
Paderborn. In der Benteler-Arena waren am Freitag noch gut zehn Minuten plus Nachspielzeit zu absolvieren. Die Gäste aus Köln führten mit 2:0 und eigentlich war das Spiel gelaufen. Aber auch nur eigentlich, denn just in der 80. Minute besorgte Bernard Tekpetey mit seinem bereits neunten Saisontor den Anschlusstreffer. Stadionsprecher Jürgen Lutter schritt zur Tat und verkündete das Tor „für unseren SCP". Dann schaltete er das Mikrofon kurzzeitig wieder aus und meinte zu den drumherumstehenden Personen: „Wenn du bundesweit an diesem Wochenende Schlagzeilen machen willst, dann musst du dieses Spiel noch 3:2 gewinnen."
Ob die Stimme der Benteler-Arena über hellseherische Qualitäten verfügt, ist nicht bekannt. Fakt ist aber, dass er innerhalb der nächsten Minuten noch zwei Mal ein Tor für die Elf von Trainer Steffen Baumgart verkünden durfte. Die anschließenden Schlagzeilen garantiert, denn sogar in der ARD-Sportschau fand das Freitagspiel vor den Berichten der Samstagspartien noch Beachtung.
Die Macht des Kollektivs
„Diese Mannschaft gibt einfach niemals auf und wenn die zu Hause erst mal ins Rollen kommen, sind diese Jungs nur schwer zu stoppen", sprach Innenverteidiger Uwe Hünemeier offensichtlich ganz bewusst nicht in der Wir-Form. Am liebsten hätte er zum erneuten Spektakel gar nichts gesagt, „weil ich doch nichts dazu beigetragen habe", sagte der erst in der 85. Minute eingewechselte Routinier. Was aber nicht ganz korrekt war, denn Hünemeier erhöhte mit seiner Präsenz auf dem Platz noch einmal die Wucht, mit der sich der SCP gegen die drohende Niederlage gestemmt hatte.
Und gerade mal eine Minute auf dem Platz durfte er schon mitjubeln. Neuzugang Kai Pröger hatte nicht nur aus 25 Metern ins Tor getroffen, sondern auch mitten ins Herz der Kölner, die nun mehr und mehr auseinander brachen. „In dem Moment denkt doch zunächst jeder, der darf von da gar nicht schießen, aber wenn es läuft, dann läuft’s. Der Junge macht sich mit seiner Unbekümmertheit einfach keine Platte. Und dann schießt du auch solche Tore", sagte Hünemeier zum Ausgleich in der 86. Minute.
Und dann stand Hünemeier auch noch selbst im Mittelpunkt, als ihm nur zwei weitere Minuten später der Kölner Florian Kainz voll auf den Socken trat und dafür folgerichtig nach seiner Gelben Karte in der 47. Minute nun Gelb-Rot sah. Die Gäste zerfielen nun vollends in Einzelteile und versuchten nur noch, zumindest einen Punkt zu retten. Dies taten sie aber mit einem nicht ausreichenden Defensivverhalten, denn wie zuvor Pröger hatte in der 2. Minute der Nachspielzeit auch Marlon Ritter alle Zeit der Welt, um den Ball völlig unbedrängt genau dort hinzuschießen, wohin er ihn haben wollte. „Das ist Moral, Leidenschaft, eine unbeschreibliche Mentalität, wenn man gegen die vermeintlich beste Elf der Liga so zurückkommt", suchte Hünemeier förmlich nach dem Wort, was den gerade erlebten Wahnsinn am besten beschreiben könnte.
Der nächste Gegner, die nächste Prüfung
Und der Abwehrspieler, der auch schon beim Aufstieg in der Saison 2013/2014 mit dabei gewesen war, ist dann wohl auch derjenige, der am besten einschätzen kann, ob auch diese Paderborner Mannschaft das Zeug hat, für ein erneutes ostwestfälisches Fußballwunder zu sorgen. Das könne man aber so nicht vergleichen, „weil es eine komplett andere Mannschaft ist", sagte er mit der entsprechenden Zurückhaltung auf die Frage nach einem möglichen Durchmarsch von der 3. in die 1. Liga.
Spielmacher Philipp Klement, der zur Halbzeit mit muskulären Problemen passen musste, dafür aber von Marlon Ritter mehr als perfekt ersetzt wurde, sprach nach dem Schlusspfiff von einem Highlight-Spiel. „Heute sind alle happy, aber als nächsten Gegner haben wir Magdeburg. Dann wird sich zeigen, ob wir noch einmal ganz oben angreifen können."