Herdecke (dpa/jad). Knapp vier Wochen nach dem lebensbedrohlichen Messerangriff auf SPD-Politikerin Iris Stalzer hat am Samstag offiziell ihre Amtszeit als neue Bürgermeisterin von Herdecke begonnen. Die Stadtverwaltung wies kurz zuvor allerdings darauf hin, dass es an dem Tag keine gesonderte Veranstaltung für die neue Rathauschefin geben werde. Am kommenden Dienstag (4. November) steht ihre Amtseinführung an.
Vor dem Start ihrer Amtszeit hat Stalzer Medien und Politiker in einem Interview für den Umgang mit ihrem Fall kritisiert. „Ich habe tatsächlich überhaupt nicht erwartet, dass ein solcher Medienrummel entstehen würde“, sagte sie.
„Ich bin auch keine Bundespolitikerin oder ein Mensch, der irgendwie bundesweit Bedeutung hat“, meinte Stalzer. „Ich finde, da hätte man etwas rücksichtsvoller sein können. Ich denke auch, an der einen oder anderen Stelle sind da rechtliche Grenzen überschritten worden, leider.“
Stalzer hätte sich mehr Rücksicht gewünscht
Stalzer war am 7. Oktober in ihrem Haus lebensgefährlich verletzt worden. Ihre 17-jährige Adoptivtochter steht im Verdacht, sie stundenlang im Keller des Hauses bedroht und gequält zu haben. Neben 13 Messerstichen soll die 57-Jährige auch zahlreiche Kopfverletzungen erlitten haben. Gegen die Tochter wurde Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung erlassen.
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Bereits kurz nach Bekanntwerden der Tat – als die Hintergründe noch völlig unklar waren – hatten sich mehrere Politiker dazu geäußert. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schrieb auf der Plattform X von einer „abscheulichen Tat“. „Ich will jetzt Herrn Merz keinen Vorwurf machen und mir ist auch klar, dass wir in einer schnelllebigen Zeit leben“, sagte Stalzer nun. „Aber sich binnen Minuten zu Dingen zu äußern, von denen man so wenig weiß und dann da eine Meinung zu zu haben, das finde ich extrem schwierig.“
Im Krankenhaus habe sie dann bewusst darauf verzichtet, Medien zu konsumieren. „Ich habe mich darauf beschränkt, das zu lesen, was so ganz persönlich über meine Homepage oder über meine diversen E-Mail-Adressen an mich gerichtet wurde – oder auch über ganz normale Briefpost. Das war und ist der Schutzwall, den ich für mich selbst installiert habe.“
Angriff auf Stalzer sorgt für Entsetzen
Mit dem ersten Tag ihrer Amtszeit übernimmt die SPD-Politikerin nun die Leitung von rund 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung Herdecke. Mit ihrer Vereidigung – zu Beginn der Ratssitzung am nächsten Dienstag – wird sie den Angaben zufolge auch den Vorsitz im Stadtrat übernehmen.
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Herdecke liegt im Südosten des Ruhrgebiets und hat rund 23.000 Einwohner. Stalzer hatte die Kommunalwahl im September nach einer Stichwahl gewonnen. Der Angriff auf die Juristin in ihrem Haus hatte für Entsetzen gesorgt. Stalzer hatte dennoch kürzlich erklärt, sie werde ihr Amt wie geplant antreten. „Ich habe einen klaren Auftrag der Wählerinnen und Wähler bekommen und werde diesen Auftrag annehmen.“
Viel Zuspruch von Bürgern erhalten
Stalzers Medienanwältin Renate Schmid teilte auf Anfrage mit: „Frau Stalzer hat bereits vor einigen Tagen gegenüber der Presse mitgeteilt, dass sie dank der guten Versorgung das Amt antreten wird. Es gibt dazu nichts zu ergänzen. Die Vereidigung wird am 4.11. stattfinden.“ Gesundheitlich gehe es ihr gut, sagte Stalzer in einem Interview der „Westfalenpost“. Als Bürgermeisterin könne sie auf die volle Unterstützung ihres Mannes und ihrer Partei zählen.
„Wenn aus der Partei, die mich in dieses Amt hineingebracht hat, die mich aufgestellt hat, signalisiert worden wäre, dass ich dem Amt, der Partei schade, hätte ich sofort gesagt, dass ich zurückziehe“, sagte Stalzer. Stattdessen sei aber „ein ganz klares und deutliches Ja von allen Seiten aus der Partei“ gekommen.
Auch von Bürgern habe sie viel Zuspruch in Form von E-Mails und Briefen erhalten. Vereinzelt habe sie kritische Rückmeldungen bekommen. Jedoch sei sie ja bei der Kommunalwahl auch nicht von 100 Prozent der Wähler gewählt worden. „Das heißt, die, die mich vorher nicht wollten, wollen mich jetzt erst recht nicht. So interpretiere ich das einfach mal“, sagte Stalzer.