Interview

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Wie es um den Hermannslauf 2021 steht

Almuth Stief und Emre Atsür haben als neue Doppelspitze die Organisation des Teutoklassikers übernommen. Im Interview sprechen sie über Planungsschwierigkeiten in Coronazeiten und langfristige Visionen.

Mit Herzblut, Engagement und Visionen gehen Almuth Stief und Emre Atsür die Organisation des Hermannslaufs an.  | © Sarah Jonek

Stephanie Fust
08.12.2020 | 08.12.2020, 22:00

Frau Stief, Herr Atsür, Ihnen ist OWL liebstes Kind anvertraut worden. Machen Sie sich doch gern mit einer positiven Nachricht bei Rekordsieger Elias Sansar und der gesamten Läufer- und Wandererszene beliebt. Findet der 49. Hermannslauf im Jahr 2021 statt?

Almuth Stief: Ich denke, es werden alle verstehen, dass wir bei dem aktuellen Infektionsgeschehen keine definitiven Aussagen treffen können. Aber wir bereiten alles so vor, als wenn der Lauf stattfinden würde. Ob und in welcher Form wir ihn durchführen dürfen, kann sich erst kurzfristig entscheiden.

Wie plant man so einen großen Lauf, ohne zu wissen, was im April möglich sein wird?

Stief: Wir fangen jetzt an, Entscheidungen zu fällen, Dinge in die Wege zu leiten, wohlwissend, dass dies alles umsonst sein könnte. Aber dieses Schicksal teilen wir ja mit vielen anderen. Ich erinnere an den Bielefelder Weihnachtsmarkt. Bielefeld Marketing hatte viele Ideen für eine Umsetzung unter Corona-Bedingungen und jetzt fällt der Markt komplett aus.

Auf welche Szenarien können sich Läuferinnen und Läufer sowie Wanderer vorbereiten?

Stief: Wir möchten vor allem das Signal aussenden: Bitte lauft weiter, trainiert weiter! Geht davon aus, dass der Lauf stattfindet! Wir hoffen, dass sich die Lage zu Beginn des neuen Jahres entspannt, vielleicht auch durch einen Impfstoff. So dass wir dann verlässlichere Aussagen über das Wie treffen können. Wir haben vieles im Kopf. Von digital bis präsent mit der üblichen Teilnehmerzahl ist theoretisch alles möglich. Aber seien wir ehrlich, ein Hermannslauf 2021 mit 7.000 Teilnehmern ist momentan schwer vorstellbar. Aber wir planen es nicht raus.

Dann verschiebt sich auch das Anmeldedatum?

Stief: Der Termin Anfang Januar ist gecancelt. Das wäre in vier Wochen, da wissen wir noch nichts. Wir wollen die Läuferinnen und Läufer nicht erneut in die Situation bringen, für etwas zu bezahlen, das sie am Ende nicht erhalten.
Emre Atsür: Aber natürlich können wir mit der Anmeldung nicht bis Anfang April warten. Wir werden einen Termin wählen, mit dem wir uns wohlfühlen. Vielleicht, wenn die Infektionszahlen runtergegangen sind.

Ist eine Verlegung in den Herbst eine Option?

Stief: Das ist aus zweierlei Gründen für uns keine Alternative. Da gibt es zum einen den Bestandsschutz für Laufveranstaltungen. Wenn in einem bestimmten Umkreis andere Läufe stattfinden, dürfen wir nicht zeitgleich den Hermannslauf ansetzen. Diese Regelung sichert uns ja auch den Termin im April. Zudem sind wir alle der festen Überzeugung, dass zur Marke Hermannslauf die Austragung am letzten Aprilsonntag gehört.

Herr Atsür, Ihr Aufgabenschwerpunkt ist die Vermarktung des Teutolaufs. Wie schwierig ist es derzeit, Sponsoren bei Laune zu halten, geschweige denn neue hinzuzugewinnen?

