Bielefelder Footballer spielt für Rhein Fire in der Europa-League

Bielefeld. Die gern kolportierten Geschichten von Bundestrainern, die Spieler am Telefon mit einer Einladung zur Nationalmannschaft überraschen, sind legendär. Bei Footballer Moritz Gotzmann war es zwar nicht der Coach der Fußball-Nationalmannschaft, der ihn anrief, dennoch reagierte er ähnlich perplex wie mancher Bundesligaspieler, bei dem Julian Nagelsmann angeklingelt hat. Es war ein Coach von Rhein Fire, einem Klub der European League of Football (ELF), der sich im Frühjahr bei Gotzmann meldete und fragte, ob er Lust hätte, für den Klub zu spielen. Rhein Fire hat seinen Sitz in Düsseldorf, trägt die Heimspiele aber vor mehreren Tausend Zuschauern in der Schauinsland-Reisen-Arena in Duisburg aus. &bdquo;Ich habe etwas gebraucht, um zu realisieren, was los ist. Ich hatte gar nicht damit gerechnet“, erinnert sich Gotzmann. Nicht mehr damit gerechnet, muss man sagen. Denn ganz aus heiterem Himmel kam der Anruf nicht. Gotzmann hatte im November 2024 zusammen mit Jannis Grigorjew an einem Scouting-Combine, einem Sichtungstraining, von Rhein Fire teilgenommen. Die beiden Bielefelder gehörten vergangenes Jahr noch zu den Stützen der Bulldogs in der 2. Bundesliga. Die Neugier führte sie ins Rheinland. Unterschied zwischen ELF und dritter Liga ist groß Zusammen mit vielen anderen Footballern absolvierten sie diverse Sprünge, Sprints und Kraftübungen. Auch einige sportartspezifische Elemente wie Routenläufe oder Blocks wollten die Coaches sehen. &bdquo;Das war quasi genau wie bei einem NFL-Combine. Letztlich war ich mit meiner Performance eigentlich gar nicht so zufrieden“, erinnert sich Gotzmann. Offenbar hat der 27-Jährige dennoch Eindruck hinterlassen. Als die Anfrage aus der ELF kam, befand sich Gotzmann gerade im Trainingscamp der Paderborn Dolphins. &bdquo;Für mich stellte sich die Frage: Spiele ich mit ein paar Kumpels erste Bundesliga mit Paderborn oder entscheide ich mich für das Abenteuer ELF?“ Nach Gesprächen mit seiner Verlobten und seinem Arbeitgeber entschied er sich für Rhein Fire. Sein Gedanke: &bdquo;Diese Chance bekomme ich wahrscheinlich nie wieder.“ Aus dem Trainingscamp der Paderborner zu Rhein Fire Immerhin ist die ELF mit 16 europäischen Klubs die höchste Ebene, die man abgesehen von der US-amerikanischen National Football League (NFL) als Spieler erreichen kann. Gotzmann beendete noch das Trainingscamp mit Paderborn und absolvierte dann die komplette Vorbereitung mit Rhein Fire. Lesen Sie auch: Quarterback Malik Brown ist ein Glücksgriff für die Bulldogs Der Aufwand ist erheblich. Darum war Bedenkzeit nötig. &bdquo;Ich bin meinem Arbeitgeber sehr, sehr dankbar, dass er mich unterstützt“, sagt Gotzmann. Bei Hörmann darf der Mechatroniker etwas später als gewöhnlich anfangen. &bdquo;Es kommt vor, dass ich um ein Uhr in der Nacht erst vom Training komme. Wenn ich dann um sechs statt um acht mit der Arbeit starten sollte, hätte ich zu wenig Schlaf.“ Auswärtsspiele in Paris und Kopenhagen Mindestens zwei Mal die Woche fährt Gotzmann zum Training nach Duisburg. Dafür hat er einen Wagen samt Tankkarte von Rhein Fire bekommen. Eine kleine Aufwandsentschädigung gibt es oben drauf. Unterwegs nach Duisburg sammelt er noch Teamgefährten in Dortmund ein. Zeitintensiv sind auch die Spiele am Wochenende mit zum Teil längeren Anreisen. Gleich das Auftaktspiel führte Rhein Fire nach Paris. Kürzlich ging es mit dem Bus nach Kopenhagen zu Nordic Storm. Bis jetzt ist Moritz Gotzmann absolut zufrieden mit seiner Entscheidung. &bdquo;Ich hatte damit gerechnet, dass ich höchstens zwei Spiele in Ausrüstung dabei bin. Doch ich stand jedes Mal auf dem Feld und war bei vier, fünf Angriffen dabei. Von daher bin ich super glücklich.