Arne Friedrich: Aus der Provinz über Arminia in die große Fußballwelt

Bielefeld. Biografien verlaufen höchst selten gradlinig. Auch für Profifußballer gilt dieses Gesetz des Lebens. Arne Friedrich, gebürtiger Bad Oeynhausener, hat diesen Werdegang, plötzlich aus der Komfortzone des Daseins gerissen zu werden, erleben müssen. Sein Schicksalsjahr war 2013. &bdquo;Etliche persönliche Rückschläge haben mich getroffen und letztlich geprägt. Ich habe mich neu ausrichten müssen und einen neuen Weg gefunden“, blickt der 44-Jährige auf diese intensive Zeit zurück. Seine Fußballkarriere nahm den gewohnten Verlauf von großen Talenten, die mit viel Disziplin und natürlich auch Förderern zur rechten Zeit den Aufstieg zum Traumberuf tatsächlich schaffen. Heiko Grätz in Bad Oeynhausen war ein solcher Mentor. Gleiches gilt für Reinhard Schröter, der auch von den Fähigkeiten des jungen Arne überzeugt war. &bdquo;Nase“, wie Schröter von allen nur genannt wird, räumte dem Youngster (&bdquo;Ich war immer der Kleinste. Ich bin erst mit 16 gewachsen“) als Trainer der in der Landesliga spielenden zweiten Mannschaft des FC Gütersloh etliche Spielanteile ein. 1999 wechselte Schröter als Co-Trainer von Uli Sude zum SC Verl. &bdquo;Er fragte mich, ob ich ihn nicht dorthin begleiten wolle“, erzählt Friedrich. Es sollte sich als eine gute Wahl erweisen. Gleich in einem seiner ersten Spiele für den SC Verl gelang dem Abwehrspieler der entscheidende Siegtreffer zum 6:5 im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach. Die Pokalsensation der ersten Runde am 31. Juli 1999 war perfekt. Wechsel zu Arminia im Jahr 2000 Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte Arminia Bielefelds damaliger Trainer Hermann Gerland den jungen Spund auf seinem Zettel. Ein knappes Jahr später wagte Friedrich seinen nächsten Karriereschritt. Er wechselte zum Zweitligisten Arminia. Bereits zu dieser Zeit stand die junge Linn aus Bad Eilsen an seiner Seite. Sie war ihm eine große Stütze, &bdquo;denn das körperlich anstrenge Training unter Gerland mit langen Laufstrecken schlauchte mich stark“, erinnert sich Friedrich. Mit Massimo Porcello zählte ein ehemaliger Gütersloher Mitstreiter auch zu den Zugängen. &bdquo;Wir haben uns in schwierigen Situationen geholfen und zusammen gestanden“, sagt Friedrich. Auf Gerland folgte Benno Möhlmann und 2002 der Aufstieg in die Bundesliga. Nach 47 Spielen für die Ostwestfalen zog es Arne Friedrich in Richtung Berlin. Seine große Fußballkarriere sollte beginnen. &bdquo;Ich hatte auch Anfragen aus Freiburg, Mönchengladbach und von den Bayern“, sagt Friedrich. Er entschied sich aber für Hertha BSC, &bdquo;weil ich mir dort die größten Chancen ausrechnete“. Zunächst erlebte der Junge aus der Provinz in der Weltmetropole Berlin einen Kulturschock. &bdquo;Erstmals sah ich zwei Männer händchenhaltend über den Ku`Damm schlendern. Das war für mich damals krass, so etwas habe ich in dem kleinen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, noch nicht gesehen“, beschreibt er diese Begegnung. Seine Reifeprüfung legte er wenig später im ersten Spiel für Hertha vor 80.000 Zuschauern in Dortmund ab. Bandscheibenvorfall beendet nach 82 Länderspielen die Karriere Friedrich, ab 2004 Kapitän, blieb trotz guter Angebote aus dem Ausland acht Jahre in Berlin, &bdquo;weil der Wohlfühlfaktor für Linn und mich dort ausschlaggebend war“. Nach 231 Spielen für die Hertha waren der VfL Wolfsburg und Chicago Fire seine letzten Stationen im Profifußball. Unmittelbar nach dem Wechsel von Bielefeld nach Berlin startete auch seine Karriere in der Nationalmannschaft. Er kann auf eindrucksvolle Zahlen verweisen: 82 Länderspiele, ein Tor, WM-Dritter 2006 und 2010, Vizeeuropameister 2008. &bdquo;Mit dieser Bilanz bin ich sehr zufrieden, obgleich ich noch gerne die WM 2014 in Brasilien mitgemacht hätte.“ Wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls an der Lendenwirbelsäule musste er 2013 nach seinem Gastspiel in den USA die Karriere beenden. &bdquo;2013 - das Jahr meiner Veränderungen.“ Gleich knüppeldick traf es den bisher vom Glück verwöhnten Friedrich. Neben seinen gesundheitlichen Problemen musste er auch nach 14 Jahren die Trennung von seiner Freundin Linn verkraften. &bdquo;Alles, was ich am meisten geliebt hatte, war von heute auf morgen vorbei“, erzählt Friedrich. Er musste sich neu erfinden. Der Glaube war ihm dabei eine große Hilfe. Er ist ein fester Bestandteil seines Lebens geworden. Er ist sonntäglicher Kirchgänger. Er betet regelmäßig und liest täglich nach dem Frühstück einige Minuten im Alten und Neuen Testament. Eigene Stiftung als Herzensangelegenheit Arne Friedrich wagte Neues. Mit dem Rucksack reiste er durch Guatemala, er machte seine Trainerscheine, wurde Partner einer Marketingfirma, arbeitete als TV-Experte für das amerikanische und chinesische Fernsehen und hat einen eigenen Podcast. Zwischenzeitlich war er ab November 2019 unter Jürgen Klinsmann zunächst als Performance Manager, dann als Sportdirektor bei Hertha BSC aktiv. Im März 2022 erfolgte die einvernehmliche Trennung, da er seinen Einfluss auf Entscheidungen als zu gering einstufte. Seine größte Herzensangelegenheit ist aber die von ihm 2015 gegründete Arne-Friedrich-Stiftung. Mit diesem Engagement möchte er die Gesellschaft für wichtige Themen rund um die Kinder sensibilisieren. Schwerpunktthemen seiner Arbeit sind unter anderem die Kinder- und Jugendhospizarbeit. Die Arne-Friedrich-Stiftung unterstützt das ambulante Kinderhospiz Haus LEO der Caritas in Berlin sowie auch Themen rund um Bildung und Integration. Gemeinsam mit der Bürgerstiftung Berlin wurde ein spezielles Programm entwickelt, bei der Schüler auf Augenhöhe zusammen lernen und arbeiten. Arne Friedrich: ,,Was uns dabei wichtig ist: Die Schulen bestimmen, was sie benötigen. Und nicht die Stiftung.“ Das Projekt läuft seit Jahren erfolgreich an sieben Berliner Schulen. &bdquo;Wir planen derzeit, das Programm auch in meiner alten Heimat zu implementieren.“ Arne Friedrich hat in seinem neuen Leben noch viel vor.

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