Warum Stefan Krämer Arminia Bielefeld noch heute über dem Herzen trägt

Bielefeld. Es sind oft die kleinen Dinge, die viel über einen Menschen verraten. Stefan Krämer eilte nach jeder Trainingseinheit zu den wartenden Journalisten, um ihnen immer Rede und Antwort zu stehen. Nach Siegen, aber auch nach Niederlagenserien. &bdquo;Das hat für mich mit respektvollem Umgang zu tun“, begründet der gebürtige Mainzer seine offene Verhaltensweise gegenüber Mitmenschen. Kollegen von ihm gaben sich zugeknöpfter. Vor allem dann, wenns sportlich nicht lief. Diese positive Charaktereigenschaft, die in der Regel Rheinländern nachgesagt wird, dürfte ein Grund dafür sein, dass Krämer auch heute noch von vielen Fans und ehemaligen Spielern in Bielefeld geschätzt wird. Obwohl auch er vorzeitig aus seinem Amt entlassen wurde. An seinen Start in Bielefeld erinnert sich der 56-Jährige noch sehr gut. &bdquo;Ein dunkler Schleier herrschte 2011 nach dem Zweitligaabstieg über Arminia. Sportliche Strukturen waren kaum erkennbar. Es war ein Kulturschock, weil es auch schwer war, an die Menschen heranzukommen. Aber wenn du die Menschen erst einmal hast, dann hast du sie.“ Als Assistent war er mit Chefcoach Markus von Ahlen nach Bielefeld gekommen. &bdquo;Ich habe nie daran gedacht, Cheftrainer in Bielefeld zu werden. Ich hatte erst kurz zuvor meine Prüfung als Fußballlehrer absolviert und wollte vorrangig weitere Erfahrungen sammeln. Als zweiter Mann.“ Krämers Methode hat ein Happy End Diesen Lebensplan musste Krämer nach zehn Spieltagen aufgeben. Von Ahlen holte lediglich fünf Punkte. Er wurde entlassen. Krämer bot Sportchef Samir Arabi seinen Rücktritt an. Der lehnte ab. Letztlich hatte es Krämer der klammen Finanzlage des Vereins zu verdanken, dass er zum Chefcoach befördert wurde. Arrivierte Trainer hatten Offerten dankend abgelehnt. &bdquo;Das war mein großes Glück“, erinnert sich Krämer. Seine offensiv ausgerichtete Philosophie kam bei den Spielern und Publikum gut an. Unter seiner Regie holte Arminia in 28 Spielen, zwölf Siege, neun Unentschieden und sieben Niederlagen, was Tabellenplatz 13 am Saisonende bedeute. &bdquo;Diesen Nichtabstieg in der Saison 2011/12 bewerte ich höher als den ein Jahr später erfolgten Aufstieg in die 2. Bundesliga“, sagt Krämer. &bdquo;Bei einem Absturz in die Regionalliga wäre es für den Verein sehr eng geworden. Er drohte, in der Versenkung zu verschwinden“, vermutet Krämer. &bdquo;Dieses Worst-Case-Szenario wurde aber verhindert, weil wir alle an einem Strang zogen.“ Krämers Methodik ließ ein Märchen mit dem Happy End am 11. Mai 2013 folgen, als Sebastian Hilles Siegtreffer per Kopf gegen den VfL Osnabrück die Rückkehr in die 2. Bundesliga bedeutete. Ein Glücksgefühl machte sich breit, wie es der "Teuto" schon lange nicht mehr erlebt hatte. Arminia-Tattoo gehört zu Krämers Geschichte Stefan Krämer musste ein Versprechen einlösen. Er war die Wette eingegangen, sich im Falle eines Aufstiegs eine Tätowierung des Vereinslogos stechen zu lassen. Gesagt, getan: Seine linke Brust ziert seitdem ein Tattoo, das eine Arminia-Fahne mit dem Datum des Aufstiegs zeigt. Krämer: &bdquo;Noch heute werde ich häufig gefragt, wann ich mir das Tattoo entfernen lasse. Meine Antwort ist eindeutig. Eher lasse ich mir das Tattoo nachstechen. Es gehört zu meiner Geschichte.“ Eine zunächst spannende Zweitligastory schrieb der als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelte Klub bis zum achten Spieltag. &bdquo;Wir waren Dritter, obgleich wir uns wegen leerer Kassen nicht entscheidend verstärken konnten“, sagt Krämer. Plötzlich geweckte Erwartungshaltungen im Umfeld sowie die schwere Kopfverletzung von Fabian Klos im Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, verbunden mit einer langen Zwangspause des Torjägers, leiteten den Umschwung nach unten ein. &bdquo;Wir gingen mit einem Messer in die Schießerei“, beschreibt Krämer die damalige Personalproblematik. &bdquo;Wir waren zu dünn aufgestellt.“ Krämer ist weiterhin gefragt Nach der 0:2-Heimniederlage gegen den FC Ingolstadt verloren die Gremien ihre Geduld mit dem Aufstiegstrainer. &bdquo;Wir waren nicht abgeschlagen bei meiner Freistellung am 23. Februar 2014“, sagt Krämer auch heute noch. &bdquo;Wir hätten es geschafft.“ Diese Ansicht vertrat auch die Mannschaft. Sie wollte für Stefan Krämer in den Streik treten. Er redete es ihnen aus. Krämer hatte in 22 Spielen 22 Punkte geholt. Nachfolger Norbert Meier brachte es in zwölf Spielen auf 13 Punkte und Relegationsrang 16. Es folgten zwei dramatische Relegationsspiele gegen Darmstadt 98 und der erneute Abstieg in die 3. Liga. Stefan Krämer, der mit seiner Frau in der Nähe von Krefeld lebt, hat auch im weiteren Verlauf seiner Karriere Erfahrungen mit vorzeitigen Entlassungen machen müssen. Sein Urteil: &bdquo;Ich kann in den Spiegel schauen. Jeder Trainer macht Fehler. Auch ich. Als Cheftrainer musst du immer als Erster gehen. Das ist Gesetz. Ich muss es akzeptieren.“ In diesen Tagen erholt er sich von seiner Freistellung in Meppen. &bdquo;Bis zum Sommer werde ich reflektieren“, sagt Krämer, &bdquo;obgleich ich 24 Stunden nach meiner Entlassung bereits zwei Angebote per Telefon erhielt.“ Der Trainer mit dem Arminia-Tattoo bleibt gefragt.

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