Verfall und Müll: Das sind die Dreckecken

In Herford bewegt sich derzeit vieles. Vor allem direkt in der Fußgängerzone wird abgerissen und neu gebaut. Doch noch gibt es einige Häuser, die weiterhin vergammeln. Zerbröckelnde Fassade Bereits auf dem ersten Blick offenbart das Haus an der Radewiger Straße 39, wie unsanft seine Besitzer mit ihm umgegangen sind. Viele Schichten überziehen das Gemäuer – Schiefertafeln, Fliesen, Granitplatten. &bdquo;Das Haus ist häufig umgebaut und verbaut worden", weiß Stadtführer Mathias Polster. Es ist nur eines von vielen alten Gebäuden in der Radewig, die dringend saniert werden müssten. Das Haus an der Ecke zur Mühlengasse ist dabei besonders auffällig – zum einen durch seine herausgehobene Position als Eckhaus, zum anderen, weil der Putz an der Fassade soweit abgebröckelt ist, dass darunter die Backsteine zum Vorschein kommen. Das Graffiti am Haus ist übrigens ein Überbleibsel der Hansetage 2013. Bei seinen Stadtführungen wird Polster immer wieder darauf angesprochen. &bdquo;Der Polizist guckt in die Luft, steuert etwas, das nicht zu sehen ist. Der Betrachter hat das Gefühl, beobachtet zu werden." Gestank in der Unterführung Ein beißender Geruch steigt in die Nase – in der Unterführung zwischen Innenstadt und Go-Parc riecht es nach Urin. Die Flecken auf dem Boden untermalen den Gestank. Ansonsten ist es ist dunkel und der Weg hindurch unheimlich. &bdquo;Ich kenne viele Menschen, die die Unterführung am Bahnhof komplett meiden", sagt Mathias Polster. Er ist davon überzeugt, dass einiges getan werden könnte, um die Unterführungen attraktiver zu machen. Positiv fand er zum Beispiel den Ansatz, diese in das Lichtkonzept einzubinden, mit dem sich die Politik im Bauausschuss im Februar beschäftigt hatte. Auch könne die Stadt Künstler beauftragen, die Wände zu gestalten. Die größte Müllkippe ist an der Löhrstraße Tüten, Plastikflaschen, ein kaputter Korbstuhl, Reste eines Betts, eine Unterhose – neben und hinter dem Carl-Severing-Haus, Löhrstraße 8, befindet sich &bdquo;die größte städtische Müllkippe", meint Mathias Polster. Das Haus wurde 1890 errichtet, steht seit Mai 1985 unter Denkmalschutz. Der Eigentümer hatte es vergammeln lassen. Sogar die Plane zum Schutz vor herabfallenden Fassadenteilen ist zerrissen – mittendrin hängt ein Plastikstuhl. Im vergangenen Jahr hatten die Projektentwickler um den Herforder Architekten Karsten Monke das Haus gekauft, um dort ein Ärztezentrum zu errichten. Noch müssen die Pläne von der Politik abgesegnet werden. Zu retten ist das Haus nicht mehr, weiß Mathias Polster. &bdquo;Das Bindemittel zwischen den Steinen ist ausgespült, die Balken sind morsch, das Dach ist offen", zählt er auf. Der Name des Hauses führe übrigens in die Irre. Carl Severing sei dort nicht zur Welt gekommen. Er war schon 15 Jahre alt, als das Haus gebaut wurde. Morsches Holz im Fachwerk Ein Griff in das Holz des Fachwerks und schon hat Mathias Polster Teile der Wand in seiner Hand. Das Haus des Handwerks an der Elisabethstraße 3 gehört ausgerechnet der Kreishandwerkerschaft. &bdquo;Es ist absurd, dass Handwerker ihr eigenes Haus so vergammeln lassen", findet Polster. Das Haus des Handwerks und das benachbarte Fachwerktraufenhaus stammen vermutlich aus dem Jahr 1868. Unter Denkmalschutz stehen die Gebäude seit 1981 und 1982. Die Kreishandwerkerschaft Wittekindsland hatte im Haus des Handwerks bis Mitte 2015 ihren Verwaltungssitz. Der Aufwand für eine Grundsanierung wurde auf weit über eine Million Euro geschätzt. Verfall in der Radewig Es ist das älteste nicht-kirchliche Gebäude in der Radewig: das Haus an der Radewiger Straße 35. Errichtet im Jahr 1553 von einem reichen Stoff- und Tuchhändler, hat es den Stadtbrand von 1638 weitgehend unbeschädigt überstanden, weiß Mathias Polster. Nun verfällt es allerdings. Bis 2008 war dort die Zoohandlung von Herbert Bollhöfer untergebracht. Jetzt steht das Haus leer. Polster kennt es von innen: &bdquo;Der Keller ist regelrecht verschüttet, dort liegt eine dicke Erdschicht, vielleicht ist das Gebäude mal überflutet worden." Pizzakartons unter der Brücke Wer über die Steintor-brücke die Herforder Innenstadt betritt und in Richtung Wasser blickt, sieht ein Sammel-surium von Müll: Pizzakartons, Dosen und Plastiktüten verteilen sich am Hang entlang in Richtung Aa. &bdquo;Alles, was der Mensch nicht braucht, fliegt hier runter", sagt Mathias Polster. Und bleibe erst einmal dort liegen. Material liefern die Imbisse ringsum. &bdquo;Und das ist das Entree zur Innenstadt", meint Polster kopfschüttelnd – nicht besonders einladend.

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