Atsür: Drei, vier Sponsoren unterstützen den Hermannslauf schon sehr lange. Diese sind auch bereit, das weiterhin zu tun. Sie sind aktuell sehr verständnisvoll. Trotzdem müssen wir zu gegebener Zeit Kompromisse finden, sollte der Hermannslauf nicht wie gewohnt stattfinden können. Mein Ziel ist es, auch in dieser schwierigen Zeit neue Partner zu finden. Aber momentan kann ich nur sensibilisieren, nichts abschließen. Ich sehe meine Aufgabe aber langfristig angelegt. Der Hermannslauf ist mega-erfolgreich, warum sollten wir das nicht nutzen.

Wo sehen Sie noch Potenzial?

Atsür: Im Bereich der Digitalisierung hat der Verein Nachholbedarf. Wir müssen auf Instagram, auf Facebook präsent sein und auch auf diesen Plattformen gesehen werden. Die Website reicht da nicht aus.

49 Jahre lang ist der Hermannslauf ausschließlich von ehrenamtlich Tätigen gestemmt worden. Auch das zählte zur Marke. Woher kommt der Sinneswandel, jetzt bezahlte Kräfte zu installieren?

Atsür: Den Anstoß hat das bisherige Orgateam selbst gegeben. Die Anforderungen an die Leitung sind in den vergangenen Jahren immer mehr gestiegen. Die Belastung für die bisher Verantwortlichen, die voll berufstätig sind, war immens.

Und wie sind Sie beide ins Spiel gekommen?

Atsür: Es war dem Vereinsvorstand wichtig, dass die neue Leitung einen TSVE-Hintergrund und eine Verbindung zum Hermannslauf hat. Es ist jetzt auch keine hoch dotierte Stelle. Da steckt viel Herzblut drin. Aber das bisherige Orgateam macht weiter und unterstützt uns mit Rat und Tat.
Stief: Ich möchte auch nochmal betonen, dass die ehrenamtliche Leistung des Orga-Teams nicht hoch genug bewertet werden kann. Das war schon eine Nummer. Die langfristige Perspektive, die wir beide für den Hermannslauf im Kopf haben, wäre aber im Ehrenamt nicht möglich gewesen. Und der Lauf kann eine Auffrischung vertragen. Er hat ein gutes Standing, da ist noch vieles rauszuholen, ohne den Kern des Charakters zu verändern.

An welchen Schrauben würden Sie drehen?

Stief: Ziehen wir einen Vergleich zu anderen Sportarten, den Fußball zum Beispiel. Es wird sich nie ändern, dass die Mannschaft, die mehr Tore schießt, gewinnt. Und an den 90 Spielminuten wird sich auch nichts ändern. So wird es beim Hermannslauf auch sein. Die Strecke, sofern uns die Natur lässt, wird so bleiben. Die Distanz von Detmold nach Bielefeld wird bleiben. Aber das Drumherum gibt uns Veränderungsspielraum. Der Hermannslauf ist eine Großveranstaltung, die 10.000 Zuschauer anzieht. Das Rahmenprogramm lässt sich optimieren.

Was schwebt Ihnen vor?

Stief: Noch nichts Konkretes. Jetzt liegt unser aller Fokus darauf, nächstes Jahr überhaupt einen Lauf an den Start zu bekommen.

INFORMATION


Die neue Orgateam-Doppelspitze
Almuth Stief und Emre Atsür haben im Frühjahr die Leitung des Hermannslaufes übernommen. Beide sind seit vielen Jahren Mitglied im Ausrichterverein TSVE 1890 Bielefeld. Stief (38), die dem Organisationsteam als Nachfolgerin von Daniel Skakavac vorsteht, arbeitet hauptberuflich beim Stadtsportbund Bielefeld und verantwortet den Bereich der Offenen Ganztagsschulen.
Emre Atsür leitet seit 2012 die Basketballabteilung des TSVE und ist im Verein zudem zuständig für Sponsoring, Außendarstellung und Partnersuche. In dieses Tätigkeitsfeld integriert er jetzt den Teutolauf. Darüber hinaus betreut der 39-Jährige als Bundestrainer die U17-Basketballer.