OWL-Fußball

Party beim FC Gütersloh: So plant Arminias Ex-Mitstreiter für die Regionalliga

Einst war er ein stolzer Zweitligist mit bescheidenem Ruf, weil er mit Geld nicht umzugehen wusste. Nun strebt der Verein gesund zurück auf die größere Bühne.

Der FC Gütersloh feierte die Regionalliga-Teilnahme zünftig - erst vor mehr als 2.700 Fans im Heidewaldstadion und später am Gasthaus Roggenkamp, wo schon 1996 über den Zweitliga-Aufstieg gejubelt wurde. | © Jens Dünhölter

Jan Ahlers
09.05.2023 | 10.05.2023, 09:44

Gütersloh. Menschen in grün-weiß-blauen Fischerhüten stürzten sich über die Zäune, Rauchschwaden und Feuerwerk stiegen in die Baumwipfel des Heidewalds, „Nie mehr Oberliga!", schallte es aus 2.700 Kehlen: Mit einer zünftigen Party hat sich der FC Gütersloh am vergangenen Sonntag für die Regionalliga West angemeldet.

Ein schlafender Riese ist geweckt worden - so urteilen sie im Klub selbst über ihren FCG. Dabei wäre der Koloss beinahe nie wieder aufgewacht. Nun muss er, den ersten Aufstieg seit 1996 im Rücken, auch gegen den schmählichen Ruf der Vergangenheit ankämpfen. Doch die Voraussetzungen in „Gütsel“ sind so gut wie lange nicht.

Größer zu denken hatte in Gütersloh jahrzehntelange Tradition. Und brachte böse Folgen. „Der Verein hatte immer zwei Probleme: kein Geld und keine Strukturen“, sagt Helmut Delker, Teil eines Vorstandstrios, das seit Sommer 2017 die Geschicke des FCG verwaltet. Damals war die Auflösung des Klubs schon beschlossene Sache: Es fehlte wie so oft das liebe Geld, und zwar akut. Rund 150.000 Euro, für die kein regionales Unternehmen, keine Einzelperson mehr bürgen wollte.

Aufstieg mit Jungs, "die die nächste Stufe einleiten"

Der FC Gütersloh 2000, selbst erst gegründet, als der einstige Zweitligist und Vorgängerverein insolvent aufgelöst wurde, wäre von der Fußballlandkarte verschwunden. Dann sprang - welch schicksalhafte Ironie - ein Abbruchunternehmer ein: Thomas Hagedorn war maßgeblicher Teil einer Last-Minute-Initiative, die Rettungsmission glückte. Hagedorn blieb dem Klub als Geldgeber treu, offizielle Ämter lehnt er bewusst ab. Doch dank seines Engagements entwickelten sich die Grün-Weiß-Blauen, die sich mittlerweile der Jahreszahl im Klubnamen entledigt haben, zuletzt Stück für Stück voran.

Als im vergangenen Sommer Regionalliga-Cracks wie Kevin Freiberger und Nico Buckmaier kamen, war klar: Der Klub will angreifen. „Diese Jungs leiten die nächste Stufe ein“, sagte Hagedorn in einem Interview. Sein Geld ist dafür entscheidend, seine langfristige Treue auch. Doch daran gibt es beim 51-Jährigen, der auch den FC Schalke 04 sponsert, keine großen Zweifel.

Mit dem Tor zum 2:0 war dem FC Gütersloh der Aufstieg nicht mehr zu nehmen. Entsprechend hüpften und tanzten Spieler und Trainer über den Rasen des Heidewaldstadions. - © Andreas Fruecht
Mit dem Tor zum 2:0 war dem FC Gütersloh der Aufstieg nicht mehr zu nehmen. Entsprechend hüpften und tanzten Spieler und Trainer über den Rasen des Heidewaldstadions. | © Andreas Fruecht

Die finanzielle Abhängigkeit bestreitet Delker nicht, verweist aber auf andere Klubs der Region wie Rödinghausen, Verl und Wiedenbrück, die von regionalen Unternehmen oder Gönnern unterstützt werden. „Ohne geht es kaum noch“, sagt er. Und betont: „Auch Thomas weiß, dass es nicht gesund ist, wenn wir nur von ihm leben.“ Weitere Partner werden daher gesucht. Etwas mehr als eine Million Euro betrug der Gesamtetat für die Meistersaison in der Oberliga. 700.000 Euro davon flossen in die Mannschaft, die seit 2019 von Julian Hesse (35) trainiert und seit 2020 vom früheren niederländischen Nationalspieler Rob Reekers (57) als Sportlicher Leiter verantwortet wird. Seriosität und Kontinuität hielt in Güterslohs Süden Einzug, was sich auch daran zeigte, dass die Verantwortlichen nach einer längeren Durststrecke im Winter Ruhe bewahrten.

Der Sprung in die Regionalliga wird enorm

„Der Etat wird spürbar steigen“, blickt Delker voraus, ohne genaue Zahlen zu nennen. Ganz ohne finanziellen Einsatz wird es nicht gehen, denn: „Wir müssen in der Regionalliga wirtschaftlich konkurrenzfähig sein.“ Der Sprung in eine Spielklasse, in der Klubs wie Aachen, Wuppertal, Oberhausen und diverse Zweitvertretungen von Top-Bundesligisten unter Vollprofi-Bedingungen arbeiten, ist gewaltig. Es gibt mahnende Beispiele wie Vorjahresaufsteiger Wattenscheid 09, der nach einigen dubiosen Investorenprojekten nun den soliden Weg ohne großes Geld wählte - und prompt überfordert aus der Liga geschossen wurde.

Geldgeber Thomas Hagedorn (l.) und Trainer Julian Hesse haben den Aufschwung des FCG in den vergangenen Jahren vorangetrieben. Hesse wird den Aufsteiger auch in der Regionalliga coachen. - © Jens Dünhölter
Geldgeber Thomas Hagedorn (l.) und Trainer Julian Hesse haben den Aufschwung des FCG in den vergangenen Jahren vorangetrieben. Hesse wird den Aufsteiger auch in der Regionalliga coachen. | © Jens Dünhölter

Ein Segen wäre eine DFB-Pokal-Teilnahme im August, die erste eines Gütersloher Vereins seit 1999. Sie würde rund 200.000 Euro in die Kassen spülen. Anfang Juni bestreitet der FCG das Landespokalfinale gegen Sechstligist Erkenschwick, erst danach geht es für die Mannschaft zur Abschlussfahrt nach Mallorca. Und dann kommen die schweren Gespräche: Wem wird die höhere Klasse zugetraut und wer muss gehen?

Geldgeber Hagedorn: "Steigen wir direkt ab, ist das Projekt gescheitert"

An Ambitionen mangelt es nicht. „Wir wollen uns in der Regionalliga stabilisieren“, sagt Hagedorn selbst am Tag des Aufstiegs – und wirft perspektivisch das Ziel einer Top-10-Platzierung in den Raum. „Um sicher planen zu können.“ Ihm ist klar: „Steigen wir direkt wieder ab, ist das Projekt gescheitert. Das darf nicht passieren.“ Schade wäre es auch: In der höheren Liga hoffen die Verantwortlichen auf 1.500 Fans pro Spiel. Damit wäre Gütersloh in der Zuschauertabelle der Regionalliga schon im oberen Drittel unterwegs und fraglos ein Attraktivitätsfaktor.

Und auch die Fußballregion Ostwestfalen darf mitjubeln: Nach dem SC Paderborn, Arminia Bielefeld, Verl, Rödinghausen und Wiedenbrück stellt der FC Gütersloh den bereits sechsten überregionalen Klub. Es soll kein kurzes Intermezzo bleiben.