Arminias Jahrhunderttrainer: Ernst Middendorp wird 60 Jahre alt

Bielefeld. Wirklich schon 60? Ernst Middendorp kann das selbst nicht recht glauben. &bdquo;Ja, okay, so steht es in meinem Pass, aber es fühlt sich nicht so an. Ich bin immer noch extrem unterwegs", sagt er, als nw.de ihn in seinem Strandhaus in Port Elizabeth in Südafrika ans Telefon bekommt. Der Mann, den die Fans von Arminia 2005 anlässlich des 100-jährigen Vereinsbestehens des Klubs zum &bdquo;Jahrhunderttrainer" wählten, arbeitet aktuell gar nicht als Coach, ist aber selbstverständlich nicht untätig: Seit November 2016 ist er &bdquo;Technical Director" des Klubs True Bangkok United in Thailand. Beim Vizemeister der gerade abgelaufenen Saison, der sich damit für die asiatische Champions League qualifiziert hat, beobachtet und begleitet Middendorp Cheftrainer Alexandre &bdquo;Mano" Pölking. Der hat als ehemaliger Spieler des VfB Fichte und des DSC ebenfalls eine Bielefelder Vergangenheit. &bdquo;Helicopter-View-Position würde ich das nennen, was ich mache" Middendorp kümmert sich um die Kaderplanung, hat aber auch die Nachwuchsarbeit des Klubs im Blick. &bdquo;Helicopter-View-Position würde ich das nennen, was ich mache", sagt er. Bis Ende kommenden Jahres läuft sein Vertrag bei United noch, danach soll es auf jeden Fall weitergehen. Wo auch immer. Für Ruhestand fühlt sich Middendorp, Spitzname &bdquo;Power-Ernst", jedenfalls zu jung. &bdquo;Ich kann mir momentan nicht vorstellen, aus der soccer industry rauszugehen oder sogar ganz aufzuhören", sagt er. Und schiebt gleich hinterher: &bdquo;Ich bin immer offen für Anfragen und denke, dass jeder Verein von meinem riesigen weltweiten Netzwerk profitieren würde." Middendorp, geboren in Freren im Emsland und nach dem Studium in Bielefeld zunächst als Lehrer tätig, hat im Fußball auf zahlreichen Stationen vielfältige Erfahrungen gesammelt. Er war als Coach in Deutschland, Ghana, Iran, China, Südafrika und Zypern und findet: &bdquo;Es würde deutschen Trainern sicher guttun, sich mehr umzuschauen und sich nicht nur in den eigenen vier Wänden aufzuhalten." So viel er selbst auch gesehen hat: Kein anderer Klub, keine andere Phase seines Wirkens hat ihn mehr geprägt als die Jahre bei Arminia Bielefeld. Keinem anderen Verein fühlt er sich bis heute derart verbunden. Middendorp kam erstmals als 29-Jähriger zum DSC, führte die Mannschaft während seines zweiten Engagements zwischen 1994 und 1998 von der dritten in die erste Liga und rettete sie schließlich 2007 vor dem Bundesliga-Abstieg. Dazu die Eskapaden: Etwa, als er einen Reporter von Radio Bielefeld 1997 aufforderte: &bdquo;Knien Sie nieder, Sie Bratwurst!" Oder als er 2007 mit einem Blutalkoholwert von 1,82 Promille ein Nickerchen in seinem Auto machte, das er an der Bundesstraße 68 in Halle abgestellt hatte. Und zwar &bdquo;verkehrsbehindernd", wie es im Polizeijargon heißt. Seine zweite Heimat ist längst Südafrika geworden, sein Interesse an Arminia besteht aber weiterhin. Middendorp schaut sich die Partien im Fernsehen an, das Heimspiel gegen Dresden im August sah er live im Stadion. Die Arbeit von Cheftrainer Jeff Saibene mag er nicht bewerten, &bdquo;dafür bin ich zu weit weg, das maße ich mir nicht an". "Es kann nicht Arminias Anspruch sein, in der 2. Liga um die Plätze acht bis 14 zu spielen" Etwas anderes steht für ihn aber fest: &bdquo;Mit Blick auf die Tatsache, dass der Verein ja jetzt offenbar wirtschaftlich gesundet, kann es doch nicht Arminias Anspruch sein, weiterhin in der 2. Liga um die Plätze acht bis 14 zu spielen." Die Rückkehr in die Bundesliga müsse nicht in diesem und auch nicht im nächsten Jahr erfolgen, betont er, &bdquo;da spreche ich eher von einem Zeitraum von fünf Jahren. Das ist meine persönliche Meinung". Seinen 60. wird Middendorp am Sonntag in kleiner Runde feiern. Und zwar in Johannesburg, wo seine Frau Bronwyn und er ihren Hauptwohnsitz haben. &bdquo;Einen dezenten Brunch" werde es geben, sagt er. Und natürlich wie immer Gespräche über Arminia Bielefeld.

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