Gütersloh

Historiker erklärt die rechtsextreme Szene in OWL

Karsten Wilke referiert auf Einladung der Grünen in Gütersloh

Rechtsextremismus: Die Rechtsextremen sehen sich laut Experten als Widerstandskämpfer, als "Andersdenkende", die sich durch staatliche Maßnahmen bestätigt fühlten. | © dpa

05.07.2016 | 05.07.2016, 10:55
Historiker: Karsten Wilke sprach über Rechtsextremismus.
Historiker: Karsten Wilke sprach über Rechtsextremismus.

Gütersloh. Gelten Externsteine, Hermanns-Denkmal und Wewelsburg normalerweise als lohnende, gleichwohl harmlose Ausflugsziele, soll es Rechtsextremen beim Anblick dieser Natur- und Zeitzeugnisse schon mal warm ums Herz werden. Sie wähnten sich in Ostwestfalen aus "völkischer" Sicht im "Hermannsland", sagt Karsten Wilke. Der Referent von der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus" im Regierungsbezirk Detmold sprach jetzt auf Einladung des Grünen-Kreisverbandes über "Die Extreme Rechte in OWL".

Etwa zehn Prozent der Bevölkerung hätten eine rechtsextreme Einstellung, erklärte der Historiker, auch wenn dies im Alltag nicht unbedingt zutage trete. "Menschen mit geschlossen rechtsextremem Weltbild bewegen sich in unserer Mitte."

Eine Bewegung wie Pegida könne diese Menschen mobilisieren, eine Partei wie die Alternative für Deutschland (AfD) könne so gerichtete Haltungen institutionalisieren.

Für den harten Kern der Alt- und Neonazis bedeute "Demokratie gleich Volkstod", wie Wilke mit einer eingeblendeten Aufschrift dokumentierte. Die "Erlebnisgeneration" gebe ihre Ansichten an die junge "Bekenntnisgeneration" weiter. Wilke sprach von einem "Brückenschlag" zwischen Alten und Jungen, die zunehmend, bis zu einem Drittel, auch weiblich seien. Das Praktikum eines der führenden Organisatoren der Szene in OWL, des Juristen Sascha Krolzig, im Rathaus von Werther verglich der Fachmann mit dem früheren linken Projekt des Marsches durch die Institutionen.

Das wichtigste Bindeglied zwischen Rechtsextremismus und jungen Leuten ist Wilke zufolge weiterhin die Musik.

Mit italienischer Faschistenfahne im Harsewinkeler Wald

Er verwies auf die im rechten Sektor berühmte Band Sleipnir aus Verl, den Gütersloher Rapper Makss Damage. Zur Subkultur in Ostwestfalen-Lippe zählten 200 bis 300 junge Extremisten, dazu gehörten etwa die "Nationalen Sozialisten Harsewinkel", die mit der schwarzen Fahne der italienischen Faschisten im Wald posieren.

Die Rechtsextremen sehen sich laut Wilke als Widerstandskämpfer, als "Andersdenkende", die sich durch staatliche Maßnahmen bestätigt fühlten. Mit dem harten Kern der Szene und den Aktivisten sei praktisch kaum zu diskutieren. Pädagogische Maßnahmen fruchteten eher bei den sympathisierenden, aber noch nicht eingestiegenen "Szenegängern".

Karsten Wilke erläuterte dem Zuhörerkreis auch die Gefährlichkeit des Internets als Propaganda-Medium und die Kampagnen gegen Flucht und Asyl. Die Anschläge auf Unterkünfte von Asylsuchenden wertete er als "die Spitze des Eisbergs" einer kalten Ablehnung.