“ Eine Vielfalt an Spielzügen fordert kognitiv Gotzmann spielt in der Offensive als Tight End. Bei Laufspielzügen blockt er Verteidiger, bei Passspielzügen läuft er eine vorgegebene Passroute, um als Ballempfänger infrage zu kommen. Einer der aktuell bekanntesten Tight Ends ist Travis Kelce vom NFL-Club Kansas City Chiefs. Der Freund von Sängerin Taylor Swift harmoniert prächtig mit Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes. Bei den Bulldogs fungierte Gotzmann auch mal als Quarterback. &bdquo;Eigentlich kann Moritz fast alles spielen“, hat Bulldogs-Sportvorstand Heiko Schreiber einmal gesagt. Der Unterschied zwischen der ELF und der 2. oder 3. Liga in Deutschland ist eklatant, hat Gotzmann festgestellt. &bdquo;Da ist an erster Stelle die Organisation: Rhein Fire ist super professionell aufgestellt.“ Und sportlich? &bdquo;Es ist ein komplett anderes Spiel, was die Schnelligkeit und die physische Stärke angeht. Es gibt eine enorme Vielfalt an Spielzügen. In der einen Woche braucht man diese, in der nächsten komplett andere. Da ist man kognitiv schon gefordert.“ Gotzmann lobt die Fangemeinde des ELF-Klubs In der 2. und 3. Liga sei der eine oder andere Patzer noch verzeihbar gewesen. &bdquo;Wenn man in der ELF einen Fehler macht, nutzt ihn der andere auf jeden Fall aus. Hat man beispielsweise nicht den richtigen Winkel, verpasst man seinen Block“, meint Gotzmann. Apropos Block: Beim Spiel gegen die Sea Devils aus Hamburg, bei denen auch Ex-Bulldog Ethan Nelson angeheuert hat, stand Gotzmann in einer Spielsituation Kyle Kitchens gegenüber. Der wurde 2021, 2022 und 2024 zum besten Defensivspieler der ELF gewählt. Nach dem Spiel habe er realisiert, dass er sich mit einem der stärksten Spieler der Liga duelliert hat: &bdquo;Das war schon ein cooles Gefühl.“ Gotzmann genießt auch die große Fan-Resonanz. Rhein Fire spielt im Stadion des MSV Duisburg. &bdquo;Wir haben eine coole Fangemeinde. Wenn man bei den Heimspielen vor 8.000 bis 9.000 Zuschauern ins Stadion kommt, ist das echt crazy. Auch zu jedem Auswärtsspiel begleiten uns viele Fans.“ Mit dem Herzen noch bei den Bielefeld Bulldogs Vergangenes Jahr gewann Rhein Fire die ELF durch einen 51:20-Erfolg über Stuttgart Surge. In den verbleibenden Spielen dieser Saison geht es darum, die Play-offs zu erreichen. Die vier Divisions-Sieger und die zwei besten Teams qualifizieren sich. Rhein Fire rangiert in der Division Nord hinter Nordic Storm auf Platz zwei mit fünf Siegen aus neun Spielen. &bdquo;Rechnerisch ist noch alles möglich. Wir müssen schauen, dass wir kein Spiel mehr verlieren“, meint Gotzmann. Den Bulldogs drückt er die Daumen im Kampf um die Regionalligameisterschaft und den Aufstieg. Für die Bielefelder spielte er von 2017 bis 2024 und coachte auch schon den Nachwuchs. &bdquo;Ich freue mich riesig für die Jungs. In Solingen konnte ich mal zuschauen. Ich verfolge natürlich die Ergebnisse und bin mit dem Herzen dabei.“

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