Millionenbetrug mit Corona-Tests? Gütersloher Unternehmen im Visier der Ermittler

Bielefeld/Gütersloh/Bünde. Den Schaden durch Betrug mit Corona-Testzentren beziffern Experten alleine in NRW auf mehr als 100 Millionen Euro, wie das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität bilanziert. Experten des Bundesrechnungshofes warnen: Die Prüfung der Abrechnungen sei weiterhin unzureichend. Ein Fall aus OWL zeigt, dass der Schaden noch deutlich höher liegen könnte. So ermittelt die Bielefelder Staatsanwaltschaft gegen ein Gütersloher Unternehmen, das mehrere Testzentren in NRW betrieb. Demnach sei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), die den Testzentren das Geld erstattete, Unregelmäßigkeiten aufgefallen. So seien die Unterschriften verschiedener Kunden auf eingereichten Bögen identisch gewesen. Die KVWL erstattete daraufhin Anzeige. Das Gütersloher Unternehmen sowie eine eng mit ihm verflochtene Firma aus Köln haben laut Staatsanwaltschaft in NRW zwischen 2021 und 2023 zwölf Testzentren betrieben. Eines in Bünde, die anderen im Ruhrgebiet – teils im Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Das Unternehmen aus OWL soll in der Spitze bis zu mehrere Hundert Tests pro Tag für ein Zentrum abgerechnet haben. Den Erkenntnissen zufolge könnten aber deutlich weniger Tests stattgefunden haben. Lesen Sie auch: Betrug mit Corona-Testzentren: Kriminelle erbeuten in NRW 26 Millionen Euro Unternehmen sollen auf mehrere Millionen Euro gewartet haben Bisher ausgezahlt worden seien den beiden Unternehmen 1,3 Millionen Euro. Der Großteil soll an die Gütersloher GmbH geflossen sein, der Rest an die Firma in Köln. Anträge zu mehreren Millionen Euro wegen weiterer Tests seien eingegangen, aber aufgrund der Unregelmäßigkeiten nicht mehr ausgezahlt worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Großteil der abgerechneten Tests nicht stattgefunden hat. Zwischen den Unternehmen aus Gütersloh, in dem es inzwischen einen Wechsel der Spitze gab, und Köln gibt es personelle Überschneidungen. Das Kölner Unternehmen soll die Testzentren im Namen der Gütersloher GmbH betrieben haben. Insgesamt werde gegen fünf Personen, unter anderem wegen des Verdachts auf Betrug ermittelt. Im Dezember 2024 wurden dafür mehrere Objekte in NRW durchsucht, darunter Geschäftsräume und private Adressen in Gütersloh. Lesen Sie auch: Betrugsverdacht bei Corona-Testzentren: &bdquo;Die Zahlen kamen uns plausibel vor“ Bisher substanziell eingelassen hat sich keiner der Beschuldigten. Dieser Redaktion ist es gelungen, den Geschäftsführer des Gütersloher Unternehmens zu kontaktieren. Der Mann, der in einem weiteren Unternehmen dort als Geschäftsführer auftaucht, will von den mutmaßlich falschen Abrechnungen nichts gewusst haben. Das sei über einen ehemaligen Partner aus Köln gelaufen, der dafür verantwortlich gewesen sei. Er selbst sei nur auf dem Papier Geschäftsführer des Gütersloher Unternehmens gewesen. Das Geld, das die Kassenärztlichen Vereinigungen überwiesen haben, sei nicht bei ihm geblieben. Kontrollen der Test-Abrechnungen mangelhaft Während der Pandemie wurden in allen Städten Corona-Testzentren eingerichtet. Oft eröffneten solche Zentren private Personen, beispielsweise in Kiosken oder Geschäften. Die Polizei meldete schnell erste Ermittlungen, da es Fälle gab, in denen Betrüger durch falsche Angaben viel Geld ergaunerten. Unter den Gründern von Testzentren waren in OWL auch einschlägig polizeibekannte Personen, heißt es aus Sicherheitskreisen. Der Verdacht: Der Fall in Gütersloh könnte nur einer von vielen in der Region sein. Der Bundesrechnungshof moniert, dass die Abrechnungsprüfungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen &bdquo;weit hinter den Erwartungen zurück“ bleiben. Zwischen Juli 2021 und März 2023 rechneten die Teststellen 756 Millionen Tests ab. &bdquo;Allein für Bürgertestungen gab der Bund seit Juli 2021 8,5 Milliarden Euro aus – teilweise mehr als eine Milliarde Euro pro Monat“, berichtet der Bundesrechnungshof. Lesen Sie auch: Landesrechnungshof hinterfragt Wirtschaftlichkeit des Vorzeigeprojekts &bdquo;it’s OWL“ BKA: Hoher Schaden durch Betrug im Gesundheitswesen Das Vorgehen sei mit der Zeit zwar umstrukturiert worden, auch wegen mehrerer Betrugsfälle mit den Tests. Doch werde die Vorgehensweise noch immer &bdquo;stark gestreckt und so verzögert“, da viele Akteure daran beteiligt seien. Eine wirkungsvolle Betrugsbekämpfung werde damit erschwert. Erst vor wenigen Tagen berichtete das Bundeskriminalamt (BKA) von einem enormen Anstieg beim Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen. Das Phänomen sei sehr sozialschädlich und verursache massive finanzielle Schäden. &bdquo;Es zeigen sich vermehrt Bandenstrukturen bis hin zu organisierter Kriminalität, begleitet von Geldwäsche und Steuerdelikten“, hieß es. Die Warnung: Weil Deutschland durch die demografische Entwicklung immer älter wird und die Gesundheitskosten steigen, könnte der Betrug mit falschen Abrechnungen weiter ansteigen.

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