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Der bequeme Batman oder: Wie ich einmal Catwoman küsste

Im Test: Batman - The Telltale Series

Ich bin Batman: Mit Telltale Games können Fans des Flattermaus-Helden eine völlig neue Geschichte aus Gotham City erleben. | © Telltale Games

Christian Lund
26.02.2017 | 26.02.2017, 18:05
Wenn du Batman sein kannst, sei Batman: Die Trophäe ist wohl der Traum vieler Batman-Fans. Bei "Batman - The Telltale Series" kann man sich die Auszeichnung verdienen - lässig und mit einer Hand vom Sofa aus. - © Telltale Games
Wenn du Batman sein kannst, sei Batman: Die Trophäe ist wohl der Traum vieler Batman-Fans. Bei "Batman - The Telltale Series" kann man sich die Auszeichnung verdienen - lässig und mit einer Hand vom Sofa aus. | © Telltale Games

Sagen wir's doch, wie es ist: Ja, ich habe Catwoman geküsst. Nicht nur jebützt wie im Karneval, sondern mehr als das. Weil ich Batman war. Nicht irgendeiner, sondern der lässig-bequeme Sofa-Batman, denn ich habe die Batman-"Telltale Series" auf der PS4 getestet. Und in den nächsten Absätzen ziehe ich Euch mit durch eine Adventurewelt voller Licht, Schatten und auch so mancher Schwächen.

Sei immer du selbst, außer du kannst Batman sein - dann sei Batman. Alter Spruch, aber auch so furchtbar wahr. Ich habe nicht lange gezögert, als das Angebot kam, ich könne die neuen Batman-"Telltale-Series" testen. Wohlgemerkt: es war meine erste Erfahrung mit der Telltale-Reihe, vielleicht färbt das meinen Eindruck etwas.

Denn das interaktive Telltale-Prinzip (Wissende überspringen diesen Absatz!) ist: Während der meisten Dialoge bekommt der Spieler drei Antwortmöglichkeiten und muss sich schnell entscheiden. Läuft die Zeit ab (und das geht meistens ziemlich fix), schweigt der Held im Fledermauskostüm. Auch in einigen Kampfszenen heißt es: auf, nun los, entscheide dich! Welche Auswahl man auch trifft, vieles davon hat Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf, lenkt die Geschichte in unterschiedliche Bahnen.

Fantastisches Spielerlebnis

Mir gefällt das, denn es bedeutet auch: im Grunde steuert man eine Batman-Comic-Serie lässig mit einer Hand vom Sofa aus. Bei vielen anderen Spielen sitze ich mit den Nerven gespannt ganz vorne auf der Sofakante, bei Batman aber war es mehr ein faulenzendes Rumgehänge auf dem Sofa - was in keinster Weise das in vielen Bereichen fantastische Spielerlebnis schmälerte - im Gegenteil. Catwoman küsst man besser im Liegen denn auf der Sofakante.

Noch nicht so richtig gut miteinander: Captain Jim Gordon und Batman. - © Telltale Games
Noch nicht so richtig gut miteinander: Captain Jim Gordon und Batman. | © Telltale Games

In fünf Episoden, die manchmal etwas zu kurz geraten sind, sind wir sowohl als Bruce Wayne als auch als Batman in Gotham City unterwegs. Die Geschichte (keine Sorge, hier wird nicht gespoilert!) macht ein völlig neues Fass über Batmans ermordete Eltern auf, die möglicherweise doch nicht die Heilsbringer der Stadt waren, sondern sich krimineller Methoden bedient haben könnten. Und ausgerechnet sein ehemaliger Schulfreund Oswald Cobblepot (der spätere "Pinguin") setzt Bruce Wayne diesen Floh ins Ohr.

Wir befinden uns also noch in der Anfangszeit des Batman-Epos'. Das merkt man auch recht schnell an Batmans Beziehung zu Jim Gordon und der Polizei, die in ihm noch keinen Verbündeten sehen. Wayne unterstützt seinen Freund Harvey Dent bei der Wahl zum Bürgermeister der Stadt und gerät darüber mit Mafiaboss Carmine Falcone aneinander, mit dem Waynes Elterns unter einer Decke gesteckt haben sollen. Das aber, soviel sei verraten, ist nur der äußerst dünne Beginn für die Geschichte, die sich in Episode 2 und 3 rasant und dramatisch entwickelt.

