
Die Bevölkerung in Westfalen-Lippe ist mehrheitlich bereit, für medizinisch hochwertige Behandlungen auch längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen. Das geht aus einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der AOK Nordwest hervor, die in einer Pressemitteilung der AOK veröffentlicht wurde. Vor allem bei komplexen oder risikoreichen Eingriffen wird eine weitere Anreise zu spezialisierten Kliniken mit besserer Behandlungsqualität deutlich bevorzugt.
„Unsere Befragungsergebnisse zeigen, dass die Menschen bereit sind, für Qualität auf Nähe zu verzichten – besonders bei schwierigen Eingriffen“ betonte AOK-Vorstandschef Tom Ackermann bei der Vorstellung der Umfrage in Dortmund. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Beratungen über Nachbesserungen an der Krankenhausreform appellierte Ackermann an Bund und Länder, bei der Neuausrichtung der Krankenhauslandschaft die Versorgungsqualität und Patientensicherheit konsequent in den Mittelpunkt zu stellen.
Laut Umfrage würden 70 Prozent der Befragten eine längere Anfahrt „auf jeden Fall“ in Kauf nehmen, wenn eine Operation am Herzen oder an der Lunge in einer Klinik mit mehr Erfahrung und besseren Ergebnissen durchgeführt wird.
Deutliche Mehrheit für Klinikqualität – auch bei längeren Wegen
Auch bei planbaren Eingriffen wie Hüft- oder Kniegelenkimplantationen zeigen sich viele Menschen flexibel: Fast die Hälfte (48 Prozent) würde auch hier „auf jeden Fall“ längere Fahrtzeiten akzeptieren. Von diesen wären wiederum 9 Prozent bereit, dafür über eine Stunde Anreise einzuplanen. Weitere 33 Prozent würden bis zu einer Stunde Fahrzeit akzeptiert.
Besonders relevant ist diese Bereitschaft zur Mobilität mit Blick auf Ostwestfalen-Lippe: In Teilen der Region – etwa im Kreis Minden-Lübbecke oder im Kreis Höxter – können laut NRW-Gesundheitsministerium aktuell weniger als 90 Prozent der Bevölkerung ein Krankenhaus mit Grund- und Notfallversorgung innerhalb von 20 Autominuten erreichen. Auch geplante Schließungen wie die des Standorts Rahden erhöhen dort den Handlungsdruck.
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Für die Wahl eines Krankenhauses sind laut der Befragung vor allem Sauberkeit und Hygiene (84 Prozent), Empfehlungen von Haus- oder Fachärzten (45 Prozent) sowie der Ruf des behandelnden Arztes (44) entscheidend. Nur zehn Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Nähe zum Wohnort bei geplanten Operationen besonders wichtig sei.
Großes Vertrauen in spezialisierte Krebszentren

Auch beim Thema Krebsbehandlung zeigt sich eine klare Meinung: Rund 70 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit in spezialisierten Krebszentren höher ist als in nicht spezialisierten Kliniken. Nur 15 Prozent glauben, dass die Ergebnisse gleich gut seien. Ackermann wertet diese Einschätzung als Bestätigung für den eingeschlagenen Kurs: „Die Bevölkerung erkennt den nachgewiesenen Nutzen zertifizierter Krebszentren an. Das zeigt, dass die geplante Konzentration der Versorgung auf spezialisierte Einrichtungen breite Unterstützung findet.“
Mit der Reform setzt das Land NRW erstmals klare Qualitätskriterien für bestimmte Leistungen und legt fest, welche Kliniken diese künftig noch anbieten dürfen. Für viele Häuser bedeutet das strukturelle Veränderungen.
„Das ist ein notwendiger Schritt, um Überkapazitäten abzubauen, Qualität zu sichern und dem Fachkräftemangel zu begegnen“, betont Ackermann. Die Krankenhausplanung müsse sich am Bedarf und nicht an Bettenzahlen orientieren. „Jetzt kommt es darauf an, dass alle Beteiligten die Umsetzung verantwortungsvoll gestalten – mit Blick auf Qualität, aber auch auf regionale Besonderheiten.“
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