Arminia Bielefelds 1960er-Jahre: Aus dem Amateurfußball in die Bundesliga

Bielefeld. Arminia Bielefeld passte sich in den 1960er-Jahren der allgemeinen Lage im Land an. Es boomte in allen Bereichen. Das Wirtschaftswunder war schier grenzenlos und bereitete den Bürgern Wohlstand, den es in dieser Form zuvor noch nie gegeben hatte. Arminia lieferte entsprechende Leistungen auf dem Platz. Die Fans durften sich endlich wieder über überraschende Ergebnisse ihrer Idole freuen. 1962 wurde die neue Epoche eingeleitet. Nach sieben Jahren Lethargie im Amateurfußball gelang dem Klub die Rückkehr in den bezahlten Fußball. Im Vorfeld hatte es unter den Mitgliedern reichlich Diskussionsstoff bezüglich der finanziellen Machbarkeit eines Aufstieges gegeben. Mit 316 Ja- bei 26 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen sprach sich eine große Mehrheit für das Abenteuer Profifußball aus. In der Saison 1962/63 war es der Verdienst von Trainer Hellmut Meidt, dass Arminia nicht sofort wieder den Gang in die Amateurklasse antreten musste. Der DFB hatte für die folgende Spielzeit neben der Bundesliga die Einführung der Regionalliga als deren Unterbau beschlossen. Voraussetzung dafür war mindestens Platz sieben. Der schien unerreichbar zu sein. Ende März 1963 lag Arminia noch hoffnungslos abgeschlagen auf dem vorletzten Platz. Arminia Bielefeld entscheidet Sonnenschlacht für sich In größter Not erinnerte sich der Vorstand an Hellmut Meidt, der zehn Jahre zuvor schon gute Arbeit als Trainer auf der Alm geleistet hatte. Und die &bdquo;Mission Impossible“ ging tatsächlich auf. Arminia gewann acht der verbleibenden neun Spiele. In einer zermürbenden Sonnenschlacht schlug der DSC am 16. Juni 1963 vor 14.000 Zuschauern im entscheidenden Spiel Dortmund 95 mit 4:1. Der Aufstieg in die Regionalliga war perfekt. Auch interessant: Spurensuche zu Arminias nationalsozialistischer Vergangenheit Meidt, dessen Markenzeichen zunächst der prägende Hut und später die Schirmmütze war, traf mit einer Mischung aus Väterlichkeit und Disziplin genau den richtigen Ton. In der Vorbereitung auf anstehende Spiele stimmte er seine Kicker mit Kick-Tipp-Spielfiguren auf die taktische Ausrichtung ein. Diese Methodik fand riesigen Anklang. Die Spieler um Bernd Kirchner, Peter Dammann oder Dieter &bdquo;Stopper“ Schulz gingen durch dick und dünn mit ihrem &bdquo;Papa“. Zu seinem Abschied im Mai 1965 überreichten sie dem Ehrenmann aus Dankbarkeit ein Bilderbuch der gesamten Mannschaft mit persönlichen Anmerkungen. Auf den großen Sprung muss Arminia Bielefeld warten Kaum in der Regionalliga angekommen, träumten viele Arminen bereits vom Aufstieg in die Bundesliga. Diesem Größenwahn war letztlich auch Meidt zum Opfer gefallen. Er musste im Herbst 1964 einer demütigen Vereinbarung zustimmen, dass er bei der Aufstellung der Mannschaft mehrheitlich vom Spielausschuss überstimmt werden konnte. Dieser von höchster Stelle initiierte Autoritätsverlust führte schließlich zu seiner freiwilligen Demission am Saisonende. Lesen Sie auch: Historiker arbeitet NS-Vergangenheit von Arminia Bielefeld auf In der Regionalliga spielte Arminia jahrelang in der oberen Tabellenhälfte mit. Der ganz große Sprung sollte erst 1970 gelingen. In den Jahren dazwischen hatte Ernst &bdquo;Johnny“ Kuster die Schlagzeilen bestimmt. Der gebürtige Gelsenkirchener wechselte 1966 von Hessen Kassel nach Ostwestfalen und erzielte Tore wie am Fließband. Dreimal hintereinander avancierte der Mittelstürmer zum Torschützenkönig der Regionalliga West. Letztlich machte er den auch von allen erträumten Aufstieg in die Bundesliga perfekt. Mit drei Treffern in der Aufstiegsrunde hatte er maßgeblichen Anteil am bis dahin größten Erfolg in der Vereinsgeschichte. Arminen rollen in Oldtimern auf den Rathausplatz Wie auch Bernd Kirchner kam Kuster mit der rabiaten Fußball-Philosophie von Trainer Egon Piechaczek nicht zurecht, der im Dezember 1969 die Regie übernommen hatte. Im ersten Bundesligajahr spielte Kuster noch 20 Mal für den DSC und erzielte acht Tore. Danach beendete er seine Karriere. Seine 111 Tore im DSC-Dress wurden erst 2018 von Fabian Klos übertroffen. Bernd Kirchner hingegen bestritt am 19. April 1970 beim 2:0-Sieg gegen den VfL Bochum sein letztes Spiel für Arminia. Am 28. Juni 1970 säumten 50.000 Fans bei strömendem Regen die Straßen der Stadt und jubelten den Aufstiegshelden zu, die in offenen Oldtimern zum Rathausplatz rollten. Am Tag zuvor hatte der DSC das entscheidende Aufstiegsrundenspiel mit 2:0 bei Tennis Borussia Berlin gewonnen. In dieser euphorisierten Atmosphäre blieben warnende Stimmen ungehört. Fakt war aber, dass es Arminia nach dem Einzug in den Kreis der Etablierten an vielen, wenn nicht sogar allen Voraussetzungen fehlte: Die Alm verfügte über keinen überdachten Sitzplatz, Flutlicht gab es nur bei der Konkurrenz, das Fassungsvermögen war zu gering. Die Alm musste ausgebaut werden. Dringend erforderliche personelle Verstärkungen ließen sich durch eine angespannte Finanzsituation nicht zufriedenstellend realisieren. Arminia sollte im Fußball-Oberhaus einen schmerzvollen Ritt auf der Rasierklinge hinlegen. Lesen Sie auch die anderen Teile der Arminia-Serie: Erstes Spiel auf dem Bielefelder Kesselbrink – wie bei Arminia alles begann Wie der Erste Weltkrieg Arminias Höhenflug stoppte &bdquo;Butterbürste“ und Alm-Auftrieb: Arminias Goldene Zwanzigerjahre Arminia Bielefeld in der NS-Zeit: Als Fanatiker das Kommando übernahmen Zwischen Rassenwahn und Wiederaufbau: Das waren Arminia Bielefelds 40er-Jahre Die 1950er-Jahre: Die Wirtschaft boomt, Arminia Bielefeld floppt

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