Bielefeld

Wasserfreunde im Trockendock

Ungewohnte Lage für die Schwimmer Gabriel Lotz und Ilka Bathge. Für täglich drei Stunden im Becken gibt es keinen Ersatz.

Noch Wunschdenken: Leistungsschwimmerin Ilka Bathge in Aktion. | © Peter Unger

25.01.2021 | 25.01.2021, 23:00

Bielefeld. Gabriel Lotz (24) und Ilka Bathge (24) leben von der Erinnerung. Vor gut einem Jahr erlebten die beiden Leistungsschwimmer ihren letzten Wettkampf. Es war bei den DMS, den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften. Und es war ein Erfolg. Sowohl die Frauen als auch die Wasserfreunde-Männer verteidigten ihren Startplatz in der 2. Bundesliga.

Lotz blieb in seinem Auftaktrennen über 100 Meter Lagen (1:01,22 min.) nur eine halbe Sekunde über seiner Bestzeit. Er setzte zudem einen starken Schlusspunkt mit 52,98 Sekunden über 100 Meter Freistil. Während die Männer recht souverän zum Klassenerhalt schwammen, mussten die Frauen bis zum Schluss kämpfen, wie Ilka Bathge erzählt. „Zwischenzeitlich lagen wir auf einem Abstiegsplatz, erst am Ende fiel die Entscheidung über den Klassenerhalt.“

Auf dem Trockenen: Die Wasserfreunden um Gabriel Lotz (2. v. r.). - © Peter Unger
Auf dem Trockenen: Die Wasserfreunden um Gabriel Lotz (2. v. r.). | © Peter Unger

Der Wettkampf war anstrengend, aber immerhin durften sich die Wasserfreunde vor einem Jahr noch mit anderen messen. Seitdem herrscht Ebbe in den Schwimmbecken. Nicht einmal Training im Wasser war möglich. „Plötzlich fehlten die Routinen“, erzählt Gabriel Lotz. Die Motivation schwand: „Weil es kein konkretes Ziel gab. Bei uns sind das natürlich die Meisterschaften.“ Lotz wich auf Radfahren und Laufen aus, doch: „Egal, was ich gemacht habe, es war für mich qualitativ nicht gut.“ Das drückte auf die Stimmung.

Rennrad statt Badeanzug

Ganz so schlimm war es für Ilka Bathge nicht. Eher stellte sie sich die Frage, was sie mit der neu gewonnenen Zeit anstellen soll. Vor Corona verbrachten Bathge und Lotz fast jeden Abend mit der 1. Mannschaft der Wasserfreunde bis zu drei Stunden im Ishara. „Man sitzt auf einmal zu Hause, hat Zeit und kann nicht das tun, was man eigentlich will.“ Immerhin haben sie und Lotz sich aufs Rennrad geschwungen und versucht, sich fit zu halten.

„Ohne Anspruch auf Performance – das war für mich eher Freizeitvergnügen“, meint Lotz. „Man hat ein anderes Gefühl im Vergleich zum Schwimmen, ein Gefühl von Freiheit. Man sieht sehr viel und kann neue Ortschaften kennen lernen. Trotzdem habe ich die sportliche Komponente damit verbunden – mehr oder weniger haben wir indirekt trainiert.“ Irgendwann war es wieder möglich, im Wasser zu trainieren. Eingeschränkt und nur unter strengen Auflagen. Es kam zu kuriosen Erlebnissen. Das erste Freibad, das in OWL wieder öffnete, wurde zum Mekka der ostwestfälischen Schwimmergemeinde. „Ich bin direkt ins Bad nach Minden gefahren“, erzählt Ilka Bathge. „Da habe ich viele Aktive aus anderen Vereinen getroffen, die teilweise noch viel weiter gefahren sind als ich.“

"Es fehlt an allem"

Aller Anfang war schwer. „Wenn du Monate nichts gemacht hast, fehlt es an allem – allen voran an der Ausdauer, aber auch an der Technik.“ Da fiel es schwer, was sonst eine Selbstverständlichkeit war: mal 400 Meter am Stück zu schwimmen. Doch die Freude währte nicht lang. Seit Anfang November sind die Bäder wieder zu.

„Aktuell gehe ich ein bis zwei Mal pro Woche Laufen und mache Stabi- und Kraftübungen zu Hause“, erzählt Ilka Bathge. „Das ist natürlich immer noch nicht vergleichbar mit unserem normalen Trainingsumfang.“ Immerhin stellt sie fest, dass sie Leistungsfortschritte registriert, seit sie regelmäßig läuft. Sie kann länger und schneller laufen. „Da noch keine Schwimmwettkämpfe in Sicht sind, spiele ich derzeit mit dem Gedanken, mich bei virtuellen Läufen anzumelden, um so ein Ziel zu haben, auf das man hinarbeiten kann.“

"Mal wieder auspowern"

Für die Zeit nach Corona freut sie sich am meisten, unbeschwert und ohne über Kontaktbeschränkungen nachdenken zu müssen, rausgehen und Freunde treffen zu können. „Dazu zählt natürlich auch das Schwimmen. Ich freue mich sehr darauf, wieder mit der Mannschaft gemeinsam zu trainieren. Viele Leute aus dem Verein hat man nun schon sehr lange nicht mehr gesehen. Zudem freue ich mich darauf, mich dann körperlich wieder richtig auszupowern. Das fehlt im Moment.“

Nach überstandener Mandel-Operation möchte Lotz mit Zugseiltraining beginnen. Ein Freund des Laufens wird er nicht mehr. Konkrete sportlichen Ziele habe er nicht: „Ich möchte versuchen, Spaß an anderen Disziplinen zu finden. Im besten Falle kann ich Mitschwimmer motivieren.“ Sportliche Ziele hat sich ähnlich wie Lotz auch Ilka Bathge für dieses Jahr noch nicht gesteckt. „Mir würde es schon reichen, wenn ich überhaupt schwimmen und an Wettkämpfen teilnehmen dürfte. Da spielt es erstmal keine Rolle, welche Wettkämpfe.“

"Wettkämpfe absehbar nicht möglich"

Normalerweise würden jetzt bei den Wasserfreunden die Vorbereitungen auf die DMS 2021 laufen – die Frauen auf Platz zehn gesetzt, die Männer auf Rang acht. Doch daran ist natürlich nicht zu denken. Wettkämpfe sind auf absehbare Zeit nicht möglich. Gabriel Lotz und Ilka Bathge sitzen weiter auf dem Trockenen. Ihnen bleiben nur Erinnerungen.