Kampfsport in Bielefeld: Wie der thailändische Nationalsport Muay Thai zur Leidenschaft wird

Bielefeld. Laute Kommandos tönen durch die Trainingshalle. Die Kämpfer schwitzen und keuchen während sie sich abrackern. Schläge und Tritte donnern mit Wucht in die Pratzen. Im Hintergrund laufen laute Metal- und Rocksongs. Aushängeschild der Kampfsportschule Chok Dee ist Muay Thai. Im traditionellen Nationalsport Thailands sind Schläge, Tritte, Ellbogen- und Knietechniken erlaubt. Gekämpft wird im Vollkontakt. Neben der Härte faszinieren Benjamin Pannen, Inhaber von Chok Dee, und Sportler Niklas von Lowtzow auch die Tradition des Kampfsports. Der Name &bdquo;Chok Dee“ bedeutet übrigens &bdquo;viel Erfolg“ oder &bdquo;viel Glück“ und wird vor einem Kampf den Kontrahenten gewünscht. Schneller Übergang zu intensivem Training mit Pratzen Muay Thai ähnelt dem Kickboxen, doch es gibt auch Unterschiede. Viele Tritte werden mit dem Schienbein im Halbkreis wie mit einem Baseballschläger ausgeführt, nicht mit dem Fußspann, im Kickboxen variiert dies je nach Stil und Regelwerk. Angriffe mit den Ellbogen sind im Kickboxen nicht erlaubt, mit den Knien auch nicht oder nur eingeschränkt. Auch liegt im Thaiboxen ein starker Fokus auf dem eigenen Gleichgewicht und darauf, das des Gegners zu stören; ihn mit &bdquo;Sweeps“ (Würfen) zu Boden zu bringen. Lesezeichen: Jan%20Moshage%20beim%20ChokDee-TrainingDas Training bei Chok Dee ist deutlich traditionsbewusster als das Kickboxtraining mit Muay Thai Einflüssen, das ich vom Hochschulsport kenne. Statt auf deutsch oder englisch werden alle Kommandos auf thailändisch gegeben. Das Warm-up ist kürzer, aber nicht weniger anstrengend. Es geht schneller zum intensiven Training mit Schlagpolstern (Pratzen) und Boxsäcken. Für die Fitness hat Chok Dee einen Kraftraum, wo unter Anleitung von Fitnesscoach Tommy, kampfsportspezifisches Kraft- und Ausdauertraining möglich ist. "Wir wollen miteinander besser werden" Das Training macht mir richtig Spaß. Die Techniken und Bewegungen kenne ich – wenn auch unter anderen Namen – und finde mich schnell ein. Mein Trainingspartner Yannis Tullius lobt die Wucht mit der meine Schläge und Tritte kommen. Ich merke allerdings: Bei manchen Trittkombinationen sind die Bewegungen der fortgeschrittenen Chok-Dee-Schüler deutlich schneller und flüssiger – vor allem, wenn mehrere Tritte hintereinander mit demselben Bein ausgeführt werden. Bei Chok Dee trainieren überwiegend sportliche junge Männer. Doch Inhaber Benjamin Pannen betont: &bdquo;Zu uns können alle kommen, unabhängig von Zielen, Alter und Geschlecht, ob für Wettkämpfe, Spaß oder Fitness. Niklas von Lowtzow beschreibt die Kampfsportschule als &bdquo;eine tolle Gemeinde, die jeden herzlich aufnimmt. Wir trainieren miteinander, wollen miteinander besser werden.“ "Muay Thai ist das Schönste, was mir passieren konnte" Gerade im zwischenmenschlichen Bereich haben beide über den Sport viele positive Erfahrungen gemacht, sind gereist und haben interessante Menschen kennengelernt. Zum Muay Thai kam von Lowtzow über einen Freund. Zuvor hatte er zwei Jahre klassisch geboxt. Bei seiner ersten Einheit Muay Thai hat er sich &bdquo;sofort in den Sport verliebt.“ Er fing an, täglich zu trainieren und machte früh eine Reise nach Thailand. Der 28-Jährige zieht viel Positives aus dem Sport, beispielsweise Energie und Disziplin für seinen Beruf, zwischenmenschliche Kontakte und Selbstbewusstsein. &bdquo;Muay Thai ist das Schönste, was mir passieren konnte.“ Von Lowtzow arbeitet als Projekt- und Prozess-Manager in der IT-Branche. Im Muay Thai hat er bei der &bdquo;International Sport Karate and Kickboxing Association“ (ISKA) eine deutsche und eine internationale Meisterschaft gewonnen. Trainer Pannen hat bei den Menschen in Thailand gelernt Benjamin Pannen bestreitet seit einigen Jahren keine Kämpfe mehr. Neben seiner Arbeit als Dozent in der Jugendlichenbildung und der Leitung der Kampfsportschule bleibt ihm maximal Zeit für zwei bis drei eigene Trainingseinheiten. Besonders zeitintensiv ist das Management seiner Kämpfer: Wettkampfvorbereitung, Sparrings organisieren, geeignete Gegner finden. Er ist froh, dass viele seiner fortgeschrittenen Schüler, darunter von Lowtzow, sich mit einbringen, beispielsweise beim Jugendtraining. Pannen (45) begann 1999 mit Muay Thai. Er bildete sich auch in der traditionellen Kriegskunst Muay Boran, aus der sich der Wettkampfsport Muay Thai entwickelte. Er las in Büchern die Geschichte des Sports, erfuhr aber am meisten durch Menschen, beispielsweise Muay Thai Lehrer, die selbst in Thailand trainiert hatten. Besonders erinnert er sich an Antonio Sancillo, einer der wenigen Großmeister außerhalb Thailands. Harte Kämpfe, aber gegenseitiger Respekt Dorthin reiste Pannen mehrfach, um authentisch zu lernen. Er nahm an Seminaren teil und machte 2011 seine Lehrerlizenz. Seine Graduierung ist der 12. Khan, sein Titel &bdquo;Kru“ (&bdquo;Lehrer“). Wichtig ist für Pannen: Gegenseitiger Respekt unter den Kämpfenden, aber auch in der Beziehung zwischen Lehrer und Schüler. So hart die Kämpfe auch sein mögen: Im Training setzt Pannen auf intensive, aber weniger harte, technische Sparringseinheiten. Man versucht nicht, sich gegenseitig auszuknocken. Das ist gesünder, gerade bei längerer sportlicher Laufbahn – laut Pannens Erfahrung auch die bevorzugte Methode in den thailändischen Schulen. Bei Chok Dee werden auch Boxen, K1-Kickboxen, Grappling und Muay Boran angeboten. Meiner Einschätzung nach ist Muay Thai Training bei Chok Dee für alle geeignet, die Interesse an realistischem und intensivem Kampfsporttraining haben. Wie weit man dabei geht, scheint jedem selbst überlassen. Es wird kein Druck aufgebaut, an Kämpfen teilzunehmen. Doch egal, aus welcher Motivation heraus man kommt: Man sollte sich auf körperliche Anstrengung einstellen – ideal für alle, die danach erschöpft, aber mit einem guten Gefühl nach Hause gehen wollen.

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