Was die Corona-Krise für die OWL-Regionalligisten bedeutet

Rödinghausen/Verl. Raimund Bertels und Alexander Müller dürften sich beide um eine hervorragende Saison gebracht fühlen. Zumindest, wenn die Spielzeit der Fußball-Regionalliga – und das ist kein ganz unrealistisches Szenario – nicht bis zum Ende geführt werden kann. Denn die OWL-Klubs aus Verl und Rödinghausen stehen dort ganz oben im Klassement. Sie dominieren die Liga. Bertels, Vorsitzender des SC Verl, treibt eine weitere Sorge um: Er will mit dem jetzigen Tabellenzweiten in die 3. Liga aufsteigen. Und zwar auf sportlichem Wege. Der SV Rödinghausen, dem Müller als Geschäftsführer vorsteht, verzichtet als Tabellenführer auf den Zulassungsantrag für die höhere Spielklasse. &bdquo;Meister wollen wir trotzdem werden, und das nicht nur aufgrund dieser besonderen Umstände", sagt der 33-Jährige. &bdquo;Wir wollen die Saison zu Ende spielen." &bdquo;Das kann doch alles nicht wahr sein" Das Coronavirus macht auch den Amateurvereinen bis hoch zur 4. Liga derzeit einen Strich durch die Rechnung. Wie im gesamten unterklassigen Fußball wird auch hier der Trainingsbetrieb bis zum 19. April vollständig ruhen, sieben Tage später soll es weitergehen. &bdquo;Wir haben noch zwölf Spiele zu absolvieren", wirft Bertels ein. Nach einer sechswöchigen Pause müsste ab Ende April eine Englische Woche an die nächste gereiht werden, um die Saison bis Ende Juni zu absolvieren – es wäre eine so noch nie erlebte Maximalbelastung für seine Fußballer. &bdquo;Das kann doch alles nicht wahr sein", dachte Verls Chef, als er sich der Tragweite der Pandemie allmählich bewusst wurde. Warum passiert das ausgerechnet in jener Saison, in der Verl den Sprung aus dem grauen Mittelfeld in die Spitzengruppe gemacht hat? &bdquo;Aktuell gibt es bei uns nur Fragezeichen", sagt der 52-Jährige. Vor allem das Szenario Saisonabbruch muss den Sportclub beschäftigen, weil dieser als Zweiter die Aufstiegsspiele gegen den Meister der Regionalliga Nordost bestreiten dürfte. Sowohl ein Aufstieg und eine Aufstockung der 3. Liga als auch eine Annullierung der bisherigen Spielzeit, freilich extreme Szenarien, sind nicht auszuschließen. Die gute Nachricht: Existenzbedroht sind aktuell weder der SV Rödinghausen noch der SC Verl. Weil beide Klubs nur etwa tausend Zuschauer pro Heimspiel begrüßen, reißen die Einnahmeausfälle aus dem Ticketverkauf keine großen Löcher. Verl hat sich durch das Erreichen des DFB-Pokal-Achtelfinals zudem finanzielle Reserven verschafft. Anders sieht die Lage etwa bei Kontrahent Rot-Weiss Essen aus: Knapp 11.000 Besucher sorgen dort bei jedem Heimspiel für sechsstellige Zuschauereinnahmen, die nun wegfallen. RWE-Geschäftsführer Marcus Uhlig, einst in gleicher Rolle bei Arminia Bielefeld tätig (2011 bis 2015), hat seine Spieler und Mitarbeiter bereits in Kurzarbeit geschickt, um den Schaden zu minimieren. "Wir in Ostwestfalen stehen für solide Arbeit" Am Wiehengebirge geht man noch nicht so weit. &bdquo;Das ist bei uns kein akutes Thema", sagt Alexander Müller. Dauerhaft ausschließen will er diesen Schritt jedoch nicht. Ebenso werden beim SC Verl noch alle Gehälter planmäßig bezahlt. &bdquo;Wir in Ostwestfalen", sagt Müller und bezieht ausdrücklich auch den Sportclub Verl mit ein, &bdquo;stehen für solide Arbeit." Daher könne man die jetzige Situation zumindest etwas entspannter verfolgen. Es sei eine schwere Zeit, aber &bdquo;für uns nicht dramatisch", ergänzt Bertels. Einig sind sich die Vereinsbosse darin, dass sich keiner ein Sterben der traditionsreichen Vereine wie Essen, Alemannia Aachen, Rot-Weiß Oberhausen oder Wuppertaler SV wünscht – Spiele gegen diese Gegner sind, ob daheim oder auswärts, Saison-Highlights. Im Zweifel braucht es eine Vertrags-Sonderregelung Auf Eis liegen in Rödinghausen viele Vertragsverhandlungen. 13 Spieler sind nur noch bis zum 30. Juni beim SVR angestellt, nicht jeder wird über den Sommer hinaus im Kreis Herford seine Fußballschuhe schnüren. Müller plädiert daher für eine Sonderregelung, sollte die Saison erst im neuen Sportjahr beendet werden können. &bdquo;Es wird nicht anders funktionieren. Wir können nicht Anfang Juli plötzlich auf fünf Spieler verzichten", sagt der Geschäftsführer. Bertels hingegen machte jüngst Nägel mit Köpfen, verlängerte mit seinem Cheftrainer Guerino Capretti vorzeitig um ein Jahr bis 2022. Doch auch in Verl wartet ein Dutzend Akteure auf Signale für die berufliche Zukunft, darunter das Top-Sturmduo Zlatko Janjic und Aygün Yildirim. Dass der Sport aktuell in den Hintergrund rücke, werden beide Vereinsverantwortlichen nicht müde zu betonen. &bdquo;Unser höchstes Ziel muss es jetzt sein, dass möglichst wenige Menschen weltweit am Virus sterben", sagt Müller. Bertels ergänzt: &bdquo;Es gibt andere Sachen als den Fußball. Der ist eine der schönsten Freizeitgestaltungen und wird schon wiederkommen. Aber aktuell stehen viele weitere persönliche Existenzen auf dem Spiel."

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