
Bielefeld. Im Ziel fließen die Tränen, und zwar reichlich. Bei Florian Bochert und so manchen, die ihm nahestehen. Der Bielefelder wird seiner Favoritenrolle beim 53. Hermannslauf in einer Zeit von 1:46:46 Stunden gerecht und stößt damit Rekordsieger Elias Sansar vom Thron. Der Detmolder, der bereits 16 Mal ganz oben auf dem Treppchen stand, lässt zwar erneut sein Kämpferherz auf den 31,1 Kilometern, hat aber in 1:47:26 Stunden das Nachsehen. Als Dritter läuft Henrik Hoffmann aus Arnsberg in 1:50:42 Stunden ins Ziel an der Sparrenburg ein vor dem Paderborner und Vorjahreszweiten Erik Peters (1:51:50).
Ziel-Moderator Thorsten Nöthling gerät völlig aus dem Häuschen, als er in der Ferne den schnellsten Läufer beim Einlauf auf der prall gefüllten Promenade am Laufstil erkennt: „Es ist so weit, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer: Wir haben einen neuen Sieger“, dröhnt seine Stimme aus den Boxen. „Florian Bochert vom TSVE Bielefeld ist der Sieger des 53. Hermannslaufs.“ Der ist vom Glück überwältigt, sinkt mit dem Kranz um den Hals weinend auf die Knie. „Es könnte mir nicht mehr bedeuten, als Bielefelder hier zu gewinnen“, sagt er.

In den vergangenen 18 Jahren hat mit zweimaliger Unterbrechung (2011 und 2015) der Gewinner „Elias Sansar“ geheißen. Der muss seine Enttäuschung im Ziel zunächst verwinden. „Wenn man so nah dran ist, will man auch gewinnen“, gibt der 45-Jährige unumwunden zu. „Aber ich habe es nicht mehr geschafft, die Lücke zuzulaufen.“
Bochert spürt nach der Hälfte der Strecke seine Beine
Bocherts Plan ist also aufgegangen. Der 24 Jahre alte Harvard-Student hat sich im Vorfeld eine Wie-schlage-ich-Elias-Sansar-Strategie zurechtgelegt. „Es war ein Ritt auf der Rasierklinge. Aber es hat funktioniert“, erzählt ein jetzt über beide Ohren strahlender Bochert. Bei seinem Debüt 2024 sei er nur Sansar hinterhergelaufen. Dann habe dieser ihn an den Treppen abgestellt. Das sollte nicht noch einmal passieren.
„Ich wusste, dass ich Druck draufgeben muss, um einen Vorsprung rauszulaufen. Ich wusste aber bis zuletzt nicht, ob ich den Abstand halten kann. Ich musste am Schluss beißen“, erklärt der Vorjahresdritte, der nach der Hälfte der Strecke seine Beine schon gespürt hat. Nach der ersten Bergab-Passage will Bochert den Vorjahreszweiten Erik Peters mit in seine Führungsarbeit einbinden. Doch der kann ihm an diesem Tag nur viel Glück wünschen und lässt ihn ziehen. „Ich hab schon am ersten Anstieg am Puls gemerkt, dass es heute schwierig werden würde“, erklärt der 33-Jährige.
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Vorjahreszweiter Peters lässt Sansar früh vorbeiziehen
Also lässt er auch Sansar vorbeiziehen und bildet mit Henrik Hoffmann und Timo Böhl eine Verfolgergruppe. „Wir sind recht gut zusammengelaufen, Timo hat bei Kilometer 22 abreißen lassen. Und bei mir ging auf den letzten vier Kilometern vor allem bergab nicht mehr viel, dann habe ich Henrik ziehen lassen.“ Die Zeit von 1:51:50 sei trotzdem gut, auch wenn er sich mehr vorgenommen habe.
„Der letzte Punch“ fehlt auch Jan Kerkmann. Der Bielefelder belegt am Ende in 1:53:53 Stunden Rang sechs hinter Timo Böhl von der LG Wittgenstein (1:53:40), sein Jubiläumslauf fällt aber eher in die Kategorie „schwere Beine“. Genossen hat der TSVEler ihn trotzdem. „Ich bin eine Weile am Sennerand mit Nils Brand gelaufen, da hatten wir einen guten Flow, das war echt schön.“ Brand von der ASG Teutoburger Wald wird in 1:55:41 Achter. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem letzten Hermannslauf“, erklärt der Familienvater. Brand will kürzertreten, lieber die Kinder bei deren Freizeit-Aktivitäten begleiten, als „die Sonntage auf der Laufstrecke zu verbringen“, begründet er seine Abschiedsvorstellung.
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Die wird Florian Bochert wohl so schnell nicht geben. „Als TSVE-Mitglied ist der Hermannslauf ja Pflicht“, sagt der 24-Jährige schmunzelnd. Von einer neuen Serie will er dennoch nichts wissen: „Es gibt so viele gute Läufer in OWL, denen ich den Sieg gönne. Ich werde noch häufiger mitlaufen, ob ich dann der Schnellste bin, sehen wir dann.“
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