Bielefeld

Stadtbekannter Punk an Lungenkrebs verstorben

Ritual: Schnorrplatz an der Stresemannstraße geschmückt, Abschied mit Heilsarmee-Pastor

Erinnerung und Gedenken: Am Baum in der Stresemannstraße hängt ein Bild des gestorbenen Karl Röttinger. | © Christian Weische

11.12.2015 | 11.12.2015, 13:29
Liebevoll: Herzkreuz aus Kronkorken. - © Christian Weische
Liebevoll: Herzkreuz aus Kronkorken. | © Christian Weische

Bielefeld. Neben der Meat-Loaf-CD „Hits out of Hell“, Kümmerling, pinkfarbenem Nagellack, Bonbons, Kugelschreiber, Ton-Engel, Schokoriegel mit der Aufschrift „Lebe pur“ und Abschiedsbriefen ist ein Herz mit einem Kreuz aus Kronkorken liebevoll in den lehmigen Boden drapiert worden; ein Bild mit der Überschrift „Charles Röttinger“ ist an den Baum geklebt worden. Wer war Röttinger? Viele Bielefelder kennen sein Gesicht, nun ist er im Alter von 58 Jahren gestorben. „Röttinger war der letzte Punk von früher“, sagt Sabine Kolbe von der Kava, einer Tagesaufenthaltsstelle für „Menschen in besonderen Lebenslagen“, wie es heißt. Dort war Röttinger häufiger Gast. Ebenso in anderen stationären städtischen Einrichtungen dieser Art.

Charles Röttinger ist in der Nacht vom 22. zum 23. November im Johannesstift an einem Tumor in der Lunge gestorben. Hier wurde er aufgrund eines Sturzes eingeliefert, wo die tödliche Krankheit anschließend festgestellt worden ist. Noch drei Wochen hat er im Krankenhaus gelegen.

Michael Geymeier von der Heilsarmee hielt jetzt an dem beliebten Schnorrplatz an der Stresemannstraße eine Andacht. Dafür wurde ein Altar mit Kerzen errichtet. Im Hintergrund lief Musik von Joan Osborne. Rund 20 seiner Freunde waren gekommen. Auch Passanten blieben stehen. „Dies war ein sehr bewegender Moment und ein tolles Miteinander“, sagt Geymeier. Viele seiner Bekannten aus der Punkerszene reichte die anonyme Sozialbestattung nicht aus. Sie wollten ein besonderes Gedenken.

„Er war im Umgang immer sehr freundlich und höflich. Das zeichnete ihn besonders aus“, sagt Thomas Griese, Sozialarbeiter bei der Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose in der Viktoriastraße. Er kennt Röttinger seit Jahren.

Karl „Charles“ Röttinger ist vor mehr als 25 Jahren von Süddeutschland nach Bielefeld gekommen, um hier seiner seiner täglich „Arbeit“, dem Schnorren an der Stresemannstraße, nachzugehen. Somit war er ein Urgestein der Bielefelder Wohnungslosenszene.    „Trotz seiner unsicheren Lebenssituation hat er sich immer zu helfen gewusst“, sagt Griese.

Am kommenden Samstag wäre der Alt-Punk 59 Jahre alt geworden.