückgegangen. In der Kriminalstatistik für NRW, das bevölkerungsreichste Bundesland, werden für 2016 insgesamt 2841 Körperverletzungen an Schulen aufgeführt.

In der Gesamtschule versuchten am Mittwoch Schüler und Lehrer gemeinsam, die Trauer über den gewaltsamen Tod des Mitschülers zu verarbeiten.

Schüler und Lehrer hatten bereits am Dienstagabend Blumen
niedergelegt und Kerzen aufgestellt, im Rathaus konnten Menschen aus Lünen ihre Trauer in einem Kondolenzbuch in Worte fassen. Auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) besuchte die Schule.

(Mit Informationen der dpa)