Die Geschichte einer verprügelten Ehefrau

Herford. Seit einem Jahr und einem Monat lebt Merima im Frauenhaus in Herford. Sie ist seit 14 Jahren verheiratet, hat fünf Kinder. "Probleme gab es immer. Ich war an allem schuld", erzählt die 36-Jährige. Wenn ihr Mann sie schlug, war sie still. Blaue Flecken hat sie durch Schminke oder Kleidung verdeckt. So hat sie ihn in Schutz genommen jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr - 14 Jahre lang. Es ist nicht so, dass Merima nie darüber nachgedacht hätte, ihren Mann zu verlassen. "Aber dann hat er mir gedroht, mich oder jemanden aus meiner Familie zu töten. Die Angst hat immer gesiegt." Vielleicht wäre Merima noch immer bei ihrem Mann, doch der gemeinsame Kosovo-Urlaub im vergangenen Jahr hat alles verändert. Gemeinsam mit den Kindern waren beide dort, um ihre Familien zu besuchen. Weil ihr Mann arbeiten musste, ist er früher zurück nach Deutschland gefahren. Merima wollte noch einige Tage bei ihren Eltern bleiben. "Einen Tag rief er an, schimpfte und sagte: 'Du weißt, was dich hier erwartet.'" Merima wusste das. Ihr Vater, der das Gespräch zufällig mitbekam, ahnte es und forderte von seiner Tochter eine Erklärung. "Da habe ich ihm alles erzählt." Ihre Familie hatte schon lange etwas vermutet, ebenso die Erzieher im Kindergarten, die Lehrer in der Schule und Bekannte. Doch Merima schob die Schwierigkeiten auf ihre Schwiegermutter und schwieg. »Am Anfang hatte ich einfach nur Panik« Mit der Unterstützung ihrer Familie entschloss sich Merima, ihren Mann zu verlassen. Ihr erster Weg zurück in Deutschland ging zur Polizei. "Was sollte ich machen? Ich wusste nicht, wo ich hin soll. Nur nach Hause, nach Dortmund, wollte ich auf keinen Fall." Die Beamten von der Wache klärten Merima über die Möglichkeiten auf. "Die Frauen können dorthin, wo sie möchten. Auch nach Hause. Die Männer werden dann für zehn Tage der Wohnung verwiesen. Das wollen aber die wenigsten Frauen", sagt Daniela Albrink. Die hauptamtliche Mitarbeiterin im Frauenhaus Herford weiß aus Erfahrung, dass sich nur die wenigsten Männer daran halten, Polizeischutz gibt es nicht. "Gerade die erste Zeit ist sehr gefährlich", so Albrink. Weil Merima genau dies befürchtete, wollte sie nicht zurück nach Dortmund. Zu groß war die Angst vor ihrem Mann - vor jedem Mann. Denn die waren für sie alle gleich. Die Polizei rief in jedem Frauenhaus in ganz NRW an - sechs Stunden lang. Alle waren voll. "Niemand hatte einen Platz für mich und meine Kinder." Als die Beamten schließlich über das Radio aufriefen, meldete sich eine Flüchtlingsunterkunft. Zehn Tage später wurde ihr gesagt, dass sie nicht bleiben könne. "Man sagte mir, dass ich dort ja nicht hingehöre. Ich bin schließlich kein Flüchtling." Wieder riefen die Mitarbeiter bei allen Frauenhäusern an. In Herford waren zufällig gerade zwei Zimmer frei, in dem sie mit ihren fünf Kindern Unterschlupf finden konnte. "Das war totaler Zufall. Wir haben Kapazität für acht Frauen mit insgesamt zehn Kindern. Früher hatten wir öfter mal ein Zimmer frei. Heute eigentlich nie", erzählt Albrink, die Merima und ihre Kinder bis heute begleitet. Denn so schwer, wie es für Merima war, einen Platz im Frauenhaus zu bekommen, so schwer gestaltet sich auch die Wohnungssuche für die Familie, die gern in Herford bleiben möchte. "Hier haben wir uns ein Netzwerk aufgebaut. Die Kinder gehen zur Schule, haben Freunde gefunden und Ärzte, denen sie vertrauen." Vertrauen, das ist bis heute eine schwierige Angelegenheit bei Merima und ihren Kindern. Denn auch die haben die Wut des Vaters zu spüren bekommen. "Am Anfang hatte ich einfach nur Panik, dass er mich findet und uns etwas antut. Als ich wusste, dass er weiß, wo ich bin, habe ich überlegt wieder zu fliehen", sagt Merima und in ihren Augen funkelt Kampfeswille auf. Sie bleibt. Stellt sich ihrem Trauma und der Angst, obwohl ihr Mann nicht müde wird, ihr zu drohen. "Du gehörst mir", die Worte kann sie schon im Schlaf sagen. Heute beeindrucken sie sie nicht mehr. Und trotzdem bleibt die Angst präsent. Ab Dezember darf er nach einem Gerichtsbeschluss seine Kinder treffen. In Herford. Doch Merima und ihre fünf Kinder sind stark. "Er kann mir nicht mehr wehtun", sagt Merima: "Ich war nie schuld."

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