7.000 zusätzliche Kräfte in NRW-Schulen? Zahlen des Ministeriums in der Kritik

Düsseldorf/Detmold. Fast 12.000 Personen sind nach Angaben des Schulministeriums NRW zwischen Dezember 2022 und Juli 2024 für Tätigkeiten in Schule eingestellt worden. Allerdings schrumpfen die Zahlen immer weiter in sich zusammen, je kritischer man sie hinterfragt. Und das Ausmaß des Unterrichtsausfalls bleibt vonseiten der Landesregierung weiterhin nebulös. Das sorgt für Kritik. 8.872 Lehrkräfte sitzen laut Schulministerium auf den angegebenen Stellen, 1.165 Seiteneinsteiger, 1.786 Sozialpädagogen oder weitere Fachkräfte für multiprofessionelle Teams sowie in nicht genannter, aber &bdquo;kleinerer“ Zahl anderes Personal wie Werkstattlehrer. Allerdings sind in dieser Rechnung noch nicht all die Lehrkräfte berücksichtigt, die in diesem Zeitraum aus dem Schuldienst ausgeschieden sind, sei es durch Kündigung oder durch Pensionierung. Allein im Jahr 2023 kündigten beispielsweise 930 Lehrerinnen und Lehrer. Lesen Sie auch: Umfrage unter Schulleitern - Eltern eines der größten Probleme an NRW-Schulen Auch das Schulministerium hat die Rechnung aufgemacht. Unterm Strich bleiben damit noch rund 7.100 geschaffene Stellen, von denen etwa 1.500 durch Alltagshelferinnen und Alltagshelfer besetzt sind. &bdquo;Bei den anderen 5.600 Stellen handelt es sich laut Schulministerium &bdquo;weit überwiegend um Lehrkräfte“. Zum ersten Oktober hatte das Schulministerium die Zahl der vakanten Lehrerstellen mit über 10.000 beziffert. SPD kritisiert fehlende Zahlen Aus den Reihen der NRW-SPD kam Kritik an der positiven Darstellung. &bdquo;Die neuesten Zahlen aus dem Schulministerium klingen (...) natürlich verlockend fröhlich“, so die schulpolitische Sprecherin Dilek Engin. &bdquo;Leider liefert der Bericht der Landesregierung allerdings wenig substanzielle Information.“ So fehle die Information, wie viele Unterrichtsstunden durch das zusätzliche Personal gegeben würden, sowie die Angabe, wie viele der neuen Lehrkräfte in Teilzeit arbeiten. Auch über den tatsächlichen Bedarf an NRW-Schulen gebe es keine Auskünfte. &bdquo;In diesem Jahr gehen rund 2,35 Millionen Schülerinnen und Schüler in NRW zur Schule. Das sind etwa 0,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Inwiefern das durch das neue Personal abgedeckt wird, ist ebenso offen. Die Zahlen des Ministeriums sind also mindestens erklärungsbedürftig.“ Auch der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Stephan Osterhage-Klingler, sagte auf Anfrage der Redaktion: &bdquo;Man muss anerkennen, dass sich etwas bewegt. Zum einen sind die veröffentlichten Zahlen aber wenig aussagekräftig, weil hier mal Angaben zu Stellen, mal zu Personal gemacht werden.“ Zum anderen reiche all das nicht. &bdquo;Was wir in NRW brauchen, sind große Schritte, massive Kraftanstrengung - und kein klein-klein.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Problem sind häufig Väter oder Brüder“ - Gewalt an OWL-Schulen nimmt zu Sven Christoffer, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft lehrer.nrw sieht die Zahlen kritisch. &bdquo;Man muss sicherlich anerkennen, dass sich etwas bewegt. Trotzdem kriegen wir den Bedarf nicht gedeckt.“ Auch reiche es nicht, immer nur B-Lösungen auf den Weg zu bringen. &bdquo;All die Programme zur Gewinnung von Seiteneinsteigern sind letzten Endes eine Art Schienenersatzverkehr.“ Christoffer mahnte außerdem zum kritischen Blick auf die hohe Quote von Lehramtsstudierenden, die in den Schulen vertreten. &bdquo;Wichtigste Maßnahme ist, sicherzustellen, dass alle diese jungen Menschen ihr Studium auch wirklich zu Ende bringen. Keine Angaben über Höhe des Unterrichtsausfalls Was bleibt, ist in NRW die Frage, wie viel Unterricht im Schnitt für Schülerinnen und Schüler ausfällt. Die Unterrichtsausfallstatistik war zwar mit Beginn des neuen Schuljahres 2023/24 wieder eingesetzt worden. Aktuelle Zahlen gibt das Land nicht heraus. Stattdessen verweist man auf eine Angabe von April, wonach im ersten Halbjahr in NRW 4,7 Prozent des Unterrichts ersatzlos ausfielen. Kritiker bemängeln, dass hier die fachfremd vertretenen Unterrichtsstunden nicht gezählt werden. Zuletzt hatte die SPD 2023 zum Thema Unterrichtsausfall in NRW eine Umfrage unter 500 Eltern durchgeführt. Hier gaben 56,2 Prozent der Eltern an, dass regelmäßig im Monat der Unterricht ausfalle, 22 Prozent berichteten sogar von mehreren Ausfällen pro Woche. Hauptsächlich seien die Hauptfächer Deutsch, Englisch und Mathematik betroffen. Negative Folgen des versäumten Unterrichts konnten 69,1 Prozent der befragten Eltern bei ihren Kindern feststellen. Lesen Sie auch: Wer es ausbaden muss, wenn Eltern die Empfehlung der Grundschule ignorieren Durchaus kritisch zeigte sich das Schulministerium beim Thema finanzielle Anreize für schwer zu besetzende Stellen. Lediglich 203 Lehrkräfte seien seit 2020 durch Sonderzuschläge oder Zulagen in Höhe von 350 Euro gewonnen worden. &bdquo;Die Erfahrung zeigt, dass finanzielle Anreize alleine nicht in ausreichendem Maße dazu führen, dass Lehrkräfte für Schulen mit dringendem Personalbedarf gewonnen werden können“, bilanzierte die Landesregierung. Mit Material der dpa

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