Bielefeld

Sarah Kehde verlässt den TuS 97 - ein Wechsel mit Knalleffekt

Die Interimstrainerin des TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck wird den Klub aus mehreren Gründen verlassen und ihr Comeback als Spielerin in Minden geben

25.01.2018 | 25.01.2018, 07:10
Es zieht sie in die Ferne: Sarah Kehde verlässt den TuS 97 in Richtung Minden - nicht ohne mahnende Worte . - © Gregor Winkler
Es zieht sie in die Ferne: Sarah Kehde verlässt den TuS 97 in Richtung Minden - nicht ohne mahnende Worte . | © Gregor Winkler

Bielefeld. Unlogisch ist dieser Vereinswechsel beileibe nicht: Sarah Kehde, aktuell verletzte Spielmacherin und Interimstrainerin von Frauen-Verbandsligist TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck, wird sich - wie die NW am Montag exklusiv vermeldete - zur neuen Saison dem Oberligisten HSV Minden-Nord anschließen.

Lediglich der Moment der Bekanntgabe überrascht, hatte die Rückraumspielerin in der Vergangenheit, in der sie stets mit starken Leistungen auf dem Feld auf sich aufmerksam gemacht hatte, doch Angebote einiger Drittligisten ausgeschlagen. Erst kurz vor ihrer langwierigen Verletzung hatten sich Gerüchte, sie würde Jöllenbeck verlassen, erhärtet. Dann kam jedoch das vorübergehende Aus: Kreuzbandriss mit anschließender zweiter OP im Herbst.

Ihre Begründung, warum sie dem TuS jetzt doch den Rücken kehrt, ist differenziert: "Ich studiere noch ungefähr ein Jahr in Bielefeld. Da habe ich für mich die Chance gesehen, noch einmal einen anderen Verein kennen zu lernen", berichtet Kehde. Doch der zweite Teil ihrer Bekanntmachung lässt eine kritischen Blick in die Vereinsstruktur zu.

"Im Prinzip habe ich immer gerne in Jöllenbeck gespielt und dort ja auch den Großteil meiner Handballjugend verbracht", blickt Kehde, die später selber eine Jugendmannschaft übernahm, zurück. Dass sie in Minden eine bessere Perspektive ausgemacht hat, würde aber kaum an der aktuellen Ligazugehörigkeit liegen, berichtet Kehde und präzisiert: "Im Vorstand fehlt es an Respekt und Anerkennung gegenüber dem Frauenhandball in Jöllenbeck." Fahrtkostenerstattungen, Aufwandsentschädigungen, eine Beteiligung am Trainingslager oder, ganz simpel, das Wasser für Training und Spiel - die finanzielle und materielle Unterstützung bleibe dem Frauenhandball auch in Oberligajahren verwehrt. Tanja Höner, Damensprecherin des TuS 97, klammert Kehde in der von ihr geäußerten Kritik aus: "Sie ist in ihren Möglichkeiten innerhalb des Vorstandes eingeschränkt."

Dabei ist das Phänomen der Talentflucht trotz attraktiver Spielklassen und einer bekannt guten Jugendarbeit im weiblichen Bereich nicht neu. In Minden-Nord trifft Kehde auf ihre ehemaligen Mitspielerinnen Maren Grintz und Anna Lena Bergmann, die ebenfalls in Jöllenbeck ausgebildet wurden, den Verein nach ihrer Jugendzeit aber schnell verließen. Auch Kim Kopscheck oder Marleen Fräßdorf gingen einen ähnlichen Weg.

Vielleicht bietet sich in der Neubesetzung des Trainerpostens der Verbandsligamannschaft eine Chance, den Frauenhandball in Jöllenbeck deutlicher zu akzentuieren. Nach der von Vereinsseite forcierten Trennung von Sebastian Cuhlmann und Co-Trainer Ludwig Vogel mangelt es an Kontinuität auf dieser so wichtigen Position. Dass sich Kehde jetzt bereit erklärt hat, den Trainerposten des zurückgetretenen Benny Hücker interimsweise zu übernehmen, ist mutig: "Sarah ist eine klasse Spielerin, kann aber eine noch viel bessere Trainerin werden. Ihre Ansprache ist schon jetzt super", lobte Mirko Lenz nach ihrem Debüt im Kreispokal. So ist der Wechsel für den TuS 97 doppelt ärgerlich, verliert er nicht nur seine vielleicht beste Spielerin, sondern auch ein Trainertalent.