„Bilderbuchsprengung“: Wie ein Gütersloher Unternehmen ein Kohlekraftwerk abreißt

Ibbenbüren/Gütersloh. Thomas Hagedorn ist sichtlich zufrieden. Wenige Minuten zuvor ist unter Ächzen und Knarren der über 120 Meter hohe Kühlturm des ehemaligen Kohlekraftwerks Ibbenbüren (Kreis Steinfurt) in sich zusammengefallen, zuvor wurde das Kesselhaus mit mehreren lauten Explosionen dem Erdboden gleichgemacht. Geplant, natürlich. Wie könnte es bei Hagedorn und seinem gleichnamigen Abrissunternehmen aus Gütersloh auch anders sein? In Zukunft soll hier eine Anlage des Unternehmens Amprion entstehen, die Windstrom aus der Nordsee so umwandelt, dass er in das Stromnetz eingespeist werden kann. Kohle geht, Wind kommt. Symbolischer geht es wohl kaum. Bessere Rahmenbedingungen hätte sich keiner wünschen können. Strahlende Sonne, sogar die Windrichtung stimmt, sagt Jens Hofmann, Leiter der Sparte Abbruch bei Hagedorn. Hunderte geladene Zuschauer drängen in das riesige Zelt in Sichtweite des Kraftwerks, fast genauso viele Handys sind am frühen Vormittag auf das symbolträchtige Betonbauwerk gerichtet, kurz bevor die Gebäude für immer verschwinden. Bedeutend ist das ehemalige Kohlekraftwerk allemal. Hunderte Jahre habe Bergbau die Region geprägt, sagt Ibbenbürens Bürgermeister Marc Schrameyer. 1985 wurde das Kraftwerk eingeweiht, die Stilllegung erfolgte 2021. &bdquo;Eine Ära geht zu Ende“, sagt der Bürgermeister und spricht von einem &bdquo;bedeutenden Wendepunkt“. Künftig werde hier &bdquo;Vergangenheit und Zukunft miteinander verbunden.“ Es entstehe ein &bdquo;Kraftwerk der neuen Generation“. Geteilte Meinung in Ibbenbüren? Geteilte Meinung derweil bei den Ibbenbürenern: Gut, dass &bdquo;das Ding“ weg sei, sagt ein Anwohner, der heute ebenfalls die Sprengung verfolgt. Eine anderer sieht ein Stück regionale Geschichte vor wenigen Minuten dem Erdboden gleichgemacht. Seit 16 Jahren lebt sie in der Stadt, die durch den Steinkohleabbau überregional bekannt ist. Ohne das Kraftwerk, das kilometerweit zu sehen ist, kenne sie den Ort nicht. &bdquo;Schade“, sagt sie. Jetzt ist es weg. .responsive23-C1OVzoMVmtwqZ1cj-map-steinkohlekraftwerk-ibbenbueren { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-C1OVzoMVmtwqZ1cj-map-steinkohlekraftwerk-ibbenbueren { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-C1OVzoMVmtwqZ1cj-map-steinkohlekraftwerk-ibbenbueren { padding-top: 142.86%; } } Das Gütersloher Unternehmen Hagedorn hat das Gelände vor gut zwei Jahren gekauft. Im nächsten Jahr will es das Areal Amprion baureif zur Verfügung stellen. 500 Kilo Sprengstoff eingesetzt Um Punkt 11 Uhr an diesem sonnigen Sonntag liegt das gigantische Kesselhaus, eine riesige Staubwolke zieht über das Gelände. Das mehr als 20.000 Tonnen schwere und 120 Meter hohe Konstrukt samt Luftvorwärmer wurde gesprengt, nötig waren laut Abbruchleiter Hofmann mehr als 500 Kilo Sprengstoff. Gut eineinhalb Stunden später ist auch von dem markanten Kühlturm kaum noch was übrig. &bdquo;Schwuppdiwupp, weg ist er“, sagt ein Mann im Publikum und lacht. Anders als das Kesselhaus wurde der Turm mit einem dicken Stahlseil regelrecht zum Einsturz gezogen. Sprengen war nicht möglich. Zu viele Schadstoffe. Mittlerweile erinnert nur noch meterhoher Schutt an die Beton- und Stahlkonstruktionen des Kraftwerks. Und den will die Firma Hagedorn zu 97 Prozent recyceln. Auch für das Projekt von Amprion. Im Oktober erneute Sprengung in Ibbenbüren Amprion will hier in Ibbenbüren eine sogenannte Konverterstation bauen. Laut Geschäftsführer Peter Barth könne der hier eingespeiste Strom zwei Millionen Menschen versorgen. Grund genug für NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) von der &bdquo;grünen Steckdose Nordrhein-Westfalen“ zu sprechen. Der Abriss des Kohlekraftwerks und der folgende Ausbau der erneuerbaren Energie sind für den Politiker ein &bdquo;Stück Industriegeschichte“. Lesen Sie auch: Gütersloher Unternehmer Hagedorn gewährt seltene Einblicke in Schüttflix-Tower Wie zufrieden Thomas Hagedorn tatsächlich mit dem Abriss ist, lässt er mit einem breiten Grinsen wissen. &bdquo;Bilderbuchsprengung“, nennt er die Arbeit seines Teams. Auf dem Areal erinnert neben dem Schutt nur noch der mehr als 200 Meter hohe Schornstein an die Kohle-Ära der Stadt. Der soll natürlich auch noch dem &bdquo;Musterbeispiel für gelungenen Strukturwandel“, wie Hagedorn sagt, weichen. Im Oktober will sich das Unternehmen auch um dieses Bauwerk kümmern, bis dahin ist der Schutt der anderen Gebäude vermutlich schon längst abtransportiert. Womöglich stimmen auch im Herbst die Rahmenbedingungen. Knallen wird es dann sowieso. Vielleicht auch dann wie im &bdquo;Bilderbuch“. Die Sprengung im Video:

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