Arminia Bielefeld fehlt gegen aggressive Ulmer ein Gegenmittel

Ulm. Noch bis tief in den lauen Dienstagabend hinein säumten viele der fast 10.000 glücklichen Fußballfans die Lokalitäten der Innenstadt. Nur vereinzelt waren dazwischen ostwestfälische Tagesgäste anzutreffen, die ihren Frust unter dem Ulmer Münster mit Hausgebräutem herunterspülten. "Unnötig!", prangte schließlich in Fettschrift und zweimal unterstrichen unter der 0:1-Niederlage von Arminia Bielefeld bei Aufsteiger SSV 1846 Ulm. Inmitten der malerischen, einzig einige Grad zu heißen Kulisse im Donaustadion hatte der DSC viel zu wenig gezeigt. Kaum eine nennenswerte Torchance, kaum ein Spielzug der technisch anspruchsvollen Kategorie wollte der Elf von Mitch Kniat gelingen. "Ab der 20. Minute", resümierte der Cheftrainer, "haben wir zu oft auf lange Bälle gesetzt." Genau diese leiteten zwar die letzten Bemühungen ein, das Gegentor des Ulmer Mittelfeld-Abräumers Philipp Maier (43.) noch zu egalisieren und wenigstens einen Punkt zu retten. Doch der Leerlauf dazwischen, das Fehlen an Antworten aufs mutige Angriffspressing der Hausherren, das störte. "Du brauchst Abläufe, die aber noch nicht so gefestigt sind", meinte Kniat mit Blick auf den wackligen Spielaufbau. "Das muss irgendwann der Schritt sein." Die grundsätzliche Einstellung seiner Spieler zu hinterfragen, lehnte der 37-Jährige ab: "Da mache ich niemandem einen Vorwurf". So taten es übrigens auch nicht die mehr als 500 mitgereisten DSC-Fans, die während des Spiels keine Sekunde darüber nachdachten, ihren Lautstärkepegel herunterzudrehen. Nach Abpfiff verharrten die Profis dann auch nicht schweigend vor ihrem Anhang, sondern klatschten ab. Die erste echte Enttäuschung der Saison war schnell verziehen. Arminias Kader fehlen Alternativen Zu diskutieren war dennoch, wie Arminia das Spiel nach gutem Beginn plötzlich entglitten war. "Wir wussten, dass wir an unser Maximum gehen mussten", sagte Mittelfeldspieler Sam Schreck. Das sei ab dem Moment nicht so richtig gelungen, als bissige Ulmer die Hoheit über die zweiten Bälle gewannen - also genau das taten, was im Vorfeld von ihnen erwartet worden war. Allen Warnungen zum Trotz fehlte dem DSC, der sich um 22 Uhr ohne Punkte im Gepäck auf eine sechsstündige Nachtfahrt zurück nach Bielefeld begab, ein Gegenmittel. Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel fragte derweil rhetorisch: "Die Frage ist, was ist die Erwartungshaltung? Ich bin nicht hierher gefahren und habe gesagt, wir fegen Ulm mit 5:0 aus dem Stadion. Wir wussten, dass das Spiel superschwer wird." Die Niederlage schätzte er als verdient ein. Es sei klar gewesen, dass Arminia Rückschläge einkalkulieren müsse. "Wir verfallen jetzt nicht in tiefe Trauer", stellte Mutzel klar. "Wir sammeln uns nun, regenerieren und dann wird es am Sonntag zuhause gegen Regensburg ein anderes Spiel." Ob sich bis dahin bereits etwas an der Personalfront tun wird? Unverkennbar war jedenfalls, was Trainer Kniat anschließend mit einem etwas gezwungenen Lächeln kommentierte: Mangels Optionen musste er beim Stand von 0:1 mit Tom Geerkens, Louis Oppie und Gerrit Gohlke drei Defensivspezialisten einwechseln, weil Arminia weitere Angreifer im Kader fehlen. Suche nach Verstärkungen dauert an "Uns haben ein bisschen die Körner gefehlt", sagte Kniat. "Daher ist es gut, dass Kaito Mizuta nach seiner Sperre gegen Regensburg zurückkommen wird und wir ein bisschen durchmixen können." Dass in Henrik Koch der eine eingewechselte Stürmer eine strittige Gelb-Rote Karte sah und der andere, Kapitän Fabian Klos, abseits von zwei Kopfbällen unscheinbar blieb, verstärkt den Eindruck: Hinter der ersten Garde wird Arminias Personaldecke schnell luftig bis löchrig. Die Suche nach neuen Spielern dürfte durch das Gesehene in Ulm weiter an Fahrt aufnehmen. "Ich sage es zum 26. Mal, glaube ich", äußerte Sportchef Mutzel in den Katakomben des Donaustadions mit leicht genervtem Unterton, "dass wir uns auf dem Transfermarkt umschauen. Und wenn wir glauben, eine Verstärkung gefunden zu haben, dann werden wir sie holen."

Meistgelesen