NRW-Minister: Vier Millionen Zuwanderer – sonst hat das Sozialsystem „keine Chance“

Düsseldorf. In Deutschland erreichen in den nächsten 12 Jahren etwa 16 Millionen Menschen das Rentenalter – die Jahrgänge 1958 bis 1969. Aus der eigenen Bevölkerung treten dann bestenfalls zwölf Millionen Menschen ins Berufsleben ein, eine Differenz von vier Millionen Menschen. &bdquo;Ich sehe keine Chance, gegen eine solche Lücke in der Sozialversicherung anzusparen“, sagt NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Er mache sich &bdquo;die meisten Sorgen“ bei der Frage, wie der Sozialstaat in Zukunft finanziert werden könne. Dafür sieht Laumann nur eine Alternative: &bdquo;Das heißt de facto: Wenn wir nicht entsprechend viele Arbeitskräfte aus dem Ausland ins Land lassen, dann schaffen wir das nicht mehr. Das ist meine persönliche Meinung“, sagt Laumann im Gespräch mit dieser Redaktion. &bdquo;Jeder sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz ist eine Einnahmequelle für unser Sozialsystem.“ In NRW gebe es mit 7,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aktuell einen &bdquo;Höchststand“ und fast eine Million mehr als vor zehn Jahren. Laumann: &bdquo;Diese Zahl müssen wir mindestens halten, um unseren Wohlstand zu sichern und unsere sozialen Sicherungssysteme funktionsfähig zu halten.“ DGB-Chefin Anja Weber sieht inländische Potenziale Der Deutsche Gewerkschaftsbund zeigt sich kritisch. &bdquo;Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben ist nur ein kleiner Baustein, um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen und unser soziales Sicherungssystem auskömmlich zu finanzieren“, sagt die Landesvorsitzende Anja Weber. &bdquo;Vor allem sollten wir uns darauf konzentrieren, inländische Potenziale endlich stärker zu heben. Ob Arbeitslose, Minijobber, junge Menschen oder Frauen – in diesen Gruppen gibt es viele Menschen, die nur auf eine faire Chance auf dem Arbeitsmarkt warten.“ Die Politik müsse sich zudem darum kümmern, dass ausländische Arbeitskräfte, die bereits in Deutschland lebten, auch arbeiten dürften, sagt Weber. Der Arbeitgeberverband in NRW teilt Laumanns Meinung, wonach mehr qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland ein wichtiger Hebel ist, um die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfähig zu halten. &bdquo;Um mehr Menschen aus dem Ausland zu gewinnen, brauchen wir aber unbürokratischere Prozesse und auch eine echte Willkommenskultur in den Behörden“, sagt Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer von Unternehmer NRW. Klar sei auch, dass eine erhöhte Zuwanderung allein nicht reichen werde, um unseren teuren Sozialstaat auch künftig zu finanzieren. Dessen Kosten liefen bereits heute aus dem Ruder und führten dazu, dass die Lohnzusatzkosten längst deutlich über der 40-Prozent-Marke liegen würden, so Pöttering. Fachkräftemangel kompensieren durch Anreize für Ältere Der Hauptgeschäftsführer von Unternehmer NRW fordert auch, dass die Anreize für mehr und längeres Arbeiten deutlich erhöht werden. &bdquo;Wir müssen dringend eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Bedeutung von Arbeit führen. Ich halte es für einen Irrweg, zu glauben, dass wir unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit, unseren Wohlstand und damit auch unsere Sozialsysteme mit immer kürzeren Arbeitszeiten sichern können.“ Lesen Sie auch: Laumann: So wirkt sich die Krankenhausreform auf OWL aus CDU-Politiker Laumann betont derweil, dass seine Partei kein Problem mit Zuwanderung habe – &bdquo;aber wir brauchen Zuwanderung in den Arbeitsmarkt statt in die Sozialsysteme. Hier müssen wir besser werden.“ In NRW kommen laut Laumann jeden Monat rund 7.000 Zuwanderer &bdquo;durch Flucht“ ins Land. Etwas über die Hälfte davon komme aus der Ukraine und die andere überwiegend aus den klassischen Fluchtländern wie Syrien und Afghanistan. &bdquo;Wir sind in Deutschland zu Recht stolz auf unser Asylrecht, aber wir müssen dieses Asylrecht auf die konzentrieren, die es meint, also Menschen, die in einer Situation leben, wo sie verfolgt werden.“ Lesen Sie auch: Dominieren zu viele NRW-Politiker die Bundespolitik? Als positives Beispiel für Zuwanderung in den Arbeitsmarkt führt Laumann den Gesundheitsbereich an. 2023 gab es in NRW rund 2.000 positiv abgeschlossene Berufsanerkennungen von Krankenpflegern sowie rund 1.200 positiv abgeschlossene Verfahren bei Ärzten. Die arbeitsmarktbedingte Zuwanderung im Gesundheitssystem mache drei Viertel aller Berufsanerkennungen in NRW aus. &bdquo;Die ist bereits in vollem Gange und wahrscheinlich der Bereich, wo es am besten läuft“, sagt Laumann. &bdquo;Ein Krankenhaus würde bei uns heute ohne zugewanderte Menschen gar nicht mehr funktionieren.“

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