Bielefeld

Top-Ligen für den Handball-Nachwuchs werden reformiert

Handball-Umschau: Der westfälische Verband hat für den Nachwuchs eine Strukturreform zur Saison 2020/21 beschlossen. Was Kritiker dazu sagen

Wird reformiert: Die B-Jugend Verbandsliga, hier eine Szene mit Paul Speckmann von der TSG. | © Peter Unger

19.02.2020 | 19.02.2020, 06:00

Bielefeld. Sportlicher Wettkampf lebt von der Chancengleichheit der Kontrahenten. Wenn Bayern München den SC Freiburg empfängt, besteht zumindest die Möglichkeit, dass der kleine Sportclub dem Rekordmeister einen Punkt abtrotzt. Wenn Minden-Nord, Tabellenführer in der B-Jugend-Verbandsliga, den Tabellenzehnten TuS Brake mit 35:16 und 22:12 bezwingt, steht der Sieger womöglich schon vor dem Anpfiff fest. Zu groß sind die Leistungsunterschiede innerhalb einer Klasse – und das ist nicht gut, findet der Handballverband Westfalen (HVW).

Der zahlenmäßig größte Landesverband hat eine Strukturreform beschlossen. Ab der Saison 2020/21 kommt es zu weitreichenden Veränderungen im Jugendspielbetrieb. „Sinkende Mannschaftszahlen insgesamt, teilweise zu eindeutige Qualifikationsergebnisse und große Leistungsunterschiede in den Staffeln und Klassen sind Indikatoren für eine notwendige Reform der Spielklassen", nennt Patrick Puls, Leiter des Jugendausschusses im HVW sowie Leiter des Jugendausschusses im Handballkreis Bielefeld-Herford, die Gründe für die Reform.

»Die Vereine wurden nicht angehört«

Die größten Auswirkungen wird sie auf die männliche B-Jugend haben. Aktuell spielen zehn Teams in der eingleisigen Oberliga-Westfalen, in drei Verbandsligen treten weitere 36 Teams an. Künftig wird es unterhalb der Oberliga zwei Verbandsligen á zehn Mannschaften geben, die nach regionalen Kriterien zusammengestellt werden. Statt wie bisher 46 Plätze für Verbands- und Oberliga werden in der Qualifikation für die Spielzeit 2020/21 also nur noch 30 ausgespielt. „Keine Frage, es fallen Plätze weg. Und durch die neue Bonusplatzregel sind bereits vier Oberligateilnahmen fest vergeben", sagt Puls. Es sei aber lediglich die Realität abgebildet worden. Klubs wie GWD Minden oder Handball Lemgo würden sich in aller Deutlichkeit qualifizieren, betont Puls. Für die Saison 2019/20 hatten sich in der B-Jugend westfalenweit 70 Teams für den Spielbetrieb im Verband beworben, für die 46 Plätze bereit standen. Nur 24 Mannschaften schieden im Qualifikationsprozess aus. Das Ergebnis: Ein starker Leistungsabfall in der B-Jugend-Verbandsliga.

Dass der Handballverband Westfalen reagieren musste, sieht Dirk Rabeneick, Jugendwart des heimischen Branchenführers TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck, ein. „Wir kritisieren nicht das ,ob’, sondern das ,wie’ der Reform. Die Vereine wurden nicht angehört. Vielleicht hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben, die Ziele zu erreichen", meint Rabeneick. Er befürchtet, dass noch mehr Talente noch früher in die Leistungszentren abwandern. „Es wird eine Konzentration von Talenten in Vereinen geben, die eine Teilnahme am hochklassigen Spielbetrieb garantieren können", befürchtet Rabeneick. Dagegen glaubt Puls nicht, dass die Reform diesen Trend verstärken würde. Das Ergebnis der Strukturreform soll eine Stärkung des Kreisspielbetriebs sein. „Wir wollen leistungsgerechte, ausgeglichene Spielklassen. Im Handballkreis Bielefeld-Herford können wir das durch unsere Kooperationsligen sicherstellen", meint Puls.

»Wir beobachten die Situation«

Neben den Jungs müssen auch die Mädchen der weiblichen B-Jugend Veränderungen akzeptieren. Statt 24 Mannschaften wird es in 2020/21 nur noch 18 geben, die in drei Vorrunden á sechs Teams antreten. Die Erst- und Zweitplatzierten qualifizieren sich für die Oberliga, in der der Westfalenmeister direkt ausgespielt wird. Halbfinale und Finale entfallen. „Eine eingleisige Oberliga nach dem Vorbild der Jungs war nicht mehrheitsfähig", betont Puls.

Ein weiteres Ziel der Reform ist eine Entlastung der männlichen A-Jugendlichen: Die Staffeln in Ober- und Verbandsliga werden um je zwei auf zehn reduziert. „Wir werden hier auch dem veränderten Freizeitverhalten und der häufigen Doppelbelastung der Jugendlichen gerecht", findet Puls. Die weibliche A-Jugend wurde, obwohl es hier die wenigsten Starter gibt, ebenso wenig reformiert wie die weibliche C-Jugend. „Wir beobachten die Situation", erklärt Puls. Für die Jungs der C-Jugend gilt, dass ein Drittel weniger Mannschaften am Verbands-Spielbetrieb teilnehmen können. Die nächste Reform kommt bestimmt!

INFORMATION


Unglückliche Niederlage für TuS 97 in Blomberg

HSG Blomberg-Lippe – TuS 97 Bielefeld/Jöllenbeck 28:27 (12:14). „Stimmung und Einstellung waren von Minute eins da. Wir haben stark verteidigt und als Team funktioniert", fand TuS-97-Coach Fabian Reinsberger. In einem insgesamt ausgeglichenen Spiel konnten die TuS-Mädels nach dem 12:11 (21.) immer wieder in Führung gehen. Nach dem 23:23 (42.) waren es aber die Lipper, die immer ein Tor vorlegten. Die Gäste überstanden zahlreiche Unterzahlsituationen und konnten durch Emma Pfennig acht Sekunden vor dem Ende ausgleichen – doch Blomberg traf mit dem Schlusspfiff ins Herz der TuS-97-Mädels. „Eine ärgerliche Niederlage", kommentierte Reinsberger, der den schnellen Anwurf nach dem Ausgleich als nicht regelkonform einstufte.

TuS 97: Pielsticker (13/3), Pfennig (10/1), Adam (2), Kleinalstede (1), Mardmöller (1).