Arminia ist Erster: Warum der Klub ungern vom sportlichen "Wunder" spricht

Bielefeld. Fußball-Wunder machen es sich dieser Tage in Ostwestfalen bequemer denn je. Da ist Bundesligist SC Paderborn, der kometenhaft den Durchmarsch aus der 3. Liga schaffte, aber aktuell stark zu kämpfen hat. Da ist Regionalligist SC Verl, der im DFB-Pokal-Achtelfinale steht und bereits eine Millionensumme eingespielt hat. Und Arminia Bielefeld, das zehn Jahre nach dem Bundesliga-Abstieg emsig an einer nicht minder überraschenden Rückkehr in die Belletage schraubt. Doch wie viel Überraschendes steckt in diesem &bdquo;Wunder" von der Bielefelder Alm wirklich? Der Begriff, an dem sich die Geister scheiden, wird derzeit fast inflationär verwendet. Die Welt schreibt davon, die Frankfurter Allgemeine ebenso, auch &bdquo;Ran" schließt sich der Formulierung an. Doch so zufällig, wie sie in den deutschen Elite-Medien dargestellt wird, ist die Entwicklung beim DSC Arminia nicht. Die Vergangenheit zeigt: Geld ist nicht gleich Erfolg Die Ergebnisse stechen hervor, selbstverständlich. Acht Siege aus 13 Ligaspielen, mehr als zwei Punkte pro Spiel – das liest sich schick. Und das nicht nur in der Saison-, sondern auch in der Jahresbilanz. 59 Zähler haben die Blauen in 29 Partien eingeheimst. Viele, viele Sprossen tiefer hangelt der Hamburger SV als Jahreszweiter mit 45 Punkten. Dabei arbeitet dieser, ähnlich wie der VfB Stuttgart und auch die katastrophal gestarteten Absteiger Nürnberg und Hannover, unter Bundesliga-Standards. Ganz neu ist die Erkenntnis nicht, dass die Gleichung zwischen eingesetzten Finanzmitteln und dem daraus resultierenden Erfolg von weiteren Variablen abhängt. Darmstadt 98 schaffte den Durchmarsch 2015 mit einer &bdquo;Billigtruppe" von fünf Millionen Euro Etat, in Paderborn waren es 2014 sechs Millionen Euro. Bielefeld wirkt angesichts eines etwa doppelt so hohen Investments (12,3 Millionen Euro) in sein Personal fast wohlhabend, bewegt sich damit aber im Zweitliga-Mittelfeld. Geschäftsführer Markus Rejek zog den Vergleich zu einem aktuellen Bundesliga-Neuling: &bdquo;Ein Verein wie Union Berlin, der den Aufstieg langfristig geplant hatte, hat mit 14 bis 15 Millionen Euro gearbeitet." Laufer zum Wunder: "Das ist völlig daneben" Von einem Wunder will der Verein selbst nicht wissen. &bdquo;Das ist völlig daneben", sagte Präsident Hans-Jürgen Laufer vor der Jahreshauptversammlung am Mittwoch in ungewohnter Deutlichkeit. Dem 71-Jährigen kommt allen voran der Zeitpunkt der Lobhudelei von allen Seiten viel zu früh. &bdquo;Wir sind noch längst nicht abgehoben, sondern wollen bodenständig bleiben." Die einen nennen es Bescheidenheit, die anderen bewusstes Understatement. Doch wer die turbulente Vergangenheit des Klubs kennt, darunter vollmundige Versprechungen, die sich in Luft auflösten, der wird die Vorsicht der Führungsebene nachvollziehen können. Es ist nur zu vermuten, dass die Vereinsoberen beim DSC zumindest insgeheim lächelnd den Kopf schütteln werden über das, was im Jahr 2019 unter der Ägide von Uwe Neuhaus entstanden ist. Da sind Erfahrene wie Fabian Klos, Andreas Voglsammer und Manuel Prietl, die auf dem (späten) Höhepunkt ihrer Karriere nochmals Leistungsschübe erfahren haben. Neuzugänge wie Marcel Hartel, Joakim Nilsson und Amos Pieper, die nicht nur zum festen Stamm gehören, sondern hinter den Torschützen vom Dienst Kontinuität auf hohem Niveau liefern. Und Spieler wie Stephan Salger und Tom Schütz, die zwar seltener zu Einsätzen kommen, aber nach außen hin Mannschaftsgeist vorleben und ihre sportliche Rolle wie alle anderen Ersatzspieler klaglos hinnehmen. Wer sich etwa an die Personalie Andraz Sporar erinnert, weiß, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Die Grundlage ist geschaffen Damit die Entwicklung bei Arminia Bielefeld den Status eines vollendeten Wunders erhalten könnte, müsste der DSC aufsteigen. Doch spielt Bielefeld so souverän weiter wie bislang, wären allenfalls noch die Umstände bemerkenswert, der Erfolg aber aus planvoller und gewissenhafter Arbeit entstanden. Die rasche Entschuldung des Klubs nach der Beinahe-Insolvenz - das eigentliche Wunder - lieferte den Grundstein für jene Geschichte, die Fußball-Deutschland aktuell staunen lässt.

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