
Ulm. Sportliche Ausnahmeleistungen in Spitzenspielen oder Derbys werden im englischen Fußball traditionell mit einer Folgefrage gekontert. „But can you do it on a cold wednesday night in Stoke?" Übersetzt: Kannst du es auch an einem kalten Mittwochabend in Stoke, einem Gegner wie jedem anderen?
Fußball-Drittligist Arminia Bielefeld konnte es an einem drückend warmen Dienstagabend nicht. Aufsteiger SSV Ulm war die erste Nagelprobe, ob der DSC nach drei Knüllerspielen vor bundesligatauglicher Kulisse schon bereit ist für Drittliga-Normalität. Und das 0:1 (0:1) tat sein Übriges, die rasant aufgekeimte Euphorie rund um den DSC wieder etwas einzubremsen.
Im Ulmer Donaustadion, 1925 und damit sogar noch ein Jahr vor dem Erstbau der Bielefelder Alm fertiggestellt, war kein Schickimicki, sondern ehrlicher Fußball gefragt. Ganz so wie beim 4:0-Derbysieg über Preußen Münster drei Tage zuvor, den die 600 Gästefans mit einem Banner („Danke Jungs! Zusammen weiter nach vorn!") honorierten. Einige von ihnen waren 23 Jahre und einen Tag zuvor Zeuge des bis dato letzten Gastspiels am Ulmer Donauufer gewesen – Arminia hatte als Zweitligist mit 1:0 gewonnen.
Ulm findet besser ins Spiel
Mit nur einer Veränderung, Leon Schneider ersetzte den erkälteten Innenverteidiger Gerrit Gohlke in der Startelf, begab sich Trainer Mitch Kniat auf eine wortwörtlich heiße Mission: 31 Grad maß das Thermometer bei Anpfiff noch. Schnell war zu spüren, dass die besseren Fußballer eher auf Seiten der Gäste zu finden waren: Ulms Keeper Christian Ortag parierte Merveille Biankadis Flachschuss aber locker (9.) und auch Manuel Wintzheimer fand noch kein Durchkommen (17.).
Limitierte Hausherren beschränkten sich zumeist auf Konter – und schimpften früh auf Schiri Patrick Alt, weil dieser einen Strafstoß nach vermeintlichem Foul von Christopher Lannert verwehrte (13.), doch das ging so in Ordnung. Schon besser war der Versuch von Bastian Allgeier, dessen scharfe Flanke Can Özkan klärte (21.). Und allen voran Nicolas Janns Abschluss nach feiner Einzelleistung (31.). Doch Jonas Kersken erwies sich als ebenso sicherer Rückhalt wie Ortag, der per Fuß gegen Yildirim klärte (31.).
Lange sah es nach einem 0:0 zur Pause aus, doch Arminia hatte zunehmend Glück, dass die Gastgeber ihre Freiheiten eher gemächlich ausspielten. Nicht aber in der 43. Minute: Romario Rösch durfte den Ball unbedrängt nach vorne treiben, Lucas Röser legte im Stolpern zurück auf Philipp Maier. Dessen Distanzschuss passte genau ins untere rechte Eck, Abseitsreklamationen waren nutzlos wie unberechtigt: 1:0 für den SSV Ulm. „Zum Ende der Halbzeit haben wir zu viele Fehler gemacht", sagte Sportchef Michael Mutzel in der Pause. „Wir müssen zwingender zum Tor spielen."
Arminia verliert Kontrolle
Doch auf die Quittung für immer passivere Gäste, die mit Fabian Klos aus der Kabine kamen, folgte erst einmal nichts. Ulm wollte, Ulm kämpfte, Ulm gewann die wichtigen Zweikämpfe. Arminia hingegen blieb lethargisch. Und die Hausherren hatten durch Lucas Röser gleich zwei Optionen, zu erhöhen (48./51.). Kniat wechselte weiter, probierte es mit einer Dreierkette, doch seiner Elf ging jegliche Kontrolle über diese Begegnung abhanden, das 0:2 lag in der Luft.
Wintzheimers Großchance aus dem Garnichts, der Ball zischte knapp links vorbei, passte so gar nicht in die Phase (64.). Auf der Gegenseite verhinderten allen voran aufmerksame Bielefelder Innenverteidiger, was ihre Vorderleute ihnen einbrockten: Flanke um Flanke flog in den Arminen-Sechzehner. Doch Belkahia und Schneider behielten die Ruhe.
Nur genügte das nicht: Gegen gut 10.000 Zuschauer, die in der Schlussphase lautstarke Wechselgesänge über das weitläufige Rund anstimmten, und den SSV fiel den Gästen nichts ein, auch Klos blieb über weite Strecken unsichtbar, ehe sein Kopfball von Ortag aus dem Giebel gefischt wurde (87.). Die Schlussoffensive war damit eingeläutet, doch sie wurde allein eine hitzige – mit Henrik Kochs Gelb-Roter Karte (90.+3) nach harmlosem Einsteigen als letztem Höhepunkt.
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