Kuh mit Smartwatch: Gütersloher Landwirt gibt Einblick in fortschrittlichen Betrieb

Rheda-Wiedenbrück. Der kleine schwarze Computer in seiner Hosentasche ist zu einem seiner wichtigsten Arbeitswerkzeuge geworden. Fast alles, was auf seinem Hof südöstlich von Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh passiert, kann Stefan Vogelsang von seinem Smartphone aus steuern oder nachvollziehen. Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist weit vorangeschritten und geht inzwischen weit über Online-Antragsformulare, Futterautomaten und Melkroboter hinaus. Lesen Sie auch: Ernteeinbußen beim Getreide in OWL – doch Landwirte passen sich an Seit 2017 führt Vogelsang den Betrieb mit 180 Hektar landwirtschaftlicher Fläche, 180 Milchkühen, 120 Sauen und 1.000 Mastschweinen, den er von seinen Eltern übernommen hat. Zu seinem Team gehören neben seinen Eltern zwei Auszubildende, ein Herdenmanager, ein Traktorist und seine Frau Anne Vogelsang. &bdquo;Als Modellbetrieb für verschiedene Ackerbau-Projekte beteiligen wir uns an innovativen Feldversuchen“, sagt Vogelsang. Doch auch in der Tierhaltung setzt der staatlich geprüfte Landwirt auf modernste Technologien. Ackerbau Das Zauberwort im Ackerbau lautet &bdquo;Precision Farming“ (deutsch: Präzisionslandwirtschaft). Große Ackerflächen werden nicht mehr als Ganzes betrachtet, sondern in kleinen Bereichen, die unterschiedliche Standortbedingungen aufweisen. &bdquo;Damit ist eine sogenannte teilspezifische Aussaat möglich und auch Dünger oder Pflanzenschutzmittel können wir mithilfe von Geräten wie dem Greenseeker, der den Zustand jedes einzelnen Pflänzchens auf dem Acker erkennt, sehr bedarfsorientiert ausbringen“, erklärt Vogelsang. So erhält auf einem Acker nicht jede Stelle gleich viel Dünger, Saat oder Pflanzenschutzmittel, sondern nur so viel wie nötig, um bestmögliche Ernteerträge zu erzielen. Moderne Techniken wie diese begeistern den 38-Jährigen. Alle Traktoren auf dem Betrieb sind mit einem auf zwei Zentimeter genauen GPS-Sender ausgestattet. &bdquo;Theoretisch könnte ein Kartoffelsack auf der Maschine sitzen, das Ackern ist technisch voll autonom möglich“, erklärt Vogelsang. Doch noch fehle die rechtliche Grundlage dafür. Seine Ernte untersucht der Landwirt mit einem Infrarotspektrometer, das ihm die prozentuale Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ausrechnet. Auch die Zusammensetzung der Gülle, die Vogelsang auf seinen Feldern ausbringt, ist genauestens untersucht. &bdquo;Gülle ist nicht gleich Gülle“, stellt er klar. &bdquo;Und mit dem Spektrometer können wir zum Beispiel genau nachvollziehen, wie viel Stickstoff wir dem Boden zuführen und wie viel wir durch die Ernte wieder entnehmen.“ Tierhaltung Auch die Haltung von Nutztieren befindet sich im ständigen Wandel. Während dieser auf der einen Seite zu der von den Landwirten oft kritisierten fehlenden Planungssicherheit führt – auch Vogelsang wird in naher Zukunft die Sauenhaltung deswegen aufgeben müssen – sorgt er auf der anderen Seite für weiteren Fortschritt. &bdquo;Die Digitalisierung spielt auch in unseren Kuh- und Schweineställen eine sehr große Rolle“, sagt Vogelsang. Wie es seinen Kühen geht, das kann der 38-Jährige auf seinem Smartphone nachschauen. Denn jede Kuh sei quasi mit einer Smartwatch ausgestattet. &bdquo;Der Bolus, ein Sender, den die Kühe im Pansen tragen, überwacht wie eine Smartwatch sämtliche Vitalwerte der Kühe“, erklärt Vogelsang. &bdquo;Wenn eine Kuh krank wird, können wir ihre Daten mit denen anderer Kühe vergleichen und mögliche Krankheiten frühzeitig erkennen.“ So könne vielen Kühen schon mit kleineren Handgriffen geholfen werden, bevor Antibiotika als Ultima Ratio verabreicht werden müssen. Ein vollautomatischer Melkroboter, den die Kühe selbstständig bis zu sechs Mal am Tag aufsuchen, um gemolken zu werden, gehört in vielen Ställen fast schon zur Standardausstattung. &bdquo;Da können wir die Milch jeder einzelnen Kuh sofort analysieren und sie so absolut bedarfsorientiert füttern“, sagt Vogelsang. Das Ergebnis: Seine Kühe stehen nachweislich länger und gesünder im Stall. Soziale Medien Seine tägliche Arbeit teilt der junge Landwirt auf dem Social-Media-Kanal des Hofes. &bdquo;Die Idee ist während der Coronapandemie entstanden“, sagt Anne Vogelsang. Inzwischen folgen dem Kanal auf Instagram fast 35.000 Menschen. In Foto- und Videobeiträgen und täglichen Storyupdates gibt der Hof Vogelsang transparente Einblicke in die Ergebnisse der Feldversuche, teilt Analyseergebnisse auf dem Smartphone und informiert über Themen, die Landwirte und Landwirtschaft bewegen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Hof Stefan Vogelsang (@hof_vogelsang) Stefan Vogelsang will die Landwirtschaft durch Digitalisierung und moderne Technik effizienter und nachhaltiger machen. Die Folgen des Klimawandels wie Extremwetterereignisse stellen die Branche vor erhebliche Herausforderungen. &bdquo;Die Digitalisierung bietet uns dabei Werkzeuge, um handlungsfähig zu bleiben“, sagt er. Schon jetzt gehöre die Landwirtschaft in Deutschland zu jenen, mit dem höchsten Digitalisierungslevel weltweit. Dennoch habe es die Branche mit Konkurrenz aus anderen Ländern mit weniger hohen Auflagen und Standards zu tun, weswegen es oft schwierig sei, mit den Weltmarktpreisen zu konkurrieren. Umso wichtiger sei es, durch die Digitalisierung der Landwirtschaft Ressourcen zu schonen. 20 Apps hat Vogelsang auf seinem Smartphone installiert, um den Betrieb zu steuern. So ist vieles auch zeitgleich möglich. &bdquo;Über das Handy kann ich nicht nur den Trecker fernsteuern, sondern beispielsweise auch bei jeder Gelegenheit mit einem Klick Futter bestellen“, sagt Vogelsang. Der Beruf des Landwirts habe sich durch die Digitalisierung deutlich verändert. &bdquo;Aber das ist für die Landwirtschaft der Schlüssel zum Erfolg“, betont Vogelsang.

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