
Bielefeld. Wolfgang Pohl zählt zu den beneidenswerten Menschen, für die Planung zu den wesentlichen Komponenten des Lebens gehören. „Sie gab und gibt mir Sicherheit und Struktur - im Beruf, privat und auf dem grünen Rasen. Meistens bin ich mit meinen Konzepten auch ganz gut gefahren“, sagt der gebürtige Espelkamper. Diese Qualitäten bewies Pohl von 1973 bis 1985 in 365 Spielen mit 20 Toren für Arminia Bielefeld zumeist als defensiver Mittelfeldspieler oder aber auch in der Innenverteidigung. Am heutigen Montag feiert der Ur-Armine mit dem Spitznamen „Latscher“ seinen 70. Geburtstag.
Natürlich gab es auch Gabelungen vor Entscheidungsprozessen „die meinen Lebensweg durchaus in andere Bahnen hätten lenken können“, sagt Pohl. Möglicherweise hat Deutschland deshalb auf einen starken Handballspieler verzichten müssen, denn der junge Ostwestfale galt sowohl mit dem kleineren Handball, dem Zelloluidball im Tischtennis und in etlichen Leichtathletikdisziplinen als großes sportliches Talent. „Ein Herbert Lübking hat bei meinen Eltern aber nie angeklopft, um mich zu GWD Minden zu holen“, erzählt Pohl.
Trainer Ehrhard Ahmann fördert Pohl bei Arminia
Stattdessen meldete sich Arminia Bielefeld in Person von zwei Talentscouts. Hans Milberg und Hansi Büttner hatten den Jungspund schon längere Zeit auf dem Zettel. Beide lieferten ihm und seinen Eltern überzeugende Konzepte. Die Entscheidung pro Fußball war gefallen. Seine bemerkenswerte Fußballkarriere nahm 1970 ihren Lauf.
Der Anfang war jedoch alles andere als ein Zuckerschlecken. Von morgens sieben bis um 17 Uhr absolvierte er eine Lehre als Industriekaufmann. Danach ging es für ihn drei Mal in der Woche nach Bielefeld - mit dem Zug zum Training. Erst nach 22 Uhr war er wieder daheim. „Es war sicherlich kein Wunschkonzert, sagt Pohl, „aber diese Zeit hat mich geprägt. Ich lernte Selbstdisziplin.“
Das Glück, zum richtigen Zeitpunkt präsent zu sein, begegnete ihm auch 1973. Trainer Ehrhard Ahmann hatte zur Aufstockung seines Kaders die Wahl zwischen dem damals 30 Jahre alten Routinier Dieter Reh und dem Youngster aus Espelkamp. Ahmann entschied sich für das Talent. Pohl: „Es war wie bei einem Münzwurf. Er fiel zu meinen Gunsten aus.“ Seine Fähigkeit, als technisch versierter Defensivspieler von hinten das Spiel zu öffnen, hatte Ahmann überzeugt.
Pohl blieb Arminia Bielefeld treu
Pohls Neugierde beschränkte sich fortan nicht ausschließlich auf sein Profi-Dasein. Er pflegte auch andere Interessen. Halbtags arbeitete der gelernte Industriekaufmann in der Debitorenabteilung bei Oetker, ehe es zum Training ging. Pohl schmunzelt, wenn er sich an seine früheren Nebengeschäfte erinnert. „Ich gründete den ersten Fanshop, verkaufte Anzeigen für Arminias Stadionzeitschrift und vermittelte meinen Mitspielern Termine für Autogrammstunden.“ Eine Werbeagentur mit phasenweise zehn Mitarbeitern und ein gemeinsam mit seinem Teamkollegen Roland Peitsch geführtes Reisebüro waren weitere Spielfelder des umtriebigen Profifußballers.
„Es war damals eine andere Zeit“, erinnert sich Pohl. „Die damalige Professionalität im Fußball ist mit der heutigen überhaupt nicht vergleichbar.“ Pohl fühlte sich bei Arminia mit seinen geduldeten Freiräumen pudelwohl. Deshalb wechselte er auch nie den Verein und beendete 1985 nach dem Abstieg in die 2. Bundesliga seine Karriere. „Ich habe die erfolgreichste Zeit von Arminia mit zwei achten Plätzen 1983 und 1984 miterlebt. Was will man mehr.“

Das Freundschaftsspiel 1975 gegen Real Madrid bezeichnet er als sein „persönliches Highlight. Als 20-Jähriger spielte ich gegen Günter Netzer und bekam nach dem Abpfiff sogar dessen Trikot.“ Pohl war aber auch Teil von einigen tragischen Auftritten der Bielefelder Arminia. „Der Relegations-Dreierpack 1977 mit den Resultaten 4:0, 0:4 und 0:2 gegen 1860 München ging schon an die Nieren.“ Eben so das 1:11-Debakel in Dortmund. „Es ist schon ein Kunststück, in den zweiten 45 Minuten zehn Gegentore zu kassieren“, erinnert sich Pohl. Sein Gegenspieler hieß Manfred Burgsmüller. Er erzielte fünf Tore. „Solche Ereignisse lassen sich nicht ausradieren. Sie sind fester Bestandteil meines Lebens.“
Traum vom Arminia-Job erfüllt sich nicht
Von 1990 bis 2016 war er als Marketing-Direktor für einen Bielefelder Verlag tätig, der Lifestyle-Magazine aus den Bereichen Essen, Trinken und Reisen herausbringt. Sein folgendes Rentner-Dasein wollte er nicht als verschrobener Rosenzüchter („Dafür bin ich zu unbegabt“) verbringen. Seit fast sechs Jahren ist Pohl daher wieder im vertrauten Metier unterwegs und als Marketing-Chef bei der falkemedia Fräulein Medien GmbH in Kiel tätig. Im „Sylt-Fräulein-Magazin“ verrät eine Insiderin Lieblingsorte und Geheimtipps dieser beliebten Insel. Somit schließt sich für Wolfgang Pohl ein Kreis, zumal Sylt für ihn eine besondere Bedeutung besitzt. Die Insel ist sein Lieblingsort. „Dort habe ich 1976 meine Frau kennengelernt.“
Ein Plan hat sich indes für ihn nicht realisieren lassen. Eine Tätigkeit bei Arminia nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn wäre sicherlich maßgeschneidert gewesen. „Es hat aber nicht sollen sein“, bedauert Pohl. „Mein Leben ist aber auch so gut gelaufen.“ Recht hat er.