
Kreis Gütersloh. In der Sportschule Hennef im Rhein-Sieg-Kreis trifft sich am Montag die Zukunft des deutschen Frauenfußballs. DFB-Trainerin Bettina Wiegmann hat 33 Mädchen der Jahrgänge 2003 und 2004 zum Kaderlehrgang der U15-Nationalmannschaft eingeladen.
Mit dabei sind auch drei Talente aus dem Kreis Gütersloh. Für Lisanne Gräwe und Josefine Neß vom SC Wiedenbrück sowie Maja Sternad vom SC Verl geht es in den drei Tagen darum, ihre Karriere voranzutreiben und ihrem großen Ziel näher zu kommen. „Wir wollen in die A-Nationalmannschaft", erklären die drei Mädchen unisono.
Einen großen Schritt in diese Richtung machten sie bereits vor knapp einem Monat. Am 3. November bestritten sie gemeinsam in Wetzlar mit der deutschen U15-Auswahl das Länderspiel gegen die USA. Auch darüber hinaus gibt es einige Gemeinsamkeiten bei dem Trio: Alle drei wechselten im Sommer ins Mädchen-Internat des westfälischen Verbandes in Kaiserau, und alle drei spielen – ganz dem Wunsch des DFB entsprechend – vereinsmäßig in Jungenmannschaften.
LISANNE GRÄWE AUS KAUNITZ

Eigentlich wollte die 14-Jährige vor dieser Saison von ihrem Heimatverein FC Kaunitz zum Mädchen-Bundesligisten FSV Gütersloh wechseln, doch dann entschied sie sich für die männlichen C-Junioren des SC Wiedenbrück. Hier spielt Gräwe nicht mehr Kreis-, sondern Landesliga. „Sie ist eine Vollblutfußballerin mit ganz viel Intuition", schwärmt Trainer Stefan Gärt- ner von ihren Qualitäten im Mittelfeld.
Davon ist auch Bundestrainerin Bettina Wiegmann überzeugt, weswegen sie Gräwe für das Spiel gegen die USA sogar die Kapitänsrolle übertrug. Schließlich war es bereits das fünfte Länderspiel für die Kaunitzerin. Sie debütierte 2016 in Belgien und schoss im April dieses Jahres beim 4:0-Sieg in Tschechien ihr erstes Tor für Deutschland.
Verbunden mit dem Einzug ins Verbandsinternat, wo sie sich ein Zimmer mit Meret Hohnstädt (TV Elverdissen) teilt, war für Lisanne Gräwe auch ein Schulwechsel: Statt die Gesamtschule Verl besucht sie nun die 9. Klasse der Gesamtschule in Kamen.
Viel Zeit für Familie und die alten Freunde hat sie nicht mehr. „Zur Zeit dreht sich alles um Schule und Fußball", sagt sie. Wie groß ihr Ehrgeiz ist, bewies sich am vergangenen Freitag: Obwohl sie die Chance hatte, in Bielefeld erstmals ein Länderspiel der deutschen Frauen live anzuschauen, zog sie einen Tag vor dem Kreispokalfinale das Vereinstraining des SC Wiedenbrück vor.
JOSEFINE NESS AUS WIEDENBRÜCK

Mit ihrem Länderspieldebüt gegen die USA, zu dem sie mit der Startelf auflief („Das war ein gutes Gefühl"), war Josefine Neß trotz der 1:6-Niederlage zufrieden. „Meine Leistung war okay", fand die 14-jährige Wiedenbrückerin, die wie im Verein als Innenverteidigerin spielte.
Dass sie jetzt wieder zum Lehrgang eingeladen wurde, empfand sie aber nicht als Selbstverständlichkeit: „Das war spannend", atmete sie auf, als die Nominierung von Bettina Wiegman per E-Mail eintraf. Bis zum März 2018, wenn die U15 des DFB ihre nächste Partie bestreitet, will sie sich jetzt und in drei weiteren Lehrgängen nachdrücklich ins Notizbuch der Bundestrainerin schreiben.
Aufgefallen war sie der spätestens im Sommer beim U14-Länderpokal in Duisburg, wo sie als Kapitänin der Westfalenauswahl überzeugte. Der Wechsel ins Fußballinternat war danach „ein großer Schritt", wie Josefine Neß zugibt. Fällig war für sie damit der Wechsel von der Osterrath-Realschule an die Gesamtschule Kamen, wo sie mit Teamkollegin Gräwe in die 9. Klasse geht.
Seitdem wird sie sonntagabends von den Eltern nach Kaiserau gebracht und kehrt freitags zum Klubtraining mit dem Zug zurück. Die enge Kooperation zwischen dem Verband und den örtlichen Schulen ermöglicht es Neß und den anderen Internatsfußballerinnen, auch mal ein „Frühtraining" mit dem Verbandscoach während der Schulzeit zu absolvieren.
MAJA STERNAD AUS VERL-BORNHOLTE
Die intensive Förderung in Kaiserau, wo sie mit Josefine Neß eine WG bildet, hat auch Maja Sternad „schon eine ganze Menge" gebracht. Das junge Mädchen aus Verl-Bornholte, das erst Ende Dezember 14 Jahre alt wird, ist eines der „Küken" im Internat und in der Nationalmannschaft.
Dass bei den regelmäßigen Einheiten beim Verband und mit den männlichen B-Junioren von SuS Kaiserau „mehr Kategorien" trainiert werden als daheim beim SC Verl, zum Beispiel Krafttraining, hat sie sportlich bereits weiter gebracht. Außerdem hat sie „mehr Selbstvertrauen" dazugewonnen, wie sie selbst sagt.
„Sie ist sehr ruhig und schüchtern und ist manchmal wie ein Geist auf dem Platz", beschreibt Tarik Kaplan die Angreiferin. Ansonsten ist der Co-Trainer des SC Verl II, für den Sternad in der Bezirksliga auf Torejagd geht, sehr angetan von ihrem fußballerischen Können. „Sie beherrscht das Spiel von A bis Z", schwärmt Kaplan.
Besonders „die präzisen Pässe, auch mit Druck" gefallen ihm. „Wenn unsere Jungs alle so Fußball spielen würden wie Maja, würden wir noch besser dastehen", sagt der Coach des Tabellensechsten. Ein gutes Stück ihres Talents hat sie wohl vom Vater geerbt: Robert Sternad stürmte früher für den SV Spexard in der Bezirksliga und für die TSG Harsewinkel in der Landesliga.
Die Nominierung für ihr erstes Länderspiel kam für Maja Sternad „überraschend". Nach dem Abspielen der Nationalhymne („Da hat man echt Gänsehaut bekommen") musste sie zunächst zwar auf der Bank Platz nehmen, wurde aber in der 50. Minute eingewechselt: „Ich hatte sogar eine Chance, aber leider hat die USA-Torhüterin den Ball gehalten."
Für das Erreichen ihres Ziels („Die Frauen-Bundesliga und die A-Nationalmannschaft") ist Maja Sternad wie ihre beiden Teamkolleginnen bereit, in jeglicher Hinsicht großen Einsatz zu zeigen. „Es ist viel Arbeit", weiß sie, „aber man kann es schaffen."