
Bielefeld. Wer Bernard Jarczak kennt, weiß um seine Begeisterungsfähigkeit. Gestikulierende Hände, leuchtende Augen und immer ein Lächeln auf den Lippen - wenn der 58-Jährige über seine beiden großen Leidenschaften Fußball und Reisen redet, setzt er seinen gesamten Körper ein. An diesem Wochenende wird Bernard Jarczak erstmals seit 48 Jahren nicht vor einer Mannschaft sprechen oder selbst die Schuhe schnüren: Der gebürtige Pole nimmt eine Auszeit von seinem Leib-und-Magen-Sport und nutzte die frei gewordene Zeit zuletzt für eine Reise nach Südamerika.
Unterwegs in Mexiko, Kolumbien, Ecuador, Bolivien und Peru
"Ich liebe den Fußball immer noch und werde mir auch einige Spiele anschauen - nur nicht in verantwortlicher Position", sagt Bernard Jarczak, der das runde Leder während seines dreimonatigen Aufenthalts in Mexiko, Kolumbien, Ecuador, Bolivien und Peru kaum vermisst hat. Gemeinsam mit seiner Nichte, die bis vor kurzem als Reisemanagerin in Mexiko gearbeitet hatte, bereiste er die fünf Länder. "Für sie war es ein Abschluss, weil sie wieder nach Deutschland kommt. Für mich war es die Erfüllung eines Lebenstraumes", erklärt Jarczak. "Ich weiß noch genau, wie ich in der Schule durch den Atlas geblättert habe. Die Galapagosinseln, der Titicacasee oder Machu Picchu - da wollte ich immer hin." Dafür nahm er die Reisestrapazen gern in Kauf, verlor während der drei Monate fünf Kilogramm. Gerade die Reise zur heutigen Ruinenstadt Machu Picchu, die die Inka im 15. Jahrhundert erbauten, verlangten dem auf seine gute Grundkondition vertrauenden Ex-Fußballer viel ab. Aufstehen um fünf Uhr morgens, eine siebenstündige Reise im Kleinbus auf teils unbefestigten Wegen sowie viele Kilometer zu Fuß bis zur terassenförmigen Stadt auf 2.430 Metern Höhe. "Der Blick auf die Stadt entschädigt für alles. Es war traumhaft."
Als er am 25. Februar 1976 mit seiner Familie im Alter von 14 Jahren aus seinem Heimatdorf Ostrow Wielkopolski nach Deutschland kommt, gibt es für Bernard Jarczak vor allem eins: Fußball. Von der Flüchtlingsunterkunft in Lüdenscheid, wo er mit seinen Eltern und seinem Bruder in beengten Verhältnissen aufwächst, bis zum örtlichen Fußballverein sind es ein paar Kilometer. Nach acht Jahren im Ruhrgebiet geht es für Bernard Jarczak, der als Energieanlagentechniker sowie bei der Bundesmarine arbeitete, nach Bielefeld. Dort beginnt er ein Studium der Diplom-Sozialpädagogik. Seit 30 Jahren ist er mittlerweile in diesem Job unterwegs, aktuell ist er Einrichtungsleiter des Jugendmigrationsdienstes in Bielefeld. Fußballerisch tauchte er beim damaligen Verbandsligisten VfB 03, ein Stammverein des heutigen VfB Fichte, auf. "Peter Albersmeier war mein Trainer. Ich erinnere mich, wie ich zu Saisonbeginn eingewechselt wurde und mit meiner allerersten Ballberührung ein Tor geschossen habe", erklärt Jarczak, der über die Stationen FC Türk Sport zum VfL Theesen kam.
Über 40 Jahre rund um den Fußball tätig
Dort übernahm er 1996 auch seine erste Station als Coach der Minikicker. "Mein Sohn Jonas hat damals dort gespielt, so dass es genau gepasst hat. Bis zur C-Jugend war ich sein Trainer", erläutert Jarczak, der inklusive seiner Tochter Jana zwei Kinder hat. Exklusive eines fünfjährigen Engagements als sportlicher Leiter beim TuS Ost (2009 bis 2014) sowie zwei Jahren beim DFB als Stützpunkttrainer (2008 bis 2010) blieb er Theesen, wo er auch heute wohnt, treu.
"Ich mag Theesen und Bielefeld sehr. Es ist einfach schön hier zu leben", sagt Bernard Jarczak, dem auf seiner Reise die Vorzüge seiner europäischen Heimat vor Augen geführt wurden. Eine eigene, funktionierende Dusche, die soziale Absicherung sowie das Gesundheitssystem "sind ein Riesenvorteil. Ich habe in Südamerika einige Menschen kennengelernt, die nicht wussten, was sie am nächsten Tag essen sollen." . Auf der anderen Seite habe ihm die Freundlichkeit, Interessiertheit und auch große Herzlichkeit imponiert. "Man ist viel im Austausch, spricht mit den Leuten. Im Bus zum Beispiel ist es immer laut, es ist Leben in der Bude. Zurück in Deutschland ist mir dieser Gegensatz in der Bahn besonders aufgefallen, viele starren auf den Boden oder tragen Kopfhörer." Keine Frage: In diesen Momenten kann er mit seiner Begeisterungsfähigkeit nicht viel ausrichten.