Schock im Briefkasten

Kündigung wegen Eigenbedarf: Was Mieter wissen sollten, wenn der Auszug droht

Wenn der Vermieter die eigene Wohnung wegen Eigenbedarf kündigt, stehen Mieter meist überrascht da. Welche Rechte Mieter kennen sollten und welche Pflichten Vermieter haben – das Wichtigste im Überblick.

Die Kündigung im Briefkasten: Was Mieter beim Thema Eigenbedarf wissen sollten. | © dpa-tmn

Pauline Maus
28.11.2025 | 28.11.2025, 17:54

Eine „Eigenbedarfskündigung“ kommt für Mieter meist überraschend. So ein offizielles Schreiben vom Vermieter kann schnell verunsichern und wirft viele Fragen auf. Muss ich ausziehen? Wie lange habe ich noch? Und: Kann ich mich wehren? Die wichtigsten Informationen für Mieterinnen und Mieter haben wir in unserem Überblick für Sie zusammengestellt.

Wie häufig eine Kündigung wegen Eigenbedarf tatsächlich ist, beobachtet der Mieterbund Ostwestfalen-Lippe e.V. in Bielefeld. Geschäftsführerin Sarah Nagel erklärt: „Eigenbedarfskündigungen sind unser täglich Brot und gehören zu den fünf Top-Themen unserer Arbeit.“

Was bedeutet Eigenbedarf eigentlich?

Mit einer Kündigung des bestehenden Mietvertrags wegen Eigenbedarfs durch den Vermieter meldet dieser sozusagen an, die Wohnung oder die angemieteten Räumlichkeiten für sich selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts nutzen zu wollen. Bei einer Eigenbedarfskündigung gibt es allerdings einiges zu beachten. Sie ist genau im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Paragraf 573 geregelt.

Wann ist Eigenbedarf möglich?

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs gibt es einiges zu beachten. Fristen müssen eingehalten werden. - © picture alliance / Stephan Jansen/dpa
Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs gibt es einiges zu beachten. Fristen müssen eingehalten werden. | © picture alliance / Stephan Jansen/dpa

Eigenbedarf kann der Vermieter nicht einfach so anmelden. Er muss die Wohnung für sich selbst, für Familienangehörige, wie Kinder, Eltern oder Geschwister oder für Haushaltsangehörige, wie etwa Lebenspartner oder eine Pflegekraft nutzen wollen. Neben dem konkreten Bedarf muss eine nachvollziehbare Begründung angegeben werden und die gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten werden.

In den vergangenen fünf bis zehn Jahren hätten die Kündigungen wegen Eigenbedarfs extrem zugenommen. Vor allem die Gründe, die Vermieter nennen, beschäftigen den Mieterbund in OWL. „In den meisten Fällen sind die Gründe vorgeschoben“, ist sich Sarah Nagel sicher. Wirklich beweisen müssen Vermieter ihren genannten Kündigungsgrund nämlich nicht.

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Welche Kündigungsfrist gilt bei Eigenbedarf?

Für Mieter ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf mit der Wohnungssuche und einem Umzug verbunden - das kann stressig sein. - © Symbolbild: Pexels
Für Mieter ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf mit der Wohnungssuche und einem Umzug verbunden - das kann stressig sein. | © Symbolbild: Pexels

Wenn eine Kündigung wegen Eigenbedarf ausgesprochen wird, hat sich der Vermieter an die gesetzliche Kündigungsfrist zu halten. Sie wird im BGB Paragraf 573c geregelt und bemisst sich nach der Dauer des Mietverhältnisses.

  • drei Monate Kündigungsfrist
  • ab Mietverhältnis mehr als fünf Jahre: sechs Monate Kündigungsfrist
  • ab Mietverhältnis länger als neun Jahre: neun Monate Kündigungsfrist

Eine Kündigung muss laut dem Gesetzgeber bis zum dritten Werktag eines Monats beim Mieter eingegangen sein, damit der Monat in die Kündigungsfrist mit hineinfällt. Außerdem gilt es zu beachten, ob im Mietvertrag besondere Vereinbarungen abweichend der Gesetzgebung getroffen wurden.

Kann ich als Mieter der Eigenbedarfskündigung widersprechen?

Für Mieter gibt es in besonderen Fällen eine Widerspruchsmöglichkeit. Auch unter dem Begriff Härtefall oder Sozialklausel im Mietrecht bekannt, regeln die Paragrafen 574 und fortfolgende im BGB diese Möglichkeit. Dort heißt es unter anderem: „Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen (...), wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.“

Wann genau ein Härtefall vorliegt, sollten Mieter am besten in einer Rechtsberatung abklären lassen. Ist das Verhältnis zum Vermieter gut, kann vielleicht auch in einem persönlichen Gespräch eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Denkbar ist etwa eine Verlängerung der Kündigungsfrist, sodass dem Mieter ein längerer Zeitraum zur Wohnungssuche eingeräumt wird.

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Praktische Tipps für Mieter im Fall einer Eigenbedarfskündigung

  • 📝 Dokumente sammeln: Mietvertrag, Kündigungsschreiben und gegebenenfalls Belege für den Härtefall sollten zusammen mit weiteren schriftlichen Dokumenten zusammengesucht werden.
  • 🔎 Beratung suchen: Es gibt mehrere Möglichkeiten, unter anderem einen Mieterverein, eine Rechtsberatung oder die Sozialberatung.
  • 📨 Kommunikation mit Vermieter: Im Falle einer Kündigung wegen Eigenbedarf sollte der Kontakt beziehungsweise die Kommunikation mit dem Vermieter schriftlich erfolgen. So hat man später etwas in der Hand.
  • ? Fristen beachten: Nicht nur der Vermieter hat sich an die Kündigungsfrist zu halten. Für einen möglichen Widerspruch müssen auch Mieter bestimmte Fristen einhalten.

Diese Ansprechpartner gibt es für Mieter in OWL

Mieterbund Ostwestfalen-Lippe e.V.

  • 📍 Adresse: Geschäftsstellen in Bielefeld, Paderborn, Gütersloh, Detmold, Bad Oeynhausen, Bünde und Herford
  • 📞 Kontakt: Telefonisch erreichbar unter Tel. 0521 560550 oder per E-Mail an verein@mieterbund-owl.de
  • 🌐 Mehr Informationen auf der Internetseite des Mieterbundes.

Verbraucherzentrale NRW

  • 📍 Adresse: Beratungsstelle Bielefeld, August-Bebel-Straße 88 33602 Bielefeld
  • 📞 Kontakt: Telefonisch erreichbar unter Tel. 0521 98787601
  • 🌐 Mehr Informationen auf der Internetseite der Verbraucherzentrale.

Bei Fragen zum Mietrecht können außerdem die vielen Rechtsanwaltskanzleien in OWL weiterhelfen. Auch eine Rechtsschutzversicherung kann in diesem Fall eingeschaltet werden.