Frankfurt/Main. Joachim Löw gibt sein Amt als Bundestrainer nach der EM im Sommer auf. Der 61-Jährige werde seinen ursprünglich bis zur WM 2022 laufenden Vertrag unmittelbar mit Abschluss des Turniers auf eigenen Wunsch beenden, teilte der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag mit. Der DFB habe dem zugestimmt, hieß es weiter. "Ich gehe diesen Schritt ganz bewusst, voller Stolz und mit riesiger Dankbarkeit, gleichzeitig aber weiterhin mit einer ungebrochen großen Motivation, was das bevorstehende EM-Turnier angeht", wurde Löw in der Mitteilung zitiert.
Löw hatte das Amt nach der Weltmeisterschaft 2006 übernommen. Zuvor war er zwei Jahre lang Assistent von Bundestrainer Jürgen Klinsmann gewesen. "Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung von Joachim Löw. Der DFB weiß, was er an Jogi hat, er ist einer der größten Trainer im Weltfußball", sagte DFB-Präsident Fritz Keller. Löw habe den deutschen Fußball über Jahre hinweg wie kaum ein anderer geprägt. "Dass er uns frühzeitig über seine Entscheidung informiert hat, ist hoch anständig. Er lässt uns als DFB somit die nötige Zeit, mit Ruhe und Augenmaß seinen Nachfolger zu benennen", sagte Keller.
In der Kritik seit WM-Debakel in Russland
Seit dem Debakel bei der WM 2018 in Russland, als die DFB-Auswahl als Titelverteidiger bereits in der Vorrunde scheiterte, stand Löw in der Kritik. Zuletzt wurde nach dem 0:6 in Spanien im Herbst des Vorjahres erneut heftig über eine vorzeitige Ablösung des Bundestrainers debattiert. Erst nach klärenden Gesprächen mit der DFB-Spitze durfte Löw weitermachen.
"Dankbar bin und bleibe ich gegenüber dem DFB, der mir und der Mannschaft immer ein optimales Arbeitsumfeld bereitet hat", sagte Löw. Für die EM verspüre er "weiterhin den unbedingten Willen sowie große Energie und Ehrgeiz". Bei dem um ein Jahr verschobenen Turnier trifft die Nationalmannschaft in der Gruppenphase im Juni in München zunächst auf Weltmeister Frankreich, Europameister Portugal und Außenseiter Ungarn.
Nagelsmann ist überrascht
RB Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann zeigte sich überrascht von der Ankündigung und lobte den Bundestrainer als prägenden Akteur hierzulande. "Das ist eine traurige Nachricht, aber noch ist er im Amt. Er hat einen großen Impact auf den deutschen Fußball, hat eine Epoche geprägt mit Titeln und einer Entwicklung", sagte der RB-Coach. Nagelsmann attestierte Löw, in "wichtigen Momenten richtige Entscheidungen getroffen" zu haben, "die nicht einfach waren". Im Hinblick auf das im Sommer geplante EM-Turnier sagte der Leipziger Coach: "Das wird hoffentlich ein glorreicher Abschluss. Ich bin gespannt, was er macht."
Angesprochen auf Liverpool-Coach Jürgen Klopp als möglichen Nachfolger von Löw sagte Nagelsmann: "Jürgen Klopp ist ein herausragender Trainer. Ich glaube aber, dass sowohl Liverpool als auch Jürgen extrem zufrieden sind mit ihrem jeweiligen Partner. Der DFB hat einen recht großen Stab für die Trainerfindung, da bin ich nicht involviert."
Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus sieht indes Ralf Rangnick "als großen Favoriten" für die Nachfolge von Bundestrainer Joachim Löw. "Ralf Rangnick ist frei. Da muss man nicht hoffen, dass in Liverpool die Ergebnisse weiter schlecht sind und Jürgen Klopp in die Kritik gerät", sagte der 59-Jährige am Dienstag dem TV-Sender Sky. Er selbst beschäftige sich nicht mit der Frage, Löw nach der Fußball-EM im Sommer zu beerben, bekräftigte Matthäus.
Die Bilanz des Rekord-Trainers
Fünf Mal führte Löw die DFB-Elf mindestens bis ins Halbfinale bei EM und WM. Die Krönung war der WM-Triumph am 13. Juli 2014 im Fußball-Heiligtum Maracanã von Rio de Janeiro mit der von ihm zur Titelreife gebrachten Generation um Philipp Lahm, Manuel Neuer und Miroslav Klose.
Löw könnte die Marke von 200 Länderspielen als Chefcoach der Fußball-Nationalmannschaft noch erreichen. Der 61-Jährige, der bislang 189 Länderspiele begleitete, wird die DFB-Auswahl im März noch bei den drei WM-Qualifikationsspielen gegen Island (25. März), in Rumänien (28. März) und gegen Nordmazedonien (31. März) betreuen. Für den unmittelbaren EM-Vorlauf sind zwei Tests geplant. Beim Turnier zum Abschluss nach 15 Jahren als Bundestrainer sind zwischen drei und sieben Spielen unter Löw möglich.
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