Auch Bielefelds Amateurfußballer im Siegesrausch

Bielefeld. Die Stadt im Ausnahmezustand. Der DSC Arminia hat das Unmögliche möglich gemacht. Mit einem 2:1-Sieg über Bayer 04 Leverkusen zog der DSC ins DFB-Pokalfinale ein. Als Schiedsrichter Harm Osmers am Dienstagabend nach einer sechsminütigen Nachspielzeit die Partie abpfiff, brachen alle Dämme. Live miterlebt haben dieses schon jetzt geschichtsträchtige Erlebnis auch einige Bielefelder Amateurfußballer. Einer hat schon ein Ticket fürs Finale, einer ist Ex-Armine - und für einen war es sogar das erste Livespiel im Stadion. Andrew Agyeman vom SC Bielefeld feiert eine Wahnsinns-Premiere Andrew Agyeman steht aktuell in Diensten des SC Bielefeld. Er sagt: &bdquo;Ich bin 34 Jahre jung und habe noch nie ein Spiel in einem Stadion gesehen. Jetzt hatte ich das Glück, dass eine Bekannte ein Ticket übrig hatte und an mich gedacht hat.“ Agyemans Spielvorbereitung war getaktet. Direkt nach Dienstschluss, er ist in der Intensivpflege tätig, ging es zum Stadion. &bdquo;Ich war gegen 19.20 Uhr da und hab einfach erstmal nur die Atmosphäre wahrgenommen. Die war einfach nur wow. Gänsehaut.“ Schnell traf Andrew Agyeman alte Fußballerweggefährten. Darunter auch die aktuellen Dornberger Julian Stühmeier und Boris Glaveski. Agyeman schwärmt: &bdquo;Diese Bundesligaspieler wie Boniface oder Grimaldo so nah zu sehen, ist Wahnsinn. Dann die Mannschaftsaufstellung, die Fans, die einfach unglaublich waren. Dann fällt das Gegentor und wir machen direkt den Ausgleich, das war überragend. Ein absolut gelungenes Erlebnis, das mir gewiss immer in Erinnerung bleibt. Jetzt versuche ich auch Tickets für Berlin zu bekommen.“ Julian Stühmeier erlebt das Spiel auf der Sitzplatztribüne im Stehen Julian Stühmeier war sich schon am Dienstagmorgen sicher: &bdquo;Wir werden gewinnen.“ Das hat er auch seinem Vater und einem Mitarbeiter gesagt. Während des Spiels war er begeistert von den Emotionen in der Schüco-Arena. &bdquo;Wir hatten Sitzplätze auf der neuen Tribüne und haben 93 Minuten durchgehend gestanden und geschrien“, so Stühmeier. Den Moment des Abpfiffs kann er kaum in Worte fassen: &bdquo;Wir haben einfach nur gejubelt, geschrien und uns in den Armen gelegen.“ Nach dem Spiel ging es für Stühmeier zwar noch zum Jahnplatz, aber nicht mehr ins Café Europa. Boris Glaveski hat so eine Stimmung noch nie erlebt Auch Boris Glaveski schwärmt von der Stimmung: &bdquo;In meinen über 20 Jahren als Fan von Arminia habe ich so eine Stimmung noch nicht erlebt auf der Alm. Von Beginn an war klar, dass auch die Sitzplatztribünen Stehplätze waren. Als realistischer Ostwestfale habe ich mich irgendwann ab der 85. Minute mal mit dem Gedanken beschäftigt, was hier gerade wirklich passiert. Man weiß schließlich nie, vielleicht schießt Leverkusen ja wie immer in der siebten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich. Zum Glück hat der Schiri nur sechs Minuten gegeben.“ Insgesamt sei der Schlusspfiff ein sehr emotionaler Moment für ihn gewesen, der geprägt von Dankbarkeit und Demut war. Und dann wird Glaveski nachdenklich und sagt: &bdquo;Während sich alle Arminen in den Armen lagen, musste ich an die Generation denken, die den größten Erfolg der Vereinsgeschichte nicht miterleben durfte, aber ich derjenige war, der im Stadion saß und Teil der Geschichte geworden ist.“ Theesens Fußball-Boss Heinz-Werner Stork hat ein Ticket für Berlin Heinz-Werner Stork, Fußball-Abteilungsleiter beim VfL Theesen, fährt nach Berlin. Beim Kreistag am vergangenen Montag hatte Stork das Glück, eine von zwei verlosten Finalkarten zu gewinnen. &bdquo;Da habe ich natürlich am Montag überhaupt nicht mit gerechnet, dass Arminia das schafft. Jetzt versuche ich, weitere Tickets zu bekommen“, so Stork. Gemeinsam mit seiner Frau hat er das Halbfinale vor dem heimischen Fernseher verfolgt. &bdquo;In der ein oder anderen Situation bin ich schon aus dem Sessel gegangen und war kurz geneigt, etwas zu werfen“, verrät Stork lachend. Für den erfahrenen Fußballfunktionär lag das Ausscheiden von Bayer Leverkusen vorrangig daran, dass sie &bdquo;läuferisch, kämpferisch und spielerisch nicht stattgefunden“ haben. Damit hatte Stork es ziemlich exakt so analysiert, wie auch Bayer-Trainer Xabi Alonso auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Ex-Armine Nils Fischer erlebt absolute Ekstase Nils Fischer kennt beide Perspektiven. Die des Arminia-Spielers auf dem Rasen und jetzt die des Fans auf der Tribüne. Von 2007 bis 2011 war Fischer Teil des Bielefelder Profikaders. Mittlerweile ist er Co-Trainer beim A-Ligisten VfL Schildesche. Den Besuch auf der Alm hat er sich nicht nehmen lassen. Was geht eigentlich im Moment des Abpfiffs in den Köpfen der Spieler auf dem Rasen vor? Fischer: &bdquo;Das ist sicherlich erst einmal absolute Ekstase, Glücksgefühle und auf der anderen Seite auch eine gewisse Realitätsfremde. Das zu begreifen dauert gewiss noch den einen oder anderen Tag. Die Euphorie sollten sie jetzt mitnehmen in die Ligaspiele, weil dann Platz zwei auf jeden Fall möglich ist und realistischer denn je.“ Von Beginn an hat Fischer gemerkt, dass die Alm brennt, wie er sagt. &bdquo;Ich habe mich sehr auf dieses Spiel gefreut. Die Stimmung war sehr gut, es gab Gänsehautmomente. Die Mannschaft hat ein klasse Spiel geliefert. Konzentriert, fokussiert. Arminia war auch fußballerisch die bessere Mannschaft. Leverkusen fand ich erschreckend schwach mit Ball. Gefährlich wurden sie nur durch Standards. Ich finde, es war ein hochverdienter Sieg. Ab der 60. Minute hatte ich das Gefühl, dass nichts mehr anbrennt.“ DSC-Mädchentrainer Sven Schrader war sprachlos Tränen des Glücks flossen bei Sven Schrader auf der Tribüne. Der Trainer der U16-Juniorinnen des DSC Arminia war gemeinsam mit seinen Mädels in der Schüco Arena. &bdquo;Das war ein sehr aufregender Tag. Schon bei der Arbeit wurde diskutiert, wie das Spiel ausgehen wird“, sagt Schrader. Nach dem frühen Rückstand sei die Erwartung ein wenig gedämpft, aber nach dem schnellen Ausgleich waren alle wieder umso euphorischer. Schrader: &bdquo;Als dann der Abpfiff kam konnte ich es nicht fassen. Ich war sprachlos. Dass ich sowas live miterlebe – ein absoluter Gänsehautmoment.“ Auch nach einer Nacht Schlaf fühlt es sich für den DSC-Trainer noch surreal an. &bdquo;Die letzten Jahre war es als Armine nicht immer leicht, aber dieser Zusammenhalt und diese Entschlossenheit der Mannschaft und der Fans war wieder da. Jetzt können wir alles schaffen.“ Arian Keller erlebt &bdquo;mit Abstand das Geilste“ Bei Arian Keller (SCB) hatte es schon am Dienstagmorgen gekribbelt. &bdquo;Man hat in der ganzen Stadt gemerkt, dass dieses Spiel ansteht. Es hat geknistert, das war einfach mega. Man lag sich mit fremden Menschen in den Armen.“ Gemeinsam mit seinem Bruder, Mannschaftskamerad Volkan Ünal und dessen Sohn verfolgte Keller den Pokalkracher auf der Tribüne. Den historischen Moment des Abpfiffs beschreibt er so: &bdquo;Als der lange Ball hinten rausgeschlagen wurde, der Schiri abgepfiffen hat, das war einfach nur noch Ekstase. Ich gehe seit 16 Jahren regelmäßig auf die Alm und das war mit Abstand das Geilste, was ich je erlebt habe.“

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