Paderborner Aufstiegscoach feiert die Schweizer Meisterschaft

Zürich/Paderborn. Am frühen Sonntagabend kam bei André Breitenreiter plötzlich doch ein wenig Unzufriedenheit auf. "Jetzt müssen aber endlich mal die Getränke kommen", forderte der Cheftrainer des FC Zürich in den Katakomben des Baseler St. Jakob-Parks. Schließlich gab es einen guten Grund zu feiern. Mit einem 2:0-Erfolg beim FC Basel hatte der FC Zürich vier Spieltage vor Saisonende die Schweizer Meisterschaft eingefahren. Breitenreiter, der den SC Paderborn in der Saison 2013/14 sensationell zum Bundesliga-Aufstieg geführt hatte, ließ somit ein weiteres Fußball-Märchen wahr werden. "Es fühlt sich überragend an, auch wenn es noch nicht so richtig greifbar ist", kommentierte der 48-Jährige den Titelgewinn, der eine der größten Überraschungen in der Geschichte der Schweizer Super League sein dürfte. Denn als Breitenreiter im vergangenen Sommer das Traineramt beim FC Zürich übernommen hatte, rechnete wirklich niemand mit so einem Erfolg. Vom Abstiegskandidaten zum Meisterteam In den fünf Jahren zuvor hatte der Traditionsklub zumeist gegen den Abstieg gespielt. Ein Jahr lang kickten die Blau-Weißen sogar in der zweitklassigen Challenge League. Die deutlich finanzstärkeren Konkurrenten Young Boys Bern und FC Basel schienen Lichtjahre entfernt zu sein. "Vor der Saison haben die Leute von Platz acht oder neun gesprochen. Jetzt sind wir Meister. Das macht das Ganze noch viel süßer", jubilierte Klubpräsident Ancillo Canepa, der mit seiner Frau Heliane den FC Zürich führt. "Es war früh zu erkennen, dass wir eine gute Saison spielen können", erklärte Chefcoach Breitenreiter unlängst gegenüber der Aargauer Zeitung. Doch dass seine Schützlinge vier Spieltage vor Schluss satte 16 Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten Basel haben werden, hätte er sich wohl selbst in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Breitenreiter formte aus einer Mannschaft voller Selbstzweifel ein Gewinnerteam, das derzeit die beste Abwehr und den besten Angriff der Super League stellt. Bestes Beispiel für diese Wandlung ist wohl Torjäger Assan Ceesay. Der aus Gambia stammende Stürmer, der 2020 als Leihspieler ein unglückliches Gastspiel beim VfL Osnabrück gegeben hatte, galt vor Saisonbeginn als personifizierter Chancentod. Nun verbuchte Ceesay bereits 18 Treffer in 29 Ligaspielen. Bewusste Auszeit vom Trainerdasein "Das Team hat so viel Charakter, so viel Herz, so viel Liebe. Eine ganz tolle Mannschaft", schwärmte Breitenreiter am Sonntag in der Stunde des Triumphes und fügte an: "Wir sind zurecht Schweizer Meister geworden." Damit krönte der ehemalige Bundesliga-Stürmer ein glanzvolles Comeback auf der Trainerbühne. Zweieinhalb Jahre lang hatte sich Breitenreiter eine Auszeit genommen, obwohl er diverse attraktive Angebote erhalten hatte. Schließlich hatte er auf all seinen Stationen durchaus erfolgreich gearbeitet. Den SC Paderborn führte der gebürtige Langenhagener erstmals in die Bundesliga. Mit dem FC Schalke 04 landete er in der Erstliga-Saison 2015/16 immerhin auf Rang fünf. Und auch mit Hannover 96 gelang ihm der Sprung ins Oberhaus. Doch Breitenreiter schlug nach seiner im Januar 2019 erfolgten Beurlaubung als 96-Trainer alle Angebote aus. Nach dem Tod seiner Mutter kümmerte er sich stattdessen um seinen demenzkranken Vater. Erst im Sommer 2021 heuerte der ehemalige SCP-Coach in Zürich an. Und bei seiner ersten Auslandsstation feierte er prompt den bislang größten Erfolg seiner Trainerkarriere. Rückkehr in die Bundesliga? Doch Erfolg weckt Begehrlichkeiten. Davon kann gerade der SC Paderborn ein Lied singen. Und so machen bereits Gerüchte die Runde, dass Breitenreiter in die Bundesliga zurückkehren könnte. Die Sportbild brachte ihn beispielsweise als künftigen Chefcoach von Hertha BSC Berlin ins Gespräch. Ex-Nationalspieler Markus Babbel legte Borussia Mönchengladbach eine Verpflichtung Breitenreiters ans Herz. FCZ-Präsident Ancillo Canepa ist aber guter Dinge, dass der Meistertrainer in Zürich bleibt. Breitenreiters Vertrag läuft noch bis Juli 2023. Und die Champions League lockt. In den nächsten Tagen und Wochen soll nun ohnehin erst einmal der 13. Meistertitel der Vereinsgeschichte gebührend gefeiert werden. Direkt nach dem Schlusspfiff in Basel ließen ihn seine Spieler hochleben. "Ich bin froh, dass meine Hose nicht gerissen ist", witzelte Breitenreiter.Am Sonntagabend stieg dann eine spontane Party auf dem Züricher Helvetiaplatz. André Breitenreiter kündigte an, auch dort Gas geben zu wollen. "Ich bin immer einer der Letzten, die nach Hause gehen", erklärte der 48-Jährige mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Und er ist sicher nicht verdurstet.

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