Jap, Aufgabe erfüllt

Nach fünf durchspielten Episoden kann man sagen: jap, Aufgabe erfüllt! Tatsächlich reizt diese Mixtur aus gespieltem Comic, Entscheidungssuche für den Flattermann-Helden, eine neue unbekannte Geschichte aus dem Batman-Universum und nicht zuletzt die Romanze mit Catwoman - die man übrigens nicht haben muss. Die meisten Spieler aber, darüber klärt am Ende der Episode immer eine Statistik auf, entscheiden sich dennoch für die Romanze.

Lass uns hier... küssen? Unbedingt! Erste Annäherungsversuche zwischen Bruce Wayne und Selina Kyle, zweifelhaft romantisch hinter einem Auto verborgen. - © Telltale Games
Lass uns hier... küssen? Unbedingt! Erste Annäherungsversuche zwischen Bruce Wayne und Selina Kyle, zweifelhaft romantisch hinter einem Auto verborgen. | © Telltale Games

Mit Catwoman stößt man schon in der ersten Episode zusammen, macht dabei aber keine besonders gute Figur. Doch schon wenig später trifft man sich nach einer deftigen Kneipenschlägerei hinter einem Auto wieder und ist im Begriff, auf Höhe einer Stoßstange (sic!) Catwoman den ersten Kuss auf die Lippen zu drücken. Romantisch? Naja, nicht wirklich. Aber das ist noch nicht alles.

Denn als Spieler haben wir auch die Entscheidung darüber, ob wir Catwoman, die sich später in ihrer Wohnung kurzerhand rittlings auf unseren Schoß setzt, wirklich den Reißverschluss ihres Oberteils aufziehen wollen oder nicht. Niemals würde ich Eure Entscheidung beeinflussen wollen, aber... schon interessant, was die für Unterwäsche unter ihrem Lederanzug trägt...

Ist Batman ein Romantiker?

Ja, ich habe Catwoman nicht nur jebützt. Ich hatte Sex mit ihr, und danach war ich schwer verliebt. Und es hat durchaus frühlingsgefühlerische Aspekte, neben Catwoman aufzuwachen und dann sogar noch die Entscheidung zu haben, sie sanft zu wecken oder einfach zu gehen. Die Frage ist: soll Euer Batman ein Romantiker sein oder seiner üblichen Rolle als Playboy gerecht werden? Diese Frage und weitere werdet Ihr Euch öfter stellen müssen - zu Zeiten, in denen das mehr als unangenehm ist. In manchen Situationen steht man sogar vor der Wahl: geht's weiter als Batman oder als Bruce Wayne?

Entscheide dich: Wie hier steht der Spieler immer wieder auch vor der Wahl, wen er zuerst retten soll. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf. - © Telltale Games
Entscheide dich: Wie hier steht der Spieler immer wieder auch vor der Wahl, wen er zuerst retten soll. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf. | © Telltale Games

Und auch das ist einer der Vorteile dieser Spieleserie: Sie gibt einem die Möglichkeit, viel mehr Bruce-Wayne-Anteile zu spielen, den Mann hinter der Maske zu entdecken und ihm eine Geschichte zu geben, die in vielen anderen Adaptionen oft viel zu lasch behandelt wird.

Das Spiel läuft von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen ruckelfrei. Vor allem die Kampfszenen können sich sehen lassen. Die Entwickler schöpfen hier aus dem Vollen des Batman-Universums. Nur schade, dass man das Batmobil nicht selbst fahren kann. Aber: wie auch? Gut gelöst sind die Detektivarbeiten, die Batman erledigen muss. Verschiedene Details lassen sich verbinden, damit der Batcomputer daraus logische Rückschlüsse ziehen kann. Richtig schwierig ist das in keinem Fall, aber es macht Spaß.

Miserable Übersetzung

Kleiner Tipp zum Schluss: Zockt das Spiel nicht mit deutschen Untertiteln, sondern genießt die englische Sprachausgabe. Die Übersetzung ins Deutsche ist miserabel und viel zu sehr verkürzt. Und ab der vierten und fünften Episode rauscht Ihr mit Wucht in den auch nach Monaten noch nicht behobenen Bug, dass einfach mal die Untertitel ins Englische wechseln.

Fazit: Nicht mein letztes Telltale-Spiel und vor allem habe ich Batman nicht zum letzten Mal gespielt, denn natürlich möchte ich zu gern wissen, wie sich die Geschichte ändert, wenn ich andere Entscheidungen treffe. Und Catwoman nicht bütze.

Plattform: Xbox One, Playstation 4, Windows-PC. Preis: rund 25 Euro für alle 5 Episoden. Sprache: Englisch (Sprachausgabe), Deutsch (Untertitel, Menüs). Publisher/Entwickler: Telltale Games. USK: ab 16 Jahre.