Dilemma für die Stadthallen: Mockridge muss seine OWL-Tour selbst absagen

Es klingt paradox: Auf der einen Seite verurteilen Paderhalle, Stadtgarten und die beiden Stadthallen in Beverungen und Rheda-Wiedenbrück die Aussagen von Luke Mockridge. Absagen wollen sie seine Tour-Auftritte allerdings nicht. Das müsse Mockridge selbst tun, heißt es. In Bünde und Paderborn hat er dies bereits getan, in den anderen OWL-Städten steht eine Entscheidung noch aus. Doch warum ducken sich die Veranstaltungsorte vor einer eigenen Entscheidung weg, zumal sie in den sozialen Netzwerken dafür heftig kritisiert werden? Von Entgleisungen bis zu seinen Entschuldigungen: Alles zum Fall Mockridge Stadtgarten Bünde: &bdquo;Wir haben kein Recht abzusagen“ Ja, die Witze seien geschmacklos, sagt Dirk Kaiser vom Stadtgarten. &bdquo;Daraus lässt sich aber nicht das Recht herleiten, einen Vertrag von unserer Seite aus einseitig aufzukündigen, ohne dabei gegebenenfalls eine Strafe zahlen zu müssen.“ Und die würde wiederum im Zweifelsfall an den Künstler gehen, in diesem Fall Luke Mockridge. Zudem kämen Schadenersatzansprüche von weiteren Dienstleistern hinzu, wie dem Caterer, den Technikern oder auch den Vorverkaufsstellen, die die Eintrittsgelder plus Gebühr erstatten müssten. Auf welchen Kosten der Stadtgarten bei einer Tour-Absage durch Mockridge sitzen bleiben würde, wollte Kaiser auf Nachfrage nicht sagen. Der Stadtgarten ist dabei in einer anderen Position als zum Beispiel der Fernsehsender &bdquo;Sat 1“. Der hatte von sich aus die neue Mockridge-Show &bdquo;Was ist in der Box“ kurzfristig aus dem Programm genommen und muss dafür womöglich keine großen Strafen zahlen, weil wohl im Vorfeld feste Klauseln (Respekt vor ethischen Grundsätzen, Einhalten gesellschaftlicher Normen und diskriminierungsfreie Kommunikation) vereinbart worden sind, wie die “Wirtschaftswoche“ berichtet. &bdquo;Wir sind hingegen nicht Gestalter des Vertrags“, sagt Kaiser. &bdquo;Wir haben den Vertrag so zu unterschreiben, wie er kommt.“ Paderhalle Paderborn: &bdquo;Wir unterliegen einer Vermietungspflicht“ Etwas anders sieht die Situation bei der Paderhalle aus. Sie wird von der städtischen Paderborner Stadthallen-Betriebs GmbH betrieben und gilt damit als &bdquo;öffentliche Einrichtung“. Die Paderhalle ist also gesetzlich dazu verpflichtet, das Vertragsangebot vom örtlichen Veranstalter anzunehmen, auch wenn es sich um polarisierende Persönlichkeiten handelt. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von PADERHALLE (@paderhalle) &bdquo;Wenn es rechtlich möglich wäre, hätte ich gerne abgesagt“, so Maria Rodehuth, Geschäftsführerin der Paderhalle. &bdquo;Luke Mockridge erkennt die Grenzen der Geschmacklosigkeit nicht mehr. Und auch wenn Geschmacklosigkeit kein Straftatbestand ist, hat das, was er gesagt hat, mit Kunstfreiheit nichts zu tun.“ Doch dieses Argument zählt rechtlich gesehen nicht. Nur dann, wenn es sich um strafbare Äußerungen und Diskussionen handelt oder sie eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, könnte die Paderhalle handeln und Mockridge ausladen. &bdquo;Es ist allerdings nicht unsere Aufgabe, den Meinungsdiskurs durch willkürliche Veranstaltungsverbote zu unterbinden“, schreibt die Geschäftsführung auf ihrer Homepage und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Lesen Sie auch: Witz-Korridor immer enger? Fall Mockridge löst Debatte aus Sollte die Paderhalle Mockridge dennoch ausladen, würde es teuer werden und das auch für die Bürger. Denn: &bdquo;Wir hängen am Tropf der Öffentlichkeit“, sagt Antje Ostermann von der Paderhalle. Am Ende müssten die Bürger das Geld bezahlen, das direkt an Mockridge ginge. Stadthalle Beverungen: &bdquo;Mitglieder würden Kosten tragen müssen“ &bdquo;Die Aussagen von Mockridge berechtigen uns nicht zu einer Absage“, sagt auch Andreas Knoblauch-Flach von der Kulturgemeinschaft Beverungen, die den Auftritt des 35-Jährigen koordiniert. &bdquo;Zumindest nicht, ohne dass der Künstler einen finanziellen Anspruch geltend machen kann.“ Und den müssten, da es sich bei der Gemeinschaft um einen gemeinnützigen Verein handelt, die Mitglieder durch ihre Beiträge finanzieren. Man würde also einen Auftritt fördern, der gar nicht stattfindet, dafür aber andere Auftritte riskieren, weil dann das Geld fehlt, so Knoblauch-Flach. Hubertus Grimm, Bürgermeister der Stadt, sagt dieser Redaktion: &bdquo;Wir dürfen jetzt nicht mit der Brechstange vorgehen.“ Ein Schnellschuss könnte am Ende die Kulturgemeinschaft teuer zu stehen kommen und das dürfe nicht passieren. Er hofft, dass die Absage vom Künstler selbst kommt. Gleichzeitig müsse man aber auch aufpassen, so Knoblauch-Flach, dass man sich nicht zur Sittenpolizei macht. &bdquo;Das kann schnell in die falsche Richtung kippen.“ Eine endgültige Entscheidung wird noch auf sich warten lassen. Aber: &bdquo;Eine Richtung ist erkennbar“, so der Chef der Kulturgemeinschaft. Stadthalle Rheda-Wiedenbrück: &bdquo;Prüfen, was möglich ist“ &bdquo;Wir halten uns bedeckt, weil auch wir noch nicht wissen, wohin die Reise geht“, sagt Kerstin Bruchmann-Schön, Sprecherin der Flora Westfalica und der Stadthalle Rheda-Wiedenbrück. Man sei sehr vorsichtig, weil man Angst habe, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Fest steht: Die Stadthalle ist eine öffentliche Einrichtung und unterliegt bestimmten Regeln (ähnlich wie die Paderhalle). Welchen? Das werde derzeit geprüft. &bdquo;Es ist keinem damit geholfen, wenn wir auf die zu Recht durchs Land gerollte Empörungswelle mit Spontanhandlungen reagieren“, so Bruchmann-Schön. &bdquo;Und die Vernunft hinten anstellen.“

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