Rostock/Verl. Die angezeigten sechs Minuten Nachspielzeit waren bereits abgelaufen und der SC Verl schien den Härtetest beim FC Hansa Rostock mit Sternchen bestanden zu haben. Doch mit der letzten Aktion der Partie gelang Christian Kinsombi im Anschluss an einen Eckball noch das 2:2 (1:1). Mit dem sechsten ungeschlagenen Spiel in Folge verteidigte der Sportclub dennoch den dritten Tabellenplatz in der 3. Liga.
In einer vor allem in der ersten Halbzeit packenden Partie mit vielen Höhepunkten auf beiden Seiten brachte Florian Carstens den FCH früh in Führung (5.), Jonas Arweiler glich nach 26 Minuten zum 1:1 aus. Martin Ens sorgte mit dem 2:1 (78.) dafür, dass der SC Verl die Partie zunächst komplett drehte. Doch dann kam Kinsombi (90.+7).
Nach den Ergebnissen am frühen Nachmittag war klar, dass der Sportclub mit einem Sieg bis auf einen Punkt an das Führungsduo aus Duisburg (0:0 in Osnabrück) und Cottbus (0:3 beim TSV 1860 München) herankommen würde. Noch lukrativer war die Ausgangsposition für die Hausherren. Drei Punkte hätten der Kogge mächtig Rückenwind verliehen, um mindestens sechs Plätze wäre die Mannschaft des Ex-Wiedenbrücker Trainers Daniel Brinkmann vor den drei abschließenden Spielen am Sonntag in der Tabelle nach vorne gesegelt – und Relegationsplatz drei wäre plötzlich nur noch drei Zähler entfernt gewesen.
Martin Ens erlaubt sich frühen Patzer
Gegenüber der 5:0-Gala gegen Ulm wechselte der Verler Trainer Tobias Strobl einmal erwartungsgemäß und einmal etwas überraschend. Kapitän Niko Kijewski verteidigte wieder hinten links, Michel Stöcker musste auf die Bank. Dort saß auch der zuletzt als Linksaußen so starke Alessio Besio. Mit der Hereinnahme des erfahrenen Yari Otto brachte Strobl einen weiteren Mittelfeldspieler, der die Atmosphäre im Ostseestadion im Gegensatz zum Schweizer U21-Nationalspieler schon gewohnt ist. Berkan Taz bildete neben Jonas Arweiler die zweite Spitze.
In einer von beiden Seiten nervös geführten Anfangsphase erlaubte sich Martin Ens den ersten folgenschweren Patzer, als der Verler Innenverteidiger völlig unnötig einen Eckball verursachte. Der flog von der linken Seite in den Fünfmeterraum und Florian Carstens streckte, obwohl zwei Verler bei ihm waren, das rechte Bein durch und erzielte das frühe 1:0 (5.).
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Jonas Arweiler bot sich nach Zuspiel von Yari Otto aus sechs Metern die Riesenchance zur schnellen Antwort (9.), doch der etwas überraschte Angreifer schoss deutlich am Tor vorbei. Im direkten Gegenzug verhinderte der Verler Schlussmann Philipp Schulze mit einer bärenstarken Parade beim Schuss von Andreas Voglsammer aus 16 Metern das 2:0.
Jonas Arweiler gelingt der Ausgleich
Trotz des Rückstands waren die Gäste gegen nun abwartend agierende Rostocker gut im Spiel, blieben aber meist in der vielbeinigen Hansa-Hintermannschaft hängen. Die wagten sich in dieser Spielphase nur noch selten nach vorne – und wurden nach 26 Minuten im Anschluss an einen Ballverlust bestraft. Joshua Eze bediente mit einem öffnenden Pass Berkan Taz, der millimetergenau in den Lauf von Jonas Arweiler spielte. Der Verler Stürmer blieb vor Benjamin Uphoff cool und schob den Ball am Rostocker Torhüter vorbei zum 1:1 in die linke Ecke. Fast postwendend die erneute Führung für Hansa.
Kenan Fatkic köpfte den Ball zu Ryan Naderi, der frei durch war, aber knapp über das Tor schoss (28.). Auf der Gegenseite bot sich Yari Otto eine gute Schusschance (33.), der Ball flog nur wenige Zentimeter am rechten Pfosten vorbei. Dann wieder Hansa: die Hausherren setzten sich vor dem Verler Tor fest, Fynn Otto (37.) klärte einen Schuss von Jan Mejdr in höchster Not zur Ecke. Nach 40 Minuten hätte es dann 2:1 für Rostock stehen müssen.
Cedric Harenbrock flankte von der linken Seite in die Mitte, seine Hereingabe nahm Ryan Naderi aus sechs Metern direkt – doch Philipp Schulze parierte überragend. Die Kogge drängte, der Sportclub hatte kaum noch Entlastung. Erst in der 43. Minute fand Oualid Mhamdi mal wieder den Weg nach vorne, seinen Abschluss parierte Benjamin Uphoff mit der rechten Hand. Nach abwechslungsreichen, intensiven und kurzweiligen 47 Minuten bat Schiedsrichter Leonidas Exuzidis (Castrop-Rauxel) zur Halbzeitpause.
Christian Kinsombi schießt schlussendlich doch noch das 2:2
Zur zweiten Halbzeit kam auf Verler Seite Julian Stark für Yari Otto. Nach einer Abtastphase leitete Benjamin Uphoff mit einem schweren Fehlpass die erste Chance für den Sportclub ein. Oualid Mhamdi bediente den zentral wartenden Berkan Taz – doch mit einer Glanztat bügelte der Rostocker Schlussmann seinen Patzer (53.) beim Schuss von Taz wieder aus. Hansa lief den SCV nun überhaupt nicht mehr an, was zu skurrilen Szenen führte.
Torhüter Philipp Schulze weigerte sich aufgrund der Statik auf dem Platz schlichtweg, das Spiel zu eröffnen – und wurde dafür vom Rostocker Anhang ausgepfiffen. So brauchte es einen ruhenden Ball, um mal wieder für Torgefahr zu sorgen. Marco Schuster (63.) schlenzte einen Freistoß von der linken Strafraumgrenze an den rechten Pfosten – Glück für den Sportclub.
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In der 74. Minute setzte Florian Carstens über die linke Seite zu einem Sololauf an, zog in den Strafraum, scheiterte mit seinem Abschluss aber einmal mehr am glänzend aufgelegten Philipp Schulze. Der Sportclub stand nun mächtig unter Druck. Oualid Mhamdi rettete nach einer Ecke den Schuss von Florian Carstens für den bereits geschlagenen Schulze von der Linie (76.). Aber das kennt man ja schon: die Schlussviertelstunde gehört dem Sportclub. Keine Mannschaft in der 3. Liga trifft ab der 75. Minute so häufig wie die Verler.
Im Ostseestadion wurde da keine Ausnahme gemacht. Timur Gayret, der am Samstag sein 50. Spiel für den SC Verl bestritt, schlug in der 78. Minute einen Freistoß in den Rostocker Strafraum und Martin Ens setzte seinen Kopfball zum 2:1 für den Sportclub in die rechte Ecke. Für Ens war es der erste Pflichtspieltreffer im Verler Dress. Fynn Otto warf sich in der Nachspielzeit (90.+2) in einen Schuss von Jan Mejdr und verhinderte so das möglich 2:2. Mit der letzte Aktion des Spiels gelang Christian Kinsombi in der siebten Minute der Nachspielzeit noch der Ausgleich.