Arminia Bielefelds Mutzel vor Pokalfinale: „Ich habe beim VfB Stuttgart nicht alles richtig gemacht“

Bielefeld. Fast 21 Jahre sind vergangen, seit der Mittelfeldspieler Michael Mutzel seine Zelte beim VfB Stuttgart abgebrochen hat. 24 Jahre alt war er damals. Nun sieht man sich wieder. Im DFB-Pokalfinale. &bdquo;Ich weiß, wie unfassbar groß und stark dieser Verein ist“, sagt der 45-Jährige über seinen früheren Klub. Doch der heutige Sport-Geschäftsführer des DSC Arminia Bielefeld weiß auch: Die Ostwestfalen sind in Berlin zwar Außenseiter, aber keineswegs chancenlos. Zwei Jahre stand Mutzel, der zuvor bei Eintracht Frankfurt gespielt und parallel eine Lehre zum Bankkaufmann absolviert hatte, bei den Stuttgartern unter Vertrag. Es war für ihn eine schöne, erfolgreiche, lehrreiche und schwierige Zeit zugleich, sagt er. Schön, weil er unter anderem seine Frau Karolin in Stuttgart kennenlernte. Erfolgreich, weil der VfB in Mutzels erster Saison 2002/03 im Finale gegen den französischen Klub OSC Lille den UI-Cup gewann und sich als Vizemeister für die Champions League qualifizierte. Lehrreich, weil er viel mitgenommen hat, von dem bei Arminia andere heute profitieren. Und schwierig, weil der Körper längst nicht immer mitspielte. Der insgesamt 92-fache Bundesligaspieler (ein Tor, sieben Torvorlagen) hatte immer wieder mit Knieproblemen zu kämpfen, die einer womöglich noch erfolgreicheren Karriere im Weg standen. Mit dem VfB Stuttgart hat Mutzel schon einen Titel gewonnen So aber blieb der Gewinn des UI-Cups neben der Zweitligameisterschaft 2007 mit dem Karlsruher SC sein einziger Titel als Profi. Kam Mutzel in seiner ersten VfB-Saison auf immerhin 16 Einsätze, blieb er in der darauffolgenden Bundesligaserie ohne Spielzeit. &bdquo;Leider hatte ich Probleme mit Verletzungen, weshalb ich fast ein Jahr pausieren musste“, sagt er und räumt zudem selbstkritisch ein: &bdquo;Ich war noch ein junger, vielleicht auch noch ein bisschen dummer und unerfahrener Spieler, der den Fokus nicht immer hundertprozentig auf den Fußball gerichtet hatte. Mir war gar nicht bewusst, was das auch für eine Chance für mich war, in dem Alter bei diesem Verein zu spielen.“ Er habe im Nachhinein betrachtet &bdquo;nicht alles richtig gemacht. Aber ich habe in Stuttgart viel gelernt. Und das kann ich jetzt auch an unsere jungen Spieler weitergeben.“ Mutzel ist neben den ehemaligen Bundesligaprofis Noah Sarenren Bazee (FC Augsburg, Hannover 96) und Nassim Boujellab (Schalke 04) der einzige Armine, der Erfahrungen auf höchstem nationalen Niveau gesammelt hat. Im Hinblick auf das Megaevent Pokalfinale kann das von großem Wert sein. Es sei die Aufgabe der Verantwortlichen, dass die Spieler &bdquo;vorbereitet sind auf das, was kommt, und man nicht erschrickt, wenn man ins Olympiastadion einläuft“. Arminia-Sportchef Mutzel: &bdquo;Man wird ein bisschen erdrückt - aber positiv“ Dass der DSC im Endspiel steht und sich nun dem Rummel ausgesetzt sieht, den dieses Ereignis mit sich bringt, sei &bdquo;ein bisschen surreal“, man werde &bdquo;ein wenig erdrückt - aber positiv“, sagt Mutzel. Beim Cup Handover in der vergangenen Woche in Berlin sei das ganz besonders zu spüren gewesen. &bdquo;Ein tolles Event“, urteilt er über die Veranstaltung im Roten Rathaus, bei der der Pokalsieger des Vorjahres (Bayer Leverkusen) die Trophäe wieder an die Stadt Berlin übergab und zu der Vertreter beider Finalisten der laufenden Saison eingeladen waren, darunter Mutzel. Arminia sei dort &bdquo;sehr viel Wertschätzung und Respekt“ entgegengebracht worden, &bdquo;es hat sich sehr gut angefühlt“. Mit Video: &bdquo;Almgeflüster“: Hans-Jürgen Laufer über Arminias Höhenflug und das große Pokalfinale Es besteht kein Zweifel, dass der DSC verdient im Finale steht, &bdquo;und so sind wir auch behandelt worden. Das macht einen stolz. Und trotzdem wollen wir das Spiel gewinnen, auch wenn wir der Außenseiter sind“, erklärt der gebürtige Memminger vor dem Duell gegen seinen Ex-Klub. Arminia ist ein Außenseiter mit Ambitionen Ein Außenseiter mit Ambitionen ist Arminia also. &bdquo;Wir spielen fleißig und intensiv Fußball, sind stabil und stark und schon auch selbstbewusst“, betont Mutzel. &bdquo;Aber die Stuttgarter haben lauter Nationalspieler und in dieser Saison schon die Champions-League-Hymne gehört. Es erwartet jeder, dass der VfB das Spiel gewinnt, und das ist ja auch gerechtfertigt.“ Aber: &bdquo;Wir haben nichts zu verlieren.“ Stuttgart dagegen schon. Denn während für den DSC die mit einem Pokalsieg einhergehende Qualifikation für die Europa League ein Geschenk wäre, ist sie für den Vorjahresvizemeister VfB eigentlich Pflicht. Lesen Sie auch: Arminia und DFB lassen Schwarzmarkt-Tickets für das Berliner Pokalfinale sperren Stichwort Europa: Inwieweit beeinflusst die mögliche Zusatzbelastung auf internationalem Parkett Arminias Sport-Geschäftsführer eigentlich in puncto Kaderplanung? &bdquo;Ich habe ein sehr gutes Gefühl, was den Kader betrifft. Wir haben keinen Druck oder Stress, weil wir das Team so gut wie zusammenhalten können“, entgegnet Mutzel. &bdquo;Und für die Themen, die wir angehen müssen, haben wir auch nach der Saison noch Zeit, auch wenn wir im Hintergrund natürlich schon daran arbeiten. Wenn die Europa League tatsächlich auf uns zukommen würde, dann müssten wir vielleicht noch mal ein bisschen anders planen. Aber das machen wir dann auch gerne.“ Gleichwohl verhehlt der dreifache Familienvater nicht, dass er sich auch auf die Pause freue, die bald auf ihn und alle Arminen zukommt. &bdquo;Wenn alles vorbei ist, auch das Landespokalfinale (Arminia empfängt am 29. Mai die Sportfreunde Lotte), dann legen sich wahrscheinlich alle erst mal für ein paar Tage flach auf den Boden, weil es gerade extrem intensiv ist für jeden im Verein“, erklärt Mutzel. Gefühlsausbruch bringt Mutzel Sympathiepunkte ein Wie sehr ihn seine knapp zwei Jahre in Bielefeld gefordert und unter Strom gesetzt haben, entlud sich unlängst in einem TV-Interview, das er nach dem feststehenden Aufstieg in die 2. Liga gab. Mutzel, der mit Arminia im Vorjahr nur knapp dem Abstieg in die Regionalliga entgangen war, hatte Tränen in den Augen, die Stimme brach ihm weg. Mensch, Mutzel! Es war ein Moment, der dem in der Regel betont nüchtern-sachlich auftretenden Architekten des Bielefelder Erfolges eine Menge Sympathiepunkte eingebracht hat.

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