Biodiversität

Baden-Württemberg verbietet Kiesgärten per Gesetz

In NRW ist eine Volksinitiative gestartet, die ebenso für mehr Artenvielfalt und Grün in den Gärten sorgen will

Weniger Lebensraum für Insekten - ein Beispiel für einen Schottergarten. | © Birgit Vredenburg

Talin Dilsizyan
23.07.2020 | 23.07.2020, 16:09

Stuttgart/Bielefeld. Am Mittwoch hat der baden-württembergische Landtag dem Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes zugestimmt. Es sieht vor, den Ökolandbau zu erhöhen, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu reduzieren. Auch sollen Schottergärten verboten werden.

Die Landesregierung habe laut einer Mitteilung in weiten Teilen Forderungen des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" übernommen. Im Oktober 2019 hatten zwei Stuttgarter Imker die Initiative gestartet, die von zahlreichen Tier- und Naturschutzorganisationen unterstützt wurde. Mindestens 770.000 Unterschriften wurden benötigt, damit der Landtag über den Gesetzentwurf zum Schutz von Insekten und Natur abstimmt. Mehr als viermal so viele Unterschriften kamen zusammen und der jetzige Kompromiss zustande.

Bis 2030 soll der Anteil der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent steigen. Auf den Feldern sollen 40 bis 50 Prozent weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Auch geht es darum, Streuobstbestände zu erhalten und einen landesweiten Biotopverbund auf 15 Prozent der Landesfläche zu errichten. Explizit verbietet Baden-Württemberg zudem "Schottergärten auf Privatgrundstücken".

Landesbauordnung verbietet Kiesgärten bereits

Tatsächlich sind Schottergärten in dem Bundesland bereits durch die Landesbauordnung nicht zulässig. Paragraf 9, Absatz 1 zufolge gilt: "Die nichtüberbauten Flächen der bebauten Grundstücke müssen Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden. Ist eine Begrünung oder Bepflanzung der Grundstücke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, so sind die baulichen Anlagen zu begrünen, soweit ihre Beschaffenheit, Konstruktion und Gestaltung es zulassen und die Maßnahme wirtschaftlich zumutbar ist."

Somit müssen Gärten bereits insektenfreundlich grün gestaltet werden. Dass die vermeintlich pflegeleichteren Schottergärten illegal sind, sei nicht jedem Haus- und Gartenbesitzer bekannt. Sie seien in den vergangenen Jahren dennoch in Mode gekommen. Wie ein Sprecher des Umweltministeriums gegenüber der dpa Ende Juni klarstellte, müssten bereits existierende Schottergärten beseitigt oder umgestaltet werden. „Wir setzen vor allem auf Kooperation, die Einsicht der Eigentümer und die Überzeugungskraft der Verwaltung vor Ort."

Wann Hauseigentümer handeln sollen

Falls der Besitzer seinen Schottergarten vor der Landesbauordnung, die im Juli 1998 in Kraft getreten ist, angelegt hat, muss er nicht handeln. In allen anderen Fällen soll der Hauseigentümer von sich aus Schotter und Kies beseitigen. Ansonsten drohen Kontrollen und Anordnungen. Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg weist darauf hin, dass Kommunen über die örtlichen Bauvorschriften Einfluss auf die Gestaltung von Gärten nehmen können. Sie sollten Bauherren explizit über "grünordnerische Auflagen in Bebauungsplänen" informieren.

Ähnlich der Initiative in Baden-Württemberg rufen seit Donnerstag die drei großen Naturschutzverbände in NRW Bürger unter dem Motto "Insekten retten - Artenschwund stoppen" auf, mit ihrer Unterschrift den Landtag dazu zu bringen, sich mit Maßnahmen für mehr Artenvielfalt zu befassen. 66.000 Unterschriften müssten zusammenkommen - das entspricht 0,5 Prozent der stimmberechtigten Deutschen. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und Naturschutzbund Deutschland (NABU) hatten die Volksinitiative eigentlich für Frühjahr 2020 angekündigt, mussten sie aber wegen der Coronavirus-Pandemie verschieben.

Volksinitative in NRW, Verbote von Kiesgärten in OWL

Zu den acht Forderungen gehört, den Flächenverbrauch auf maximal 5 Hektar pro Tag bis 2025 zu reduzieren und ihn bis 2053 ganz auf null abzusenken. Wohnfläche solle eher durch Aufstockungen und Umnutzungen entstehen, als immer mehr von der Landschaft für Neubauten frei zu geben. Wichtig sei etwa auch, dass der Truppenübungsplatz Senne mit seiner "herausragenden Fauna und Flora" zum Nationalpark werde. In der Landesbauordnung solle ein "verbindlicher Ausschluss sogenannter Schottergärten verankert werden".

In Ostwestfalen-Lippe hatte beispielsweise im Jahr 2019 die Stadt Herford Kies- und Steingärten in neuen Baugebieten verboten. In Lemgo gibt es ein "Pflanzgebot". Für das Neubaugebiet Sandkamp hatte zudem die Stadt Halle festgelegt, dass dort keine Schottergärten angelegt werden dürfen.