Der Bielefelder Dschihadist

Bielefeld. 20 Jahre lang nannten ihn alle Tarik. Seit wenigen Wochen kennen ihn die Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS, vorher: ISIS) als Ibn Osama al-Almany. So lautet der Name des Gotteskriegers, der im November vergangenen Jahres nach Syrien ging, um Teil des menschenverachtenden Terrorkrieges der IS in Syrien und im Irak zu sein - nun ist er die deutsche Werbefigur der Terrorkämpfer. Für einen Beitrag von SpiegelTV sprach nun erstmals seine Mutter über Tariks Weg in den Krieg.Er lächelt oft etwas verlegen, blickt immer nur ganz kurz in die Kamera. Tarik wirkt wie ein netter junger Mann, hochgewachsen, seine Kappe in Tarnfarbe trägt er falsch herum auf dem Kopf. Immer wieder huscht kurz ein Lächeln über sein Gesicht. Er spricht Deutsch in dem Propagandavideo der Islamisten, kündigt an, nun seine Brüder vom Islamischen Staat zu besuchen. Dann dreht er sich um, auf dem Rücken eine Kalaschnikow. Dann fordert er seine Zuschauer auf: "Kommt auf den Boden der Ehre"."Er war nicht mehr zugänglich"Nur drei Jahre zuvor spielte der Glaube im Leben des Deutsch-Ägypters kaum eine Rolle. In einem Online-Netzwerk gab er an, sich für Alkohol und hübsche Mädchen zu interessieren. 2011 machte er seinen Hauptschulabschluss an einer Schule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. Arbeit fand er anschließend nicht, zahlreiche Praktika brach er ab, dafür vertiefte er sich mehr und mehr in den Koran. Und er stritt sich.In seiner Moscheegemeinde stritt er sich mit seinen Glaubensbrüdern viel über die Interpretation und Lesart des Korans. Jürgen Schmidt, Kassenwart des Islamischen Vereins, in dem Tarik ein- und ausging, beantwortet offen die Fragen der Spiegel-Redakteure: "All diese Auseinandersetzungen wären inhaltlich zu lösen gewesen", betont er. Aber zu diesem Zeitpunkt sei Tarik nicht mehr zugänglich gewesen. Jedes Angebot, das eine weitergehende Radikalisierung von Bruder Tarik vermieden hätte, verpuffte."Er fühlte sich stark genug, in den Krieg zu ziehen"Tariks Mutter berichtet, dass sie in der Moschee immer gesagt hätten: "Wir sind zu schwach. Wir können nur beten." Ihr Sohn habe geantwortet: "Ich bin nicht schwach." Er habe viel Kung Fu gemacht. "Er fühlte sich stark genug, in den Krieg zu ziehen."400 deutsche Islamisten sind laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen nach Syrien gegangen, um in den Heiligen Krieg zu ziehen. Der Bielefelder Tarik S. ist einer von ihnen. Dem Staatsschutz war er zuletzt schon in Bielefeld aufgefallen. "Aber nicht auf diese radikale Art", betonte Polizeisprecherin Sonja Rehmert. "Seine Radikalisierung muss sehr schnell gegangen sein."Im Oktober 2013 berichtete er in einem Onlinevideo strahlend über seinen Besuch einer Veranstaltung mit dem umstrittenen Salafisten Pierre Vogel, dem wahrscheinlich für junge Männer einflussreichsten deutschen Konvertiten. Tarik fordert darin: "Wir müssen die Menschen dazu aufrufen, wieder an ihre Geschwister zu denken, die nur ein paar Meter weiter massakriert werden. Möge Allah die Diktatoren aus unseren Ländern vertreiben."Martialische Posen mit Waffen bei FacebookWenig später macht sich der 20-Jährige auf nach Syrien. Seine verwitwete Mutter ließ er mit seinen drei Geschwistern zurück. Zwei Monate galt er als vermisst. Dann hörte die Familie Gerüchte über Syrien. Inzwischen hält er übers Internet Kontakt zu seiner Mutter. Bei Facebook postet er martialische Bilder mit schweren Waffen, die IS-Flagge ist stets im Hintergrund.Einige der ausgereisten Islamisten sind laut Verfassungsschutz wieder in Deutschland. Dass Tarik zurückkehren wird, glaubt seine Mutter nicht.

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