Bei Arminia Bielefeld drohen Fans und Klub auseinanderzudriften

Die Lage bei Arminia Bielefeld ist undurchsichtig und gefährlich zugleich. Zwölf Spieltage vor dem Saisonende sind zumindest die Hälfte der noch zu vergebenden 36 Punkte Pflicht, um den Absturz in die 3. Liga abzuwenden. Nun muss sich beim DSC jeder die Frage stellen, ob dieses Minimalziel in der aktuellen Konstellation zu erreichen ist. Dazu gehört auch ein gestörtes Binnenverhältnis zwischen Klub und Anhängerschaft. Die Parteien driften auseinander. Wie in der Branche üblich, rückt zunächst Trainer Daniel Scherning in den Fokus. Der Tenor aus dem Verein ist der gleiche wie vor zwei Wochen, als sich Präsident Rainer Schütte öffentlich äußerte: Vom sportlichen Bereich, von Mannschaft bis zu Verantwortlichen, kommen keinerlei Signale, jetzt handeln zu müssen. Das Gebilde sei intakt, die Leistungen in Ordnung, der Einsatz gegeben. Scherning macht weiter. Eine rational akzeptable Entscheidung. Doch nach außen wirkt sie wie Realitätsverweigerung: Alles Friede, Freude, Eierkuchen – wäre da nicht diese blöde Tabelle, in der Arminia aus unerklärlichen Gründen höchst abstiegsgefährdet ist: So kommt es beim Großteil des entnervten Anhangs an. Stets in der Sorge, nicht gehört zu werden, wenden sie sich mit kritischen Bannern inzwischen direkt an die sportliche Führung. Vorbei ist es mit der Ruhe und Harmonie bei den Heimspielen, die erstaunlich lange angehalten hatten. Was die Fans von Arminia teilt Der Anhang ist auch in sich gespalten. Ein Beispiel: Die "Wir wollen euch kämpfen sehen!"-Chöre von der Südtribüne wirkten am Sonntag für viele andere Arminia-Fans deplatziert und sorgten eher für Irritation. Mancher klatschte dann, mancher pfiff. Und einige kamen ohnehin gar nicht erst ins Stadion, wie die bislang niedrigste Zuschauerzahl der Saison zeigte. Reagiert nun der kritische Teil der Fans über – oder unterschätzen die anderen die Lage? Unverkennbar ist nur der Riss, der zwischen Entscheidern und Fans mitten durch die Arminia geht. Gespräche gibt es zwischen den Protagonisten beider Seiten durchaus. Doch die Masse fühlt sich davon kaum mitgenommen, weil die Kommunikation nicht bis zu ihr vordringt. Die Sorge wächst, während Arminia Bielefeld jenen Zusammenhalt verliert, der frühere Abstiegskämpfe erfolgreich entschied. Hier liegt die Verantwortung bei der DSC-Spitze, die im Krisenmanagement schnell zulegen muss. Machen wir uns nichts vor: Die üblichen Mechanismen können die Blauen schnell einholen. Frank Kramer arbeitete einst mit einer Garantie bis zum Saisonende, das er nie erlebte. Uli Forte schaffte genau vier Spieltage, ehe auf das ausbleibende Bekenntnis von Sport-Geschäftsführer Samir Arabi die Freistellung erfolgte. Daniel Scherning sollte nun in Braunschweig punkten, sonst wird es eng. Auch hier ist der Verzicht auf Aktionismus verständlich: Dass ein Trainerwechsel nicht nur Chance, sondern auch Multiplikator von Chaos sein kann, ist bei Arminia jedem bewusst. Auch Arabi trägt Schrammen Auch Arabi wird mit vielen Schrammen aus dieser Saison gehen. Seine Aktie, die vor dem ersten Bundesliga-Jahr am höchsten stand, ist abgerauscht. Er kennt die Kritik an ihm, doch sein Umgang mit diesen Misstönen überzeugte nicht immer. Er weiß, dass er rund um die Alm nicht mehr zu jedermanns Liebling werden wird, die Gremien schützen ihn. Hier unterscheidet sich Arminia klar von anderen Klubs, die ihren leitenden Angestellten schneller das Vertrauen entziehen. Bei den Fans löst dieser oft als Unantastbarkeit empfundene Zustand Frust aus. Die Arminia-Spitze erweckt bei ihrer Basis nicht durchweg das Gefühl, einen Notfallplan B oder C zu besitzen. Doch für diese Fragen, auch die große nach der Verantwortlichkeit für den sportlichen Verfall, muss Zeit bis zum Sommer sein. Denn die Chefetage ist einer der letzten Orte rund um Arminia, der nach zwei Krisenjahren noch geeint und standhaft wirkt. Löst sich dieser Zusammenhalt jetzt auf, trudelt Arminia Bielefeld völlig führungslos dahin – und mit umso höherer Wahrscheinlichkeit ins Szenario Drittklassigkeit.

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