Wolfsburg (bri/dpa/SID). Nach dem Corona-Schreck zog sich Hansi Flick mit seinen Nationalspielern ins Teamhotel zurück. Kein Training auf dem Rasen. Keine Außenkontakte. Im Ritz Carlton von Wolfsburg griff am Dienstagvormittag der Notfallplan der Nationalmannschaft. Wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bestätigte, wurde Niklas Süle positiv auf das Coronavirus getestet. Das Gesundheitsamt in Wolfsburg ordnete daraufhin Quarantäne für vier weitere Profis an, die als unmittelbare Kontaktpersonen eingestuft wurden. Wie der DFB auf einer Pressekonferenz am Dienstag mitteilte, handelt es sich dabei um die Bayern-Profis Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Jamal Musiala sowie Salzburgs Karim Adeyemi. Das Quartett wird die Nationalmannschaft verlassen, getrennt nach Hause gefahren und sich dort in Quarantäne begeben.
Vier weitere Profis, die ebenfalls mit Süle zur Nationalmannschaft gereist waren, dürfen hingegen beim Team bleiben. Dort erhalten sie laut Oliver Bierhoff, Direktor Nationalmannschaften, eine "besondere Betreuung", müssen also etwa isoliert an einem Tisch sitzen und sich täglich einer PCR-Testung unterziehen. "Die betroffenen Spieler werden auch separat zum Trainig gefahren", sagte Bierhoff. Die Namen wollte der Verband nicht nennen. Ob die Trennung der beiden Gruppen mit dem jeweiligen Impfstatus der Spieler zusammenhänge, wollte DFB-Arzt Tim Meyer nicht kommentieren. Süle sei allerdings doppelt geimpft und derzeit symptomfrei.
Bierhoff: "Bittere Nachricht"
Die Anordnung des Gesundheitsamts alleine könne nicht zwingend als Folge einer fehlenden Corona-Impfung gewertet werden, sagte Meyer weiter. "Grundsätzlich ist es so, dass die Impfung eines der Kriterien ist", erklärte der Teamarzt. Auch "die Intensität und die Dauer der Kontakte" werde einbezogen. Laut grundsätzlicher Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI) müssen enge Kontaktpersonen ohne Symptome nicht mehr in Quarantäne, wenn sie geimpft sind.
Nach der emotionalen Debatte um Impf-Skeptiker Joshua Kimmich wurde das DFB-Ensemble somit kurz vor den letzten beiden Spielen in der WM-Qualifikation schon wieder von der Pandemie eingeholt. „Diese Nachricht ist so kurz vor den abschließenden beiden Spielen in der WM-Qualifikation sehr bitter - für das Trainerteam wie für die gesamte Mannschaft. Aber die Gesundheit geht selbstverständlich vor", wurde Bierhoff in einer Mitteilung zitiert.
Austragung der Qualifikationsspiele nicht gefährdet
Die Nationalmannschaft bestreitet am Donnerstag (20.45 Uhr/RTL) ihr letztes Heimspiel in der WM-Qualifikation in Wolfsburg gegen Liechtenstein. Anschließend steht noch die Partie am Sonntag in Eriwan gegen Armenien an. Die Austragung dieser Partien ist durch die Infektion nicht gefährdet. Die am Vormittag ausgefallene Trainingseinheit wird das Team von Hansi Flick nun am Nachmittag absolvieren - angesetzt ist diese für 16.15 Uhr.
Die WM-Qualifikation hat die Nationalmannschaft bereits geschafft. Insgesamt hat Flick 28 Spieler in seinem Kader, so dass er momentan noch auf 23 zurückgreifen könnte. Der Bundestrainer nominierte am Dienstag noch die beiden Wolfsburger Maximilian Arnold und Ridle Baku sowie Kevin Volland (AS Monaco) nach.
Zuletzt hatte die Aussage von Bayern Münchens Kimmich, dass er nicht geimpft sei, für heftige öffentliche Diskussionen um die Vorbildfunktion von Fußball-Nationalspielern in der Corona-Krise gesorgt. „Die Zahl der Corona-Infektionen ist zuletzt bundesweit wieder stark gestiegen. Deshalb setzen wir während der letzten Länderspielmaßnahme des Jahres die Hygiene- und Verhaltensregeln konsequent weiter um, um auch im aktuellen Infektionsgeschehen so verantwortungsvoll wie möglich zu handeln", sagte Bierhoff.
Auch Choupo Moting in Quarantäne
Trotz der Infektion von Süle muss der DFB keine strengeren Hygiene-Auflagen erfüllen. Das gemeinsam erarbeitete und immer wieder nachgebesserte Hygienekonzept sei "so ausführlich und detailliert, dass ich denke, dass es vollkommen ausreicht", sagte Monika Müller, Dezernentin für Soziales, Gesundheit, Klinikum und Sport bei der Stadt Wolfsburg. Die Entscheidung, den geimpften Süle sowie die engen Kontaktpersonen in Quarantäne zu schicken, wurde vom Gesundheitsamt in München getroffen. "Das Ergebnis ist hier richtig und hätten wir genauso getroffen", sagte die Wolfsburger Stadträtin, die aber auch betonte, dass man über die Zuständigkeit in dem Fall "trefflich streiten" könne.
Der aktuelle Fall hat auch Auswirkungen auf Süles Arbeitgeber FC Bayern München. Wie der Rekordmeister am Dienstag bestätigte, muss auch Eric-Maxim Choupo Moting in Quarantäne. Der Angreifer habe ebenfalls Kontakt zu Süle gehabt und müsse sich entsprechend isolieren.