Tierquälerei

Vögel lebendig in Hauswand eingemauert

Naturschutzbund Leipzig stellt Strafanzeigen gegen Wohnungsgenossenschaft

Vögel wie dieser Star (links) konnten nicht mehr zu den Nistplätzen. Die Bruthöhlen waren verschlossen. | © NABU Leipzig

Andrea Frühauf
05.06.2019 | 05.06.2019, 21:06

Leipzig. Grausame Tierquälerei: Bei Bauarbeiten in Leipzig wurden brütende Vögel lebendig in einer Hauswand eingemauert. Vermutlich mutwillig. Der Naturschutzbund (NABU) Leipzig hat deshalb Strafanzeigen gestellt. Die Polizei ermittelt.

Vor Ort konnten NABU-Mitstreiter nach eigenen Angaben beobachten, wie ein Star und ein Haussperling immer wieder verzweifelt versuchten, zu den verschlossenen Nistplätzen zu gelangen. Eine Anwohnerin habe berichtet, dass die Vögel bis zum Vormittag noch Futter zu ihren Nestern gebracht hätten, "auch Kotspuren belegen die rege Benutzung der Brutplätze".

Vier Küken tot

Anwohner hatten nach NABU-Angaben zunächst die zuständige Wohnungsgenossenschaft und die Arbeiter vor Ort ausdrücklich auf die Vogelbruten hingewiesen, dennoch seien die Arbeiten an der Fassade fortgesetzt worden, um die Nistplätze zu beseitigen. Weil die Wohnungsgenossenschaft nichts unternommen habe, alarmierte der NABU Polizei und Feuerwehr.

Gleich mehrere Nisthöhlen wurden demnach  in der Hauswand verschlossen, obwohl sich noch Eier, Küken und sogar ausgewachsene Vögel in den Nestern befanden. Vor Ort konnten die NABU-Mitarbeiter beobachten, "wie ein Star und ein Haussperling immer wieder verzweifelt versuchten, in die verschlossenen Nistplätze zu kommen".

Insgesamt acht verschlossene Nistplätze wurden schließlich nacheinander von der Feuerwehr aufgebrochen. Nur vier Löcher waren leer. In einer weiteren Höhle befand sich das Gelege eines Stars, der nun weiterbrüten kann. In einer weiteren Höhle fanden die Helfer einen lebenden Star, der dort eingemauert worden war. Er konnte die Höhle  verlassen. Drei Jungvögel in seinem Nest aber waren bereits tot, ein viertes Küken starb kurz danach. In einer weiteren Höhle war ein brütender Haussperling eingemauert. Er konnte laut NABU-Bericht ebenfalls durch das Eingreifen befreit werden, in seinem Geleg lagen drei Eier.

Grünspecht mit verklebtem Schnabel

Zudem konnten die NABU-Experten einen gesetzlich streng geschützten Grünspecht beobachten. "Er versuchte, die verkleisterten Fassadenlöcher mit seinem Schnabel wieder zu öffnen, wodurch sich der Schnabel verklebte." Die Verschlüsse der Nistplätze  bestanden aus Leitungsdämmpolstern und einer "klebrigen Substanz". Da der Einsatz dieses Mittels rechtswidrig ist, vermuten die NABU-Mitglieder eine vorsätzliche Tötung.

"Das Verschließen der Nistplätze erfolgte vermutlich in der klaren Absicht, die gesetzlich geschützten Brutvögel zu vertreiben oder zu töten", kritisiert der Naturschutzbund. Die Arbeiten hätten problemlos außerhalb der Brutzeit und mithilfe von Fachleuten für Artenschutz unter Beachtung der Gesetze durchgeführt werden können.

Lebendiges Einmauern

Es kommt immer wieder vor, dass Vögel sich in Hauswänden einnisten. Besonders beliebt sind Nester in Fassaden, die durch eine Styropor-Dämmung eine weiche Außenhaut haben, die nur durch eine Putz-Schicht abgedeckt ist. In diese Schicht hacken insbesondere Spechte kleine Löcher, um dahinter Nester zu bauen.  Die Isolierung fühle sich für den Vogel an wie weißfaules Buchenholz in Waldbäumen, heißt es beim NABU.

Der NABU hat nun bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz und das Bundesnaturschutzgesetz  eingereicht -  unter anderem wegen der absichtlichen Tötung besonders geschützter Tierarten in vier Fällen und der versuchten Tötung in zwei Fällen durch Verschließen von Nistplätzen (lebendiges Einmauern).  Zudem seien Tieren unnnötiges Leid und Schmerzen zugefügt worden.