Bulldogs-Lady jetzt im Nationalteam

Bielefeld. Wohl kaum ein Sport ist so sehr mit Männlichkeits-Klischees behaftet wie American Football: Große, schwere Kerle hauen sich gegenseitig die Köpfe ein und protzen mit ihren Muskeln. Doch wie in so vielen Bereichen in Sport und Gesellschaft geht Leuten langsam ein Licht auf, dass all diese ach so männlichen Domänen gar nicht den Männern vorbehalten sein müssen. Friederike Ostendorp ist eine freundliche junge Frau, die gerne ein höfliches Grinsen auf den Lippen trägt. Sie wurde in Ostfriesland geboren, kam 2014 für das Grundschul-Lehramtsstudium nach Bielefeld, und: Spielt seit 2015 für das Frauenteam der Bielefeld Bulldogs. &bdquo;Ich habe früher Handball gespielt“, sagt Ostendorp, aber persönliche Kontakte haben ihr auch eine Nähe zum American Football beschert: &bdquo;Ich wohne direkt in Richtung Radrennbahn. Da sieht man dann die Bulldogs oft trainieren und über Facebook habe ich mitgekriegt, dass es auch eine Damenmannschaft gibt – und dann habe ich das einfach mal ausprobiert.“ Spielerin und Cheftrainerin in Personalunion Aus diesem &bdquo;einfach mal ausprobieren“ ist inzwischen eine ganze Menge geworden: Ostendorp ist nicht nur immer noch aktive Spielerin bei den Bulldogs-Ladies, sondern wird auch offiziell als Head Coach des Teams geführt: &bdquo;Während Corona sind unsere ganzen Coaches gegangen, und dann habe ich mit einer Freundin gesagt: Komm, wir schreiben unsere Namen dahin, damit wir überhaupt weitertrainieren können.“ So haben die Lady Bulldogs die Pandemie überlebt, was Ostendorp viel bedeutet: &bdquo;Das Team liegt mir wirklich am Herzen. Deshalb freut mich auch sehr, dass wir jetzt wieder einige neue Spielerinnen und Coaches dazubekommen haben und wieder wachsen.“ Doch nicht nur mannschaftlich, auch persönlich ging es in der Football-Karriere der 27-Jährigen steil bergauf. Im Mai dieses Jahres wurde sie erstmals für die deutsche Nationalmannschaft nominiert. Beim 23:22 gegen Großbritannien gab die Bielefelderin im ersten Spiel der Europameisterschaft ihr Debüt mit dem Adler auf dem Trikot. Sieg über den Vizeweltmeister Großbritannien &bdquo;Anfang des Jahres gab es Try-Outs für das Nationalteam mit den Trainern. Da konnte jede Spielerin hingehen, die wollte. Dann gab es eine Auswahl von 75 Spielerinnen, mit der es in die nächsten Trainingscamps ging. Die 75 wurden auf 60 Mädels reduziert und schließlich für den Spieltagskader auf 45“, erzählt Ostendorp. Die Bielefelderin war dann Teil des überraschenden Sieges gegen Vizeweltmeister Großbritannien, der den Auftakt in die zweijährige EM markierte. Die wird nicht in einem komprimierten Turnier, sondern in einem langfristigen Ligensystem ausgespielt: Neben Deutschland und Großbritannien sind noch Spanien, Finnland und Schweden dabei. Diesen Samstag nun geht es im zweiten Saisonspiel in Calatayud, nahe von Saragossa, gegen die Spanierinnen. Jeder spielt nur einmal gegen jeden, ein Sieg gegen Spanien wäre für die Deutschen also ein großer Schritt in Richtung Titel. Der würde helfen, um die Strukturen fürs Nationalteam zu verbessern: Große Teile der Kosten für die Reise und Unterbringung in Spanien werden von den Spielerinnen selbst getragen. Ständige Jagd auf Ball und Gegenspielerinnen Ostendorp steht jetzt auch wieder im Kader und soll auf ihrer Position in der Defensive Line Akzente setzen: &bdquo;Für uns geht es darum, entweder direkt zum gegnerischen Quarterback zu kommen, damit die gar nicht erst werfen kann. Oder wenn die gegnerische Offense einen Lauf ansetzt, den direkt zu stoppen, um möglichst wenig Yards zu verlieren.“ Das ist ihr Job in der Nationalmannschaft, eine ständige Jagd auf Ball und Gegenspielerinnen. Für die Bulldogs spielt sie sonst aber auch immer dort, wo gerade jemand gebraucht wird. Diese Vielfalt der Aufgaben macht für Ostendorp den besonderen Reiz ihrer Sportart aus: &bdquo;Es gibt wirklich für jeden eine Position im Football!“ Das möchte sie auch in Bielefeld wieder verstärkt Frauen und Mädchen zeigen, das Ladies-Team empfängt Neuankömmlinge mit offenen Armen: &bdquo;Man kann über Instagram mit uns Kontakt aufnehmen oder sich online für ein Probetraining anmelden. Wir freuen uns immer über neue Spielerinnen.“ Und ihr eigenes Beispiel zeigt ja, was für noch nicht so populäre Sportarten häufig gilt: Mit Herz und Einsatz kann der Weg nach oben schnell gelingen.

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