Bielefelder Sportvereine suchen dringend Chefs - doch das ist schwer

Bielefeld. Werden an der Vereinsspitze neue Kräfte gesucht, ist häufig guter Rat teuer. Geniert wenden sich bei der offenen Frage nach einer Nachfolge für einen Platz in der Vorstandsriege die Blicke ab. Wer übernimmt den Job letztlich? Der (Alters-) Präsident in einer erneuten Amtszeit – oder weht am Ende frischer Wind? Die Vorsitzenden vom Gadderbaumer Turnverein Bielefeld (GTB), TuS Eintracht und den Sportfreunden Sennestadt (SfS) berichten von ihren Erfahrungen. Zehn Jahre stand Michael Hermann an der Spitze des GTB. Aus familiären Gründen hat es ihn nach Ostfriesland verschlagen. Eine Vereinsführung aus der Ferne ist für den 74-Jährigen nicht sinnvoll. Schon seit zwei Jahren sucht er vereinsintern einen Nachfolger, lange ohne Erfolg. Margarethe Stock engagierte sich von 2011 bis 2024 als zweite Vorsitzende, musste ihren Posten jedoch aus Zeitgründen aufgeben. Ihr Amt war verwaist. Susanne Muesmann sagt: &bdquo;Jemand muss es ja schließlich machen“ &bdquo;Wir mussten den gesamten Vorstand neu aufstellen, um das zu vereinfachen, sind wir jetzt geschlossen zurückgetreten“, sagte Hermann bei der Jahreshauptversammlung im Clubheim Bolbrinker. Seit drei Jahren hat sich Susanne Muesmann vermehrt in die Vereinsarbeit eingebracht und ließ sich mangels Alternativen zur neuen ersten Vorsitzenden wählen. &bdquo;Jemand muss es ja schließlich machen“, meinte die 59-Jährige lachend. Ihre Motivation und ihre Energie sind da. Für den zweiten Vorsitzenden findet sich niemand. Hermann bietet einen Kompromiss: &bdquo;Für ein Jahr mache ich aus der Ferne den zweiten Vorsitzenden.“ Michael Hermann hilft aus dem Homeoffice mit Als Experte für Satzungsänderungen will er dabei helfen die Strukturen anzupassen. Anstelle des ersten und zweiten Vorsitzenden soll es künftig ähnlich wie in anderen Vereinen ein Vorstandsteam geben. Das soll für Entlastung sorgen. Doch für den Moment hat sich ein Vorstand gefunden: Marion Hilscher (60 Jahre) übernimmt die Finanzverantwortung von Karl-Heinz Engelmann (81), Claudia Berger (51) kümmert sich um die Buchungen, Jochen Krause (65) übernimmt den Sportvorstand von Gisela (60) und Thomas Krinke (61). Für die Mitgliederverwaltung findet sich niemand. Technik hat den Aufwand bereits reduziert Das soll ein Minijobber übernehmen. &bdquo;Damit haben wir jetzt einen vergleichsweise jungen Vorstand und noch einmal Glück gehabt“, fasste Hermann den Wahlabend zusammen. Mit einem digitalen Verwaltungsprogramm habe der Verein den Aufwand und die Kosten die 755 Mitglieder zu führen bereits reduziert. 200 Buchungen seien jährlich vorzunehmen. Der GTB umfasst zwölf Abteilungen mit 19 Trainern und Übungsleitern. Die Handballer spielen und organisieren sich seit 2009 gemeinsam mit der TuS Eintracht und der SV Brackwede in der HSG Eintracht Gadderbaum Brackwede, kurz EGB. Für den Hauptverein GTB gilt: &bdquo;Aufgrund fehlender Hallenzeiten und einem Mangel an Trainern resultiert für Kinder ein Aufnahmestopp“, sagte Muesmann. Doch besonders in der jungen Altersgruppe stecke viel Potenzial für den Verein. Auf der anderen Seite ist die Männergymnastik aufgelöst worden, Prellball und Radfahren brauchen dringend Verjüngung. Ab einem Alter von 50 Jahren zählt das Vereinsleben wieder Warum fehlt der Nachwuchs an der Vereinsspitze? Die Mitgliederzahlen nach Altersgruppen zeigen, dass es an Kindern im Verein nicht mangelt. Hermann: &bdquo;Für die Jungen sind wir ein Dienstleister, ab einem Alter von etwa 50 Jahren zählt das Vereinsleben wieder, dazwischen ist es schwierig.“ Auch die Verantwortung sei hoch. &bdquo;Ein Finanzwart verwaltet bei einem durchschnittlich großen Verein ein Jahresbudget von 100.000 Euro“, sagt Hermann. Bei der TuS Eintracht klappe die Arbeitsteilung laut des 1. Vorsitzenden Peter Merkel im Vorstand gut. Der 70-Jährige hat den Posten seit 2001 und viele Veränderungen miterlebt: &bdquo;In den letzten zwei Jahren haben drei Mitglieder den Vorstand verlassen, zwei neue sind dazugekommen – gemäß Satzung dürfen wir bis zu sechs Personen haben, wir sind aktuell zu fünft.“ Eine Position bei einer Mitgliederversammlung zu besetzen sei aussichtslos. Merkel: &bdquo;Da geht keine Hand hoch, das muss vorher geklärt werden.“ &bdquo;Was ist zu tun und wie viel Aufwand bedeutet es?“ Die aufkommenden Fragen seien immer gleich: Was ist zu tun und wie viel Aufwand bedeutet es? &bdquo;Nachwuchs für den Vorstand zu finden ist kein Selbstläufer, aber auch nicht unmöglich“, sagt Merkel. Grundsätzlich müsse die Arbeit auch zu dem Kandidaten passen. Gut strukturiert und digitalisiert liege die Arbeit auf vielen Schultern verteilt. &bdquo;Vieles wird auch in den Abteilungen gemacht und liegt nicht beim Vorstand“, sagt Merkel. Auch er bestätigt den großen Aufwand im Kinder- und Jugendbereich, allein weil mehr Übungsleiter als bei den Erwachsenen erforderlich seien. Merkel: &bdquo;Wir versuchen immer mehr Eltern zu integrieren, ähnlich der Mitarbeit in einer Schulpflegschaft. Das fängt schon beim Fahrdienst zum Spiel an.“ Die anderen TuS-Vorstandsmitglieder sind noch unter 50 Jahren. &bdquo;Wir haben eine gute Mischung und sind miteinander sehr zufrieden“, lobt Merkel das Team. Mit Tessa Otto habe der Vorstand auch eine junge Frau für die Jugendarbeit gewinnen können. Patrick Hartmann kümmert sich um die Finanzen, Peter Schildmann um den Sport und Simon Böer um die Vereinsentwicklung. &bdquo;Allein der Aufwand für den Finanzvorstand ist gewaltig, der übernimmt unsere komplette Buchhaltung“, sagt Merkel. In diesem Jahr feiert der Verein sein 125-Jähriges. Ein Ende ist für Merkel noch nicht in Sicht. Michael Menzhausen seit 34 Jahren Sportfreunde-Vorsitzender Bei Michael Menzhausen sieht das anders aus. Der 69-Jährige ist der Vorsitzende der Sportfreunde Sennestadt (SfS) und genießt inzwischen die längste Amtszeit in Bielefeld. 1991 fing alles an. Bis heute ist er Oberhaupt der 1.200 Mitglieder. Menzhausen: &bdquo;Ich würde ganz gerne zurücktreten und habe es auch im letzten Jahr versucht, aber bislang haben wir den Posten nicht neu besetzen können.“ Doch riesengroß sei die Not noch nicht. Topfit ist er – und lief jüngst erst 57 Kilometer an einem Tag. Suche nach Menschen, die neue Schwerpunkte setzen Generell sei das Interesse für Vorstandsarbeit da. Grundsätzlich hält Menzhausen dabei den Austausch im Vorstand für ratsam: &bdquo;Damit da immer noch einer ist, der weiß, wie es geht.“ Dann sei die Hürde für neue Verantwortungsträger kleiner. Oder auch wenn sich mehrere zusammenfinden und nicht einer alleine dasteht. &bdquo;Wir suchen keinen Klon für mich, sondern jemanden, der neue Schwerpunkte setzt“, betont Menzhausen. Seine Vorstandskollegen sind alle deutlich jünger und haben teils noch schulpflichtige Kinder. &bdquo;Das ideale Einstiegsalter in den Vorstand ist mit um die 40, dann ist der Beruf gefestigt, die Familiengründung erfolgt und viele können sich noch einmal etwas anderes vorstellen“, sagt Menzhausen. Häufig rutschen Eltern über ihre Kinder in ein Amt, wenn sie diese zum Sport begleiten und im Gespräch zur Mitarbeit überzeugt werden. Der Vorstand soll in Bielefelder Vereinen als Überbau dienen Auch bei den Sportfreunden sind die Aufgaben zwischen Hauptvorstand und einzelnen Abteilungen verteilt. Alles Sportliche, wie die Trainersuche und die Koordination der Hallenzeiten, mache jede Abteilung für sich. Der Vorstand diene als Überbau und kümmere sich um Angelegenheiten mit der Stadt, dem Amtsgericht, die Kasse oder dem Vereinsheim. Das ist bei aller Umverteilung immer noch eine Herausforderung